An den deutschen Universitäten wird in erster Linie das zahnmedizinische Fachwissen gelehrt. Die Vermittlung unternehmerischer Fertigkeiten allerdings kommt im Studium zu kurz, das belegen immer wieder auch Umfragen unter Praxisgründern.
In der von der Ludwig-Sievers-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie "Berufseinstieg und Berufserfolg junger Ärztinnen und Ärzte" des Instituts für Freie Berufe Nürnberg (IFB) gaben rund 62 Prozent der jungen Mediziner an, dass fehlende betriebswirtschaftliche Kenntnis das größte Hindernis sei auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Fachleute appellieren sowohl an etablierte Zahnärzte als auch an Existenzgründer, sich selbst rechtzeitig betriebswirtschaftlich fortzubilden.
Betriebskennzahlen kennen und verstehen
Es gilt, sich einen Überblick über die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Abläufe und Kennzahlen anzueignen - auch wenn es finanziell gerade gut läuft. Nur dann kann einer finanziellen Krise vorgebeugt und im Ernstfall rechtzeitig reagiert werden. Zahnärzte sollten in der Lage sein, eine Bilanz, betriebswirtschaftliche Auswertungen und die Gewinn- und Verlustrechnung lesen und interpretieren zu können, so die einheitliche Meinung von Ökonomen.
Zudem sollten nicht nur drohende Liquiditätsprobleme Anlass dazu sein, sich vermehrt mit betrieblichen und kaufmännischen Aspekten im Alltag auseinanderzusetzen, sondern auch der Aspekt, dass in manchen Praxen möglicherweise noch zusätzliches Potenzial schlummert.
Im Schnitt melden 82 Zahnarztpraxen pro Jahr Insolvenz an
Aktuell liegt es an jedem Absolventen selbst, sich frühzeitig das nötige betriebswirtschaftliche Wissen anzueignen. Ist die eigene Praxis erst einmal eröffnet, fehlen oft Zeit und Motivation. Mit möglicherweise fatalen Folgen: In den vergangenen zehn Jahren meldeten laut der Wirtschaftsauskunft Ceditreform durchschnittlich 82 Zahnarztpraxen jährlich Insolvenz an. Dass die Zahl in der jüngsten Vergangenheit unter diesem Durchschnitt liegt - 2013 waren es nur 51 Praxen - ist für Managementberater Dr. Dietmar Voss aus Ulm kein Grund zur Entwarnung.
Da den Banken die durchschnittlichen Einkommen der Branche vorliegen, verhandeln diese laut Voss gerne Zinssätze über dem Durchschnitt. Zudem orientierten sie sich bei den monatlichen Raten an einem hohen Durchschnittseinkommen. Wenn das vom Praxisinhaber aber nicht erreicht wird, entstünden bereits direkt nach dem Start in die Selbstständigkeit die ersten Liquiditätsprobleme, berichtet Voss.
Bessere Karten gegenüber Banken
Voss empfiehlt den bei einer Praxisübernahme angesetzten Goodwill für den Patientenstamm kritisch zu überprüfen, weil dieser häufig zu hoch angesetzt sei. Klar ist seiner Meinung nach: Wer besser informiert ist, kann bessere Konditionen bei den Banken aushandeln und gerät weniger stark in Gefahr, zum Spielball von Bank und Steuerberater zu werden.
Meinhard Meiners-Hagen
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