Bauchschmerzen nach ein paar Schlucken Milch, Durchfall und Krämpfe nach einem Cappuccino? Etwa 15 bis 20 Prozent der Bundesbürger haben eine Laktoseintoleranz und vertragen keinen Milchzucker. Von einer Krankheit kann man dabei nicht sprechen: Das Problem betrifft 75 Prozent der Weltbevölkerung, in Asien und Afrika zum Beispiel fast jeden Erwachsenen. In Europa besteht ein starkes Nord-Süd-Gefälle: Während nur zwei Prozent der Nordeuropäer betroffen sind, haben bis zu 25 Prozent der Menschen in den Mittelmeerländern diese Störung.
Die Laktase stellt die Arbeit ein
Ursache für die Laktoseintoleranz ist ein Mangel an Laktase. Dieses Enzym sitzt in der Dünndarmschleimhaut und spaltet den Milchzucker in die Einfachzucker Glukose und Galaktose, die anschließend ins Blut geschleust werden. Fehlt Laktase, wird Milchzucker ein unverdaulicher Brocken, der im Dünndarm nur teilweise oder gar nicht gespalten werden kann. Er gelangt unverändert in tiefere Darmabschnitte und wird von den Dickdarmbakterien abgebaut. Dabei entstehen Gase und Fettsäuren, die Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen verursachen.
Am häufigsten basiert die Laktoseintoleranz auf einer genetisch bedingten Aktivitätsabnahme der Laktase. Sie verebbt aber nicht vollständig.
Darüber hinaus kann eine Laktoseintoleranz als Folge von Krankheiten auftreten, die zu einer Schleimhautschädigung mit Zottenatrophie führen. In diesen Fällen spricht man von sekundärem Laktasemangel. Dies können zum Beispiel chronisch entzündliche Darmerkrankungen sein, also Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa, oder eine Zöliakie, aber auch Enteritiden, die zu einem Laktasemangel an der Darmoberfläche führen.
Sicherheit durch die richtige Diagnose
Eine Laktoseintoleranz wird beim Arzt mit dem Wasserstoff-Atemtest diagnostiziert. Diese nicht invasive und sehr empfindliche Untersuchung gilt als Goldstandard und hat sich klinisch etabliert. Dabei trinkt der Patient in der Praxis ein Gemisch aus 250 bis 300 ml Wasser und 50 g Laktose.
In den folgenden drei Stunden wird die ausgeatmete Luft auf den Wasserstoffgehalt untersucht. Wasserstoff entsteht nur, wenn Dickdarmbakterien Laktose abbauen. Überschreitet die Konzentration den Grenzwert von 20 ppm im Vergleich zum Nüchternwert und treten gleichzeitig gastrointestinale Beschwerden auf, ist die Diagnose gesichert.
Ernährungstherapie: so wenig Einschränkungen wie möglich
Laktose ist in Milch- und Milchprodukten enthalten - und zwar nicht nur von Kühen, sondern von allen Säugetieren, auch von Schaf und Ziege. Ist die Diagnose klar, steht eine Ernährungsumstellung an, die aber keinesfalls alle Milchprodukte auf den Index verbannt. Die meisten Patienten vertragen je nach Restaktivität der Laktase mehr oder weniger Milchzucker.
Wie viel, ist individuell verschieden und lässt sich am besten mithilfe einer Ernährungsfachkraft herausfinden. Kompetente Adressen sind zum Beispiel über den Deutschen Allergie- und Asthmabund e.V. (daab.de) in Erfahrung zu bringen. Die Umstellung der Ernährung erfolgt in drei Phasen: In der Karenzphase werden für maximal zwei Wochen alle laktosehaltigen Lebensmittel gestrichen, damit sich der Darm beruhigt und die Beschwerden abklingen.
In der folgenden Testphase werden Milch und Milchprodukte schrittweise wieder eingeführt und die individuelle Laktoseverträglichkeit wird ermittelt. Diese Phase dauert bis zu sechs Wochen. Daran schließt sich nahtlos die Dauerernährung an - mit persönlichen Ernährungsempfehlungen, die sich an den Gewohnheiten und Vorlieben des Patienten orientieren.
Milchprodukte: je fetter, desto besser
Auch wenn die Ausprägung der Laktoseintoleranz individuell unterschiedlich ist, gelten bei der Umstellung des Speiseplans einige Prinzipien für alle: Die Kontaktzeit zwischen Speisebrei und Dünndarmschleimhaut sollte möglichst lang sein. Das klappt am besten mit gemischten Mahlzeiten, die Eiweiß und Fett enthalten.
In diesem Verbund verweilt der Speisebrei länger im Magen und wird langsamer durch den oberen Dünndarm transportiert. Dann hat die Restlaktase bessere Chancen, die vorbeiziehende Laktose zu spalten.
Tipps für eine bessere Verträglichkeit
Vollfette Milchprodukte, etwa Quark mit 40 Prozent Fett, sind besser verträglich als fettarme.
Sauermilchprodukte wie Joghurt oder Kefir sind ebenfalls gut verträglich, weil die Milchsäurebakterien bereits einen Teil der Laktose abgebaut haben. Bei Joghurt auf die Zutatenliste schauen: Ihm darf Milchpulver zugesetzt sein, was den Laktosegehalt wieder erhöht.
Keine Einschränkung gibt es bei schnittfesten Käsesorten. Diese enthalten keine relevanten Mengen an Laktose mehr. Obwohl schnittfeste Käse also von Natur aus keinen oder wenig Milchzucker enthalten, sind sie als laktosefreie Spezialprodukte im Angebot. Sie sind in der Regel erheblich teurer als das Original und bringen keinerlei Vorteile.
Auch bei Butter müssen sieh Menschen mit Laktoseintoleranz nicht einschränken; sie wird normalerweise in kleinen Mengen gegessen, die keine Beschwerden auslösen.
Reichlich Laktose enthalten Frischmilch, Sahne, Pudding, Milcheis oder Schokolade. Hier machen laktosefreie Ersatzprodukte Sinn, in denen die Laktose bereits gespalten ist. Sie sichern die Versorgung des Körpers mit allen wertvollen Nährstoffen der Milch - allen voran mit dem Knochenmineralstoff Kalzium.
Damit das Kalziumkonto nicht ins Minus rutscht, sind kalziumreiche Gemüse wie Brokkoli, Grünkohl, Fenchel und Lauch empfehlenswert, außerdem Mineralwasser mit mindestens 150 mg Kalzium pro Liter.
Was die Zutatenliste verrät
Bei verpackten Lebensmitteln gibt die Zutatenliste Auskunft, was drin steckt: Angaben wie Milch, Milchpulver, Molke, Molkepulver, Rahm und Sahne bedeuten, dass das Produkt Laktose enthält - auch wenn sie nicht explizit genannt ist.
Dorothee Hahne
Diplom-Oecotrophologin / Medizin- und Wissenschaftsjournalistin
Mozartstraße 9, 50674 Köln
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