Grundsätzlich gilt: Als angestellter Zahnarzt ist man über den Arbeitgeber sozial- und rentenversichert. Außerdem legt man bei Vertragsabschluss einen Bruttolohn fest, der eine variable Umsatzbeteiligung enthalten kann. Im Krankheitsfall und im Urlaub wird der Lohn weiterhin gezahlt.
Arbeitet man hingegen selbstständig, trägt man das volle finanzielle Risiko selbst, hat aber auch höhere Gewinnmargen, weil man am Gesamtumsatz der Praxis beteiligt ist. Als Selbstständiger ist man zudem für den eigenen Krankenversicherungs- und Rentenschutz zuständig. Urlaubszahlungen und Lohnfortzahlungen des Arbeitgebers gibt es nicht.
Soweit zur Theorie. Tatsächlich sind Gesellschaftsverträge, die ein gemeinsames Arbeiten in einer Zahnarztpraxis regeln, aber sehr komplex. Nicht nur das Heilberufsgesetz greift hier - auch die Zulassungsverordnung für Zahnärzte und das Arbeitsrecht finden Anwendung. Einzelne Vertragspunkte, die in anderen Berufsgruppen ein klares Indiz für ein Angestelltenverhältnis wären, sind im Job des Zahnarztes unumgänglich.
Wann sind die vertraglichen Voraussetzungen für eine Scheinselbstständigkeit erfüllt?
„Nicht einzelne Vertragskonditionen entscheiden über eine Scheinselbstständigkeit, die Gesamtschau ist es“, sagt Jens-Peter Jahn, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht. Allerdings gibt es Punkte, die einen in erhöhte Alarmbereitschaft versetzen sollten. Etwa, wenn im Vertrag steht, dass nur im Namen des Seniorpartners Rechnungen ausgestellt werden dürfen oder man selbst kein finanzielles Risiko trägt, weil man nur einen bestimmten Anteil des eigenen Honorarumsatzes erhält.
Einen Profit hat von einer Scheinselbstständigkeit niemand, auch wenn es zunächst so aussieht. So zahlt der Senior-Partner als Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeiträge, kein Kranken- und kein Urlaubsgeld. Da er das finanzielle Risiko trägt, erwirtschaftet er unter Umständen einen größeren Gewinn.
Folgen für den Senior und Junior
Jahn weist allerdings darauf hin, dass auch der freiberuflich tätige Zahnarzt - im Unterschied zum angestellten Kollegen - im Innenverhältnis nicht von Haftungsansprüchen Dritter freigestellt ist. Geht die Praxis in Konkurs, haftet der Junior-Partner also trotz des geringeren Einkommens mit seinem kompletten, privaten Vermögen - ebenso wie der Senior-Partner. Weil das Kassenarztrecht vorsieht, dass der zugelassene Partner in freier und nicht in angestellter Praxis tätig sein muss, kann dem scheinselbstständig angestellten Zahnarzt darüber hinaus die Zulassung entzogen werden.
Aber auch für den Senior-Partner kann es negative Konsequenzen geben. Wird die Scheinselbstständigkeit angezeigt, muss er die Sozialabgaben für den Kollegen nachzahlen und zwar bei Kenntnis bis zu 30 Jahre und bei Unkenntnis bis zu vier Jahre rückwirkend. Zudem wird in diesen Fällen die sogenannte Nettomethode angewandt, das heißt, das Gehalt wird als Nettolohn behandelt.
Daneben ist eine Honorarrückforderung durch die KZV möglich, und zwar mangels Vertrauensschutz zeitlich unbefristet, also seit Beginn des Arbeitsvertrages. Der Senior-Partner kann sogar zu einer Haftstrafe verurteilt werden, weil das Veruntreuen von Beiträgen zur Sozialversicherung nach Artikel 266a des StGB auch ein Tatbestand des Strafrechts ist und den Straftatbestand des Betrugs erfüllt.
Soweit ist es beim jüngsten Urteil zu einer in Scheinselbstständigkeit beschäftigten Zahnärztin in Baden-Württemberg zwar nicht gekommen. Aber der Senior Partner wurde zur Nachzahlung von Sozialversicherungsentgelten verurteilt. Seine Partnerin war nur mit 30 Prozent am Praxisgewinn beteiligt. Der Senior Partner bekam 70 Prozent der Einnahmen.
So machen sie den Gesellschaftsvertrag wasserdicht!
Wie geht man also vor, um den Gesellschaftsvertrag „wasserdicht“ zu machen? Wichtig ist, dass man mit absoluter Transparenz gegenüber den Zulassungsgremien arbeitet. Schubladenverträge sind laut Jahn ein absolutes Tabu. Im Unterschied zu anderen Freiberuflern sind freiberufliche Zahnärzte, die also tatsächlich freiberuflich und nicht scheinselbstständig arbeiten, in ihrer Berufsausübung eingeschränkt, was den Arbeitsort und die Arbeitszeiten angeht. Nach der Zulassungsverordnung für Zahnärzte ist man beispielsweise dazu verpflichtet die zahnärztliche Tätigkeit in einer bestimmten Praxis auszuüben. Als Freelancer einer anderen Berufsgruppe wäre ein einziger Arbeitsort ein Indiz für die Scheinselbstständigkeit.
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