Würde ich die niedergelassenen Kollegen bitten, darüber nachzudenken, wie modern ihr zahnmedizinisches Wissen wäre, wenn sie auf dem Stand ihres Studiums verblieben wären und sich nicht regelmäßig fortgebildet hätten, dann würde wohl ziemlich schnell deutlich, dass damit heute in vielen Bereichen eben keine zeitgemäße Zahnmedizin mehr möglich wäre. Nicht ohne Grund unterliegen die approbierten Kollegen einem Fortbildungszwang.
Absolut nicht akzeptabel also, dass die Approbationsordnung, die Deutschland die Ausbildungsstrukturen aufzwingt, eine solche Antiquität ist. Ein Beispiel: Essenzielle Verfahren für die Kariesprophylaxe, wie Fluoridierung und Fissurenversiegelung, wurden zum Zeitpunkt des Erstellens gerade erst entdeckt. Wen wundert es da, dass sie in der Approbationsordnung aus heutiger Sicht viel zu kurz kommen? Schon Anfang 2005 stufte deshalb auch der Wissenschaftsrat diese Approbationsordnung als stark veraltet ein und mahnte eine grundlegende Neuausrichtung an. Seitdem sind zehn Jahre vergangen. Geändert hat sich nichts.
Politik hat das letzte Wort
Halt. Ganz richtig ist das so nicht, denn es wurde hart gearbeitet. Doch die Arbeit zog sich, das Klima war getrübt, denn allen Beteiligten war wohl klar, dass letztlich auf bundespolitischer Ebene entschieden werden muss, was nun geschieht. Jeder noch so gute Entwurf, mit dem sich alle zahnmedizinischen Vertreter einverstanden zeigen, hat immer noch das Damoklesschwert der großen Politik über sich. Und die scheut die Kosten.
Eigentlich waren wir alle guten Mutes, als im Juni letzten Jahres der neue nationale kompetenzbasierte Lernzielkatalog Zahnmedizin (NKLZ) angenommen wurde. Doch wie es scheint, ist auf den allgemein befürworteten Entwurf der ZÄprO nun trotzdem das Schwert gefallen. Das Gesundheitsministerium hat verkündet, dass dieser vom Tisch ist. Auf der Prioritätenliste der jetzigen Regierung wird das Thema nicht einmal mehr genannt! Für mich als Vorsitzenden des Bundesverbands der Zahnmedizinstudenten waren das die schlechtesten Neuigkeiten, die ich in meinem Studium je bekommen habe. Es wird mich zwar nicht persönlich betreffen, aber auch wir haben viel Zeit und Energie in dieses Thema investiert. Vor allem in den NKLZ, von dem wir so begeistert waren und der jetzt – bitte entschuldigen Sie den drastischen Vergleich – da liegt wie ein Baby ohne Mutter.
Auf in den Kampf
Aus diesem Grund werde ich mich mit der Entscheidung nicht abfinden und zum Kampf rufen. BdZM, BdZA, die Kammern und die DGZMK sind allein in der Politik nicht zu Wort gekommen. Man will uns mit einer Modellstudiengangsklausel im Zahnheilkundegesetz abspeisen, versucht gar, uns jene als großen Gewinn zu verkaufen. In der Lesung im Bundestag, in der die DGZMK dazu Stellung nehmen wollte, war das Ganze verpackt in einem Paket mit Dutzenden anderen Gesetzesänderungen. Die Zeit reichte nicht mal ansatzweise, und der DGZMK-Vertreter reiste zurück, ohne ein Wort sagen zu können.
Für mich ist das Maß damit voll. Wir haben uns entschieden, alle Studenten zu bitten, für ihre Nachfolger die Stimme zu erheben. Auf der Bundesfachschaftstagung in Hamburg am 9. Januar haben wir zum Streik aufgerufen. Wieder einmal zahlt es sich aus, dass wir die halbjährlichen BuFaTas als Institution hinter uns wissen, um mit insgesamt 200 Vertretern der 30 deutschen Fachschaftsräte für ein Wochenende über die Zukunft des Studiums in Deutschland zu diskutieren.
Mit der Unterstützung der Bundeszahnärztekammer, der Landeszahnärztekammern, der DGZMK und des Hochschullehrerverbandes (VHZMK) ist es unser erklärtes Ziel, die Politik noch 2016 zu einem Umlenken zu bewegen und die Weichen zu stellen für die Verabschiedung der neuen Approbationsordnung und eine rasche Umsetzung des NLKZ.
Kai Becker, 1, Vorsitzender des Bundesverbandes der Zahnmedizinstudenten in Deutschland e.V.
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