Wie bewerten Sie die Einführung von Vergütungszuschlägen oder -abschlägen, also Pay for Performance, im Gesundheitswesen?
Dr. Jürgen Fedderwitz: Das ist ein alter Traum derer, die meinen, mit solchen Zu- und Abschlägen nicht nur die Qualität der Versorgung, sondern die gesamte Versorgung steuern zu können. Nun hat unlängst Prof. Schrappe, eines der Urgesteine in der Diskussion um Qualitätssicherung, festgestellt: "Es gibt kein 'Weiter so!'" Die Annahme, so Schrappe, die Qualität könne man an einem Messstab ablesen wie die Temperatur an einem Thermometer, ist unzutreffend.
Aber nur so kann man meines Erachtens Zu- und Abschläge in einem Pay-for-Performance-Konzept rechtssicher handhaben. Das gilt besonders für Abschläge: Wer weniger Geld bekommt, wird sich womöglich wehren wollen. Also braucht es feste Parameter. Die aber sind auf diese Weise nicht erreichbar.
Ist eine Ausweitung des P-4-P-Modells auf die ambulante Versorgung und hier speziell auf die zahnärztliche Versorgung vorstellbar?
Ich kann mir schon vorstellen, dass der Politik und anderen Interessierten vorschwebt, P-4-P-Modelle auch bei den niedergelassenen Ärzten und bei uns Zahnärzten einzuführen. Nur: Wie sieht der wissenschaftliche Erkenntnisstand zu P-4-P aus? Positive Ergebnisse in den ersten drei Jahren, ernüchternde langfristige Ergebnisse. Denn: Die Verbesserungen waren nicht nachhaltig, sie gingen nach Abschluss der P-4-P-Programme wieder zurück.
Was würden Zu- oder Abschläge konkret für die Zahnmedizin bedeuten?
Auch hier gilt das eben schon Gesagte: Den Honorarzuschlag nehme ich gern mit, gegen einen Abschlag würde ich mich eher wehren wollen. Dazu brauche ich aber einen belegbaren Nachweis desjenigen, der mein Honorar kürzt. Belegbare Nachweise können aber ja nur irgendwelche Messergebnisse oder festgelegte Prozessparameter sein. Die aber sind kaum erreichbar.
Was bedeutet denn der Ansatz P-4-P generell für das Gesundheitswesen, Stichwort "Ökonomisierung der Medizin"?
Qualitätssicherung kann nicht dazu dienen, die Finanzierungsprobleme in unserem Gesundheitswesen zu lösen. Wer P-4-P mit Qualitätssicherung koppelt, was ja vielerorts immer noch gepredigt wird, ist folglich eher auf dem Holzweg. P-4-P führt eher zu einer Risikoselektion mit all ihren negativen Auswirkungen auf die Versorgung denn zu einer nachhaltigen qualitätsorientierten Verbesserung.
Die Fragen stellte Stefan Grande.
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