Zwei Mal pro Jahr stattfindende Gespräche sowie die Übermittlung der betriebswirtschaftlichen Auswertungen im Drei-Monats-Rhythmus: Auf diesen Kommunikationsumfang beschränkte sich für Zahnarzt Dieter W. die bisherige Geschäftsverbindung zu seinem Kreditinstitut, der örtlichen Volksbank.
Darüber hinausgehende Kontakte fanden mit Ausnahmen etwa zur Verlängerung von Kreditlinien oder zu vereinzelten Rückfragen bezüglich betriebswirtschaftlicher Details so gut wie nicht statt. Auf eine entsprechende Intensivierung legten sowohl W. als auch das Bankinstitut offenbar keinen Wert.
Wenn der Berater zum persönlichen Gespräch bittet ...
Nun gibt es, für W. zweifellos überraschend, seitens der Bank aber offensichtlich andere Überlegungen über die Form der weiteren Zusammenarbeit: In einem kürzlich erfolgten Telefongespräch bat der zuständige Kundenberater um ein persönliches Gespräch mit W., das mittlerweile auch stattgefunden hat.
Einziger Tagesordnungspunkt: die Planung von Umfang und Qualität der Gesamtverbindung zwischen W. und seiner Bank für die kommenden zwölf Monate. Während der Darstellung der damit verbundenen Anforderungen an „beide Seiten“, wie der Bankmitarbeiter versicherte, wurde W. schnell deutlich, dass eine Umsetzung dieses Konzeptes mit einer weitaus intensiveren Kommunikation als bisher verbunden sein würde.
Die Bank definiert sich danach als kompetenter Gesprächspartner nicht nur auf der Kreditseite, sondern auch bei Geldanlagen und bei darüber hinausgehenden Bankgeschäften. Insbesondere geht es ihr auch darum, möglichst die gesamte Familie von W., also einschließlich seiner Frau und der beiden Kinder, als Kunden zu gewinnen.
… und die Dienstleistungen …
Auf die Praxis bezogen, signalisierte der Berater, dort weitaus intensiver als bisher auch bankeigene Datenverarbeitungsprodukte anbieten zu wollen. Die Aktivitäten von W. gingen in diesem Bereich bisher nicht über den üblichen Zahlungsverkehr und die Gehaltsbuchhaltung hinaus. Detaillierte Finanzanalysen etwa waren aus Sicht von W. entweder nicht erforderlich oder wurden vom Steuerberater durchgeführt.
Sporadische Einladungen seiner Hausbank, die Anwendungsmöglichkeiten der Technik im Dienstleistungszentrum des Kreditinstitutes an praxisorientierten Beispielen zu simulieren, wurden von W. bisher nicht wahrgenommen. Das gilt auch für Bankveranstaltungen, in denen Praxishinweise zur Existenzfestigung vermittelt wurden.
Der Bankmitarbeiter versicherte, dass auch bei Geldgeschäften erweiterte Kapazitäten mit dem Ziel zur Verfügung stünden, umfassende Anlagealternativen, die sich keineswegs nur auf die Produkte der eigenen Bank beschränkten, zu offerieren. Dies zeigt sich vor allem in den Angeboten zu Investmentfonds: Hier seien, so versicherte der Berater ausdrücklich, zukünftig auch Käufe von Fonds anderer Banken und Anbieter möglich.
der Hausbank ausweiten will
Neben der dargestellten Erweiterung der Dienstleistungen legte der Kundenberater auch Wert auf die Feststellung, dass Inhalt und Qualität auch der bisherigen mit W. durchgeführten Bankgeschäfte verbessert werden sollten. Dabei werde bankseitig eine intensivere Kommunikation vor allem bei seiner Kreditbeurteilung und bei der Bewertung der Kreditsicherheiten ebenso angeboten wie regelmäßige Hinweise auf zinsgünstige Sonderkredite und öffentliche Finanzierungsformen.
Im Gegenzug gehe die Bank davon aus, dass zumindest Teile der Praxisumsätze von W., die bisher mit anderen Banken durchgeführt werden, zukünftig ebenso wie Konten der Familie bei der Volksbank konzentriert werden. Abschließend kündigte der Bankmitarbeiter an, dass es keineswegs bei diesen verbalen Aussagen bleiben wird.
W. soll in den kommenden Wochen vielmehr eine schriftliche Vereinbarung erhalten, in der die dargestellten Schwerpunkte nochmals erläutert und die wechselseitigen Wünsche und Erwartungen fixiert werden. Diesem Schreiben sieht W. nun mit Neugierde entgegen. Immerhin gesteht er seiner Hausbank zu, ein derartiges Angebot bisher von keinem anderen Kreditinstitut erhalten zu haben.
Check-Liste:
- Der Praxisfall verdeutlicht den offensichtlichen Strategiewechsel verschiedener Bankinstitute, die Freiberufler als interessante Kunden offenbar „wiederentdeckt“ haben;
- befasst sich der Zahnarzt mit einem solchen Angebot näher, sollte er die auf seine Praxis zugeschnittenen Vorteile möglichen Nachteilen wie eventuell höhere Kosten oder Konzentration der Umsätze auf eine Bank gegenüberstellen;
- ebenso ist zu prüfen, ob die Gewichtung der Vor- und Nachteile ausreicht, um auch private Geschäftsbereiche, vielleicht sogar jene der gesamten Familie, zu verlagern;
- gegebenenfalls sollten bisherige Nebenbankverbindungen ebenfalls um entsprechende Angebote gebeten werden, um aussagefähige Vergleiche herbeizuführen;
- es sollte darüber hinaus belegt werden, in welchen Geschäftsbereichen die jeweilige Bank Vorteile gegenüber anderen Kreditinstituten besitzt. Möglicherweise macht es Sinn, eine nahezu vollständige Konzentration auf einen Bankpartner trotz erkennbarer Vorteile zu vermeiden und den einen oder anderen Geschäftsbereich bei einer Zweit- oder Drittbank zu belassen oder dorthin zu verlagern.
Michael Vetter
Fachjournalist für Wirtschaft
vetter-finanz@t-online.de
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