Seit dem Samstagabend ist es offiziell: Prof. Dr. Bärbel Kahl-Nieke, 56, Direktorin der Poliklinik für Kieferorthopädie der Universitätszahnklinik des UKE in Hamburg, tritt ihr Amt an. Vor drei Jahren hatte sie die Mitgliederversammlung der DGZMK als Präsidentin elect gewählt, sie durfte schon mitarbeiten, die Entscheidungsgewalt und Repräsentanz oblag aber noch Prof. Dr. Dr. Henning Schliephake.
zm-online: Prof. Kahl-Nieke, haben Sie besondere Ziele für Ihre Amtszeit?
Prof. Bärbel Kahl-Nieke: Ja, ich werde die bereits initiierten Themen verfolgen, denn in den letzten drei Jahren ist sehr viel bewegt worden und diese Ziele sind Langzeitprojekte.
Können Sie diese benennen?
Da haben wir das neue Wissensportal der Zahnmedizin owidi, orales Wissen digital heißt das, das nun nach einem anfänglichen Fehlstart, live gehen wird. Ziel ist, alle Mitglieder zu erreichen mit einem umfassenden Online-Angebot, ebenso die Patienten. Für diese ist eine besondere Patienten-Plattform geplant.
Dann setzen wir uns sehr für die Nachwuchsförderung ein. Das liegt mir besonders am Herzen. Wir starten gerade eine Aktion, um die Studierenden an den Universitäten zu erreichen mit Postern und Flyern, unterstützt durch „Botschafter“ in den Zahnklinken. Die Studierenden erhalten die freie Mitgliedschaft und als attraktive Angebote zum Beispiel eine finanzielle Unterstützung bei der Promotion und freien Zugang beim Deutschen Zahnärztetag, der ja auch jetzt schon seit Jahren einen Studententag mit eigenem Programm anbietet. Wir hoffen natürlich, dass wir sie dann als fertige Zahnärztinnen und Zahnärzte durch unsere überzeugenden Angebote - zum Beispiel im APW-Programm - auch weiter dabei haben, aktiv oder als Online-User.
Dass der Bedarf der jungen zukünftigen Kollegenschaft sehr hoch ist, sich wissenschaftlich zu organisieren und vor allem auch zu engagieren, zeigt ja auch die nachhaltige Teilnahme am Dentsply Förderpreis, der auch in diesem Jahr wieder ein gelungenes Kooperationsprojekt von DGZMK, BZÄK und Dentsply war.
Dann haben wir unsere Leitlinienprojekte. Unsere, da wir sie jetzt kooperativ mit unseren Partnern BZÄK und KZBV strukturiert managen und pflegen beziehungsweise aktualisieren. Sie werden immer interdisziplinär von Vertretern der einzelnen Fachgesellschaften erarbeitet, um dem behandelnden Zahnarzt einen wissenschaftlich fundierten fachübergreifenden Leitkorridor für seine Therapie an die Hand zu geben.
Neu ist auch unsere Agentur zur Wissenschaftsvermittlung, die AWZMK. Dieses Projekt ist erst im Juli angelaufen. Es ist ein Angebot an alle Forschenden, um die Beantragung von Drittmitteln zu erleichtern und insbesondere auch, um Kooperationen zu vermitteln, da auch hier im Verbund die Erfolgsrate höher ist.
Noch im Spirit des aktuellen Zahnärztetages und -kongresses, der mit 3.500 Teilnehmern ein voller Erfolg war, kann ich schon heute den nächsten ankündigen. Anfang November 2014 werden wir uns ganz der Prävention widmen. Dabei geht es um individualisierte, personalisierte Prävention, so wie es schon im Abschlussreferat in diesem Jahr perfekt auf den Punkt gebracht wurde: Unser Angebot an die Patientinnen und Patienten muss interdisziplinär und individuell sein, und kein Modul aus dem Regal.
Mit diesem Thema sind wir auch wieder im engen Schulterschluss mit der Medizin. Es haben auch schon alle Referenten für das Hauptprogramm - Zahnmediziner und Mediziner - zugesagt. Da die Prävention in meinem und durch mein Fach, die Kieferorthopädie, ja wunderbar gelebt wird, zum Beispiel mit der Frühbehandlung, ist es mir natürlich eine besondere Freude, dass wir alle zusammen diese Zukunftsthematik multiprofessionell angehen.
Und 2015 werden wir dann wieder einen großen Gemeinschaftskongress haben, alle Fachgesellschaften werden Themen bezogen miteinander arbeiten und spannende Vortragspakete anbieten. Da gibt es viel zu tun! Ich freue mich auf mein Amt, obwohl es ja nicht ganz neu ist, denn drei Jahre Vorbereitungszeit als Elect haben sehr geholfen, dass ich jetzt richtig "drin" bin im Thema und in der DGZMK.
Sie sind die erste Präsidentin nach fast 150 Jahren DGZMK-Geschichte. Sehen Sie das als besondere Herausforderung?
Es hat sich einfach so ergeben. Sicherlich bin ich nicht als Quotenfrau gewählt worden, sondern wegen meiner Qualifikation. Die Kommentare und Reaktionen, die ich in den letzten Tagen erfahren habe von Kolleginnen und Kolleginnen haben mir gezeigt, dass es eine hohe Erwartungshaltung gibt, weil ich eine Frau bin. Ich werde das ausblenden und einfach meinen Job nach bestem Wissen und Gewissen machen, würde mich aber natürlich darüber freuen, wenn ich Kolleginnen Mut mache, oder sie durch mich motiviert werden, „Karriere zu machen“, wie es immer so schön heißt.
Glauben Sie, dass damit nun eine besondere Ära eingeleitet wird?
Wie ich schon sagte, gerne öffne ich die Tür, aber es geht mir persönlich um Inhalte und nicht um Gender. Zwar haben wir fast 70 Prozent Zahnmedizinstudentinnen, aber nachhaltig über den eigentlichen Beruf hinaus gehend engagierte Frauen gibt es leider nur wenige. Meine persönliche Erfahrung ist, fachlich gut und engagiert sein und authentisch rüberkommen, denn das ist das Entscheidende!
Haben Sie einen Tipp für Zahnärztinnen, die in höhere Positionen aufsteigen wollen?
Das ist ganz einfach: Qualifikation, Gelassenheit und Frau bleiben. Und sie müssen es wirklich wollen!
Das Interview führte Susanne Priehn-Küpper.
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