zm-online: Was halten Sie von diesen digitalen Gesundheitshelfern? Werden wir dadurch wirklich fitter?
PD Dr. Key Pousttchi: Die Frage ist gut. Aber wissen Sie, der Mensch ist ein Faultier und außerdem verdrängt er gern unangenehme Dinge, wenn er Entscheidungen trifft. Wenn Sie ihn erfolgreich erziehen wollen, haben Sie nur zwei Chancen: Sie müssen Sie ihm zum richtigen Zeitpunkt ein schlechtes Gewissen machen oder seinen Ehrgeiz anspornen. Und wenn Sie das mit Apps schaffen, warum nicht?
Meine persönliche App zu diesem Zweck ist übrigens seit vielen Jahren ein Block Papier im Badezimmer, auf dem ich jeden Morgen mein Gewicht und den Körperfettanteil notiere. Das funktioniert unglaublich gut, denn das schlechte Gewissen oder der Ehrgeiz arbeiten dann ganz von selbst und mein Unterbewusstsein weiß den Tag über, was es zu tun hat: Heute Kuchen zum Tee oder nicht? Sie können das natürlich auch wissenschaftlich ausdrücken, am einfachsten mit Peter Drucker: "What gets measured, gets managed."
Welche Vorteile ergeben sich durch den Einsatz mobiler Technologien im Gesundheitswesen?
Das Smartphone ist für viele Menschen ein allgegenwärtiger Lebensbestandteil, den sie immer dabei haben und auf den sie im Durchschnitt über 200 Mal am Tag schauen. Das tun sie oft, ohne ein wirklich festes Ziel zu haben - ihnen ist langweilig, sie wollen unterhalten werden, sie wollen (ganz unspezifisch) auf dem Laufenden bleiben. Wenn Sie das ausnutzen können, um die Aufmerksamkeit auf die eigene Gesundheit zu lenken und sie zum selbstverständlichen Bestandteil des Alltags zu machen, dann haben sie in vielen Fällen schon eine ganze Menge erreicht.
Das Beispiel aus dem US-Gesundheitsministerium, in dem Beacons den Aufenthaltsort überwachen und bei Süßwarenautomaten warnen, ist dabei eine eher plumpe Anwendung mit wenig Effekt, bei der sich der Mensch zudem auf unangenehme Weise überwacht fühlt und versuchen wird, dies zu umgehen. Besser geben Sie dem Menschen selbst die Kontrolle, aber unterstützen ihn dabei. Eine Anwendung, bei der man alles, was man isst, fotografiert und die dann die Kalorien aufaddiert und auf dem Startbildschirm anzeigt, dürfte viel wirkungsvoller sein. Am besten lassen Sie noch zu, dass man darüber High-Score-Listen sieht und Wetten mit Freunden abschließen kann.
Übrigens gibt es noch einen zweiten Bereich, in dem wir sehen werden, dass mobile Anwendungen erfolgreich den Spieltrieb der Menschen nutzen, damit sie wichtige Dinge im Blick behalten, die sie ansonsten gern beiseiteschieben: den Finanzstatus. Das wird in der Finanzbranche einiges umwälzen.
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