Die Grundidee ist denkbar einfach: Zahnarzt und Hausbank vereinbaren einen individuellen Kreditzinssatz, wobei die Kreditwürdigkeit oder Bonität einerseits und die Besicherung andererseits die wesentlichen Faktoren für die Höhe dieses Zinssatzes darstellen, der schließlich im Ergebnis das jeweilige Ausfallrisiko widerspiegeln soll.
Ratings ermitteln Bonität
Zunächst werden die wirtschaftlichen Verhältnisse vor allem an Hand der Unterlagen zur Vermögens- und Ertragslage der Praxis geprüft. Dazu gehören in der Regel aktuelle Jahres- oder Zwischenabschlüsse, betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) respektive Einnahme-Überschuss-Rechnungen.
Dazu kommen weitere Faktoren, die nach Einschätzung der Bank die Zukunftsaussichten der Praxis beeinflussen. Diese Bonitätsermittlung erfolgt auf der Basis meist komplexer Ratingverfahren oder anderer Bewertungsmodelle, die selbst von Bankmitarbeitern nicht immer leicht zu durchschauen sind.
An Basel III führt kein Weg vorbei
Für Zahnärzte ist es daher wichtig, bereits an dieser „Stellschraube“ zu hinterfragen, welche Faktoren und vor allem mit welcher Quote diese im jeweiligen Ratingverfahren berücksichtigt werden.
Dabei ist es hier keineswegs ausreichend, bankseitig beispielsweise nur auf die in der Regel große Bedeutung des Eigenkapitals einzugehen. Wichtig sind darüber hinaus auch weitere Größen, die vom Kreditnehmer idealerweise beeinflusst werden können.
In diesem Zusammenhang dürften künftig zwar vor allem die unternehmerischen Fähigkeiten des Praxisinhabers zur strategischen Führung seiner Praxis und seines Teams zunehmen. Allerdings sollten die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen als nach wie vor wesentliche Kriterien der Bonitätsprüfung naturgemäß nicht unterschätzt werden.
Es ist daher von Bedeutung, auch den Steuer- oder Finanzberater zu bitten, sich mit dieser Problematik näher zu befassen und das erforderliche Zahlenmaterial nicht nur zeitgerecht aufzubereiten, sondern sich ebenfalls mit dem Thema Basel III auseinanderzusetzen.
Die Bonitätsklassen
Steht das Ergebnis der Bonitätsprüfung fest, wird die Praxis in Bonitätsklassen eingeordnet. Diese können sich je nach Bankinstitut zum Beispiel am Schulnotensystem von 1 bis 6 mit den Qualifikationsmerkmalen „ausgezeichnet“ bis „gerade noch (oder nicht mehr) ausreichend“ orientieren. Bleibt man bei diesem Beispiel, beträgt die Risikoeinschätzung bei der Note 1 „niedrig“ und die Ein-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeit liegt bei zum Beispiel unter 0,10 Prozent.
Bei einer Bonitätsnote von 6 hat es die Bank dagegen mit einer hohen Risikoeinschätzung und einer Ein-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeit von etwa beispielsweise 5 bis 10 Prozent zu tun. Erhalten der Zahnarzt und seine Praxis eine befriedigende Bonität, wird er bankintern folgerichtig in die Bonitätsklasse 3 eingestuft. Damit ist der erste Schritt zum späteren Kreditzinssatz erfolgt.
Qualität der Kreditsicherheiten
Der zweite Schritt führt nun zur Prüfung der vorgesehenen Kreditsicherheiten. Im Rahmen der bankinternen Bewertung schätzt die Bank ein, welcher Kreditanteil durch erwartete Erlöse aus den Sicherheiten voraussichtlich abgedeckt werden kann, wenn es tatsächlich zu einer Sicherheitenverwertung kommt.
Diese sogenannte Werthaltigkeit der Besicherung orientiert sich vor allem am möglichen Wiederverkaufswert jeder einzelnen Sicherheit. So ist eine im Grundbuch erstrangig eingetragene Grundschuld regelmäßig werthaltiger als etwa die Sicherungsübereignung der Praxisausstattung oder die Abtretung von Patientenforderungen.
Die Besicherungsklassen
Auf dieser Grundlage ordnet das Kreditinstitut die Sicherheiten in meist drei Klassen ein, in denen die werthaltige Besicherung in Prozentwerten angegeben wird. Dazu ein Beispiel:
- Besicherungsklasse 1: werthaltige Besicherung ab 80 Prozent;
- Besicherungsklasse 2: werthaltige Besicherung 50 bis 80 Prozent;
- Besicherungsklasse 3: werthaltige Besicherung unter 50 Prozent.
Ermittelt die Bank nun zum Beispiel, dass eine Grundschuld den Kredit voraussichtlich zu 70 Prozent abdecken wird, ergäbe sich hieraus die Besicherungsklasse 2 und damit das Ergebnis des zweiten Schritts.
Zinssatzermittlung mithilfe von Preisklassen
Abschließend wird durch die Kombination von Bonitätsklasse und Besicherungsklasse die Preisklasse des Kredits festgelegt. Das dazu erforderliche Kombinationsraster kann durchaus umfangreich sein, da es sämtliche Bonitäts- und Besicherungsklassen zusammenführen muss. Im dargestellten Beispiel wird der Zahnarzt einen Zinssatz erhalten, der eher durchschnittlich sein wird.
Da die Unterschiede vom besten bis zum maximal möglichen Zinssatz je nach Bankinstitut aber erheblich sein können - Zinsdifferenzen von fünf Prozent und mehr sind keineswegs selten - muss ein derartiger durchschnittlicher Zinssatz keineswegs hoch sein. Bei einem „Zinsspread“ von fünf Prozent, also beispielsweise von 3 bis 8 Prozent, betrüge der konkrete Kundenzinssatz in diesem vereinfachten Beispiel also 5,5 Prozent.
Check-Liste
- Da die Ermittlung des „kundenindividuellen Zinssatzes“ vielen Zahnärzten noch nicht im Detail bekannt ist, sollte die jeweilige Hausbank um Aufklärung gebeten werden;
- neben Einzelheiten des jeweiligen Ratingverfahrens ist vor allem die Offenlegung der Bewertungsrichtlinien der Kreditsicherheiten wichtig;
- darüber hinaus sollte thematisiert werden, in welchem Umfang „Basel III“ auf die zukünftige Risikoermittlung Einfluss nehmen wird und wie sich Bank und Kunde gegenseitig helfen können, um die Kreditversorgung auch später sicherzustellen.
Michael Vetter
Fachjournalist für Finanzen
vetter-finanz@t-online.de
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