Wenn die Politik angesichts des steigenden Fachkräftemangels nicht bald entschlossen tätig wird, wird das ernste Auswirkungen auf die Gesundheit von Milliarden Menschen haben, warnt die Weltgesundheitsorganisation WHO in ihrem Report "A universal truth: No health without a workforce".
Das Fundament zerbröselt
Laut WHO hat die Misere mehrere Gründe. Dazu gehören die alternden Fachkräfte, die in Rente gehen oder in besser bezahlte Jobs wechseln, ohne ersetzt zu werden. Gleichzeitig entscheiden sich nicht genug junge Leute für eine Arbeit im Gesundheitswesen oder sie werden nicht ausreichend ausgebildet. Zudem steigt der Bedarf im Gesundheitssektor durch eine weltweite Zunahme von nicht übertragbaren Krankheiten wie Krebs und Diabetes. Die nationale und internationale Migration von Fachkräften verstärkt überdies die regionalen Ungleichgewichte.
"Das Fundament eines starken und effektiven Gesundheitspersonals für die Zukunft zerbröselt vor unseren Augen, weil die heutige Versorgung nicht mit den Bedarfen von morgen abgeglichen wird", kritisiert die stellvertretende WHO-Generaldirektorin für Gesundheitssystem und Innovation, Dr. Marie-Paule Kieny. "Wir müssen die Aus- und Weiterbildung, den Einsatz und die Bezahlung der Fachkräfte überdenken und verbessern, damit sie mehr bewirken können."
Die Ausbildungsquoten sind zu niedrig
Der Report stellt zwar auch ein paar ermutigende Entwicklungen heraus, etwa dass immer mehr Länder sich der Basisversorgungsschwelle von 23 Gesundheitsfachkräften pro 10.000 Einwohner nähern; trotzdem liegen immer noch 83 Staaten darunter.
Es sind jedoch die Zukunftsprognosen, die die Alarmglocken schrillen lassen. Die Ausbildungsquoten im Gesundheitswesen liegen stetig unter den jetzigen und künftigen Bedarf. Als Resultat befürchtet die WHO, dass in Zukunft Kranke immer schwerer eine adäquate Akutversorgung finden und dass die Prävention leidet.
Die größte Versorgungslücke wird in Asien erwartet, besonders dramatisch wird sie sich jedoch in Subsahara-Afrika auswirken, befürchtet die UN-Sonderorganisation. In den dortigen 47 Ländern existieren beispielsweise insgesamt nur 168 medizinische Fakultäten. Elf Länder haben gar keine medizinische Fakultät und 24 Länder nur eine.
Auf Signale der Unterversorgung achten
"Für eine globale Gesundheitsversorgung muss sichergestellt werden, dass jeder und speziell die Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern Zugang zu gut ausgebildetem, kultursensiblem und kompetentem Gesundheitspersonal hat", erklärt die WHO-Regionaldirektorin für Amerika, Dr. Carissa Etienne. "Die beste Strategie für dieses Ziel ist die Stärkung multidisziplinärer Teams in der medizinischen Grundversorgung."
Die Ausbildung müsse sich den gesundheitlichen Bedürfnissen in dem jeweiligen Land anpassen, ergänzt Etienne. Alle Staaten werden von der WHO dazu angehalten, auf Signale der Unterversorgung zu achten. In den Industrienationen werden zum Beispiel in den kommenden zehn Jahren 40 Prozent der Krankenschwestern und -pfleger aus ihrem Job ausscheiden. Wegen der anspruchsvollen Arbeit verbunden mit einem niedrigem Gehalt gibt es für junge Leute zu wenig Anreize, sich für diese Ausbildung zu entscheiden.
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