Neuer Studiengang Zahnmedizin gestartet

Premiere in Brandenburg

Die ersten 48 Studierenden der Zahnmedizin haben ihr Studium an der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) aufgenommen. Die Studienplätze wurden nicht nach Numerus clausus vergeben, sondern auf Basis eines mehrstufigen Auswahlverfahrens. Zwei Studierende blicken auf den Prozess zurück und verraten, wie es sich anfühlt, es geschafft zu haben.

Das Interesse am ersten staatlich anerkannten Zahnmedizinstudium im Land Brandenburg war groß. Rund 300 Bewerbungen erreichten die MHB, verrät Prof. Dr. Stefanie Oess, Prodekanin Studium und Lehre an der MHB. „Die Interessentinnen und Interessenten waren aufgerufen, in einem Anschreiben ihre Motivation für den zahnärztlichen Beruf und für die MHB als Studienort zu beschreiben“, berichtet die Professorin. Auf dieser Basis wählte die Universität im nächsten Schritt 144 Personen aus, die an einem von insgesamt vier Terminen im November 2023 und Januar 2024 nach Brandenburg kamen, um am Auswahlverfahren teilzunehmen.

Einer von ihnen war Luca Dittrich. Der 29-Jährige aus Hildesheim wollte schon nach dem Abitur Zahnarzt werden, aber sein Notenschnitt hatte nicht ausgereicht. Stattdessen machte er eine Ausbildung zum Zahnmedizinischen Fachangestellten und entwickelte sich dann zum Digital Manager der Praxis weiter. „Ich hatte eigentlich schon mit dem Berufswunsch Zahnarzt abgeschlossen, aber dann hörte ich von dem neuen Studiengang in Brandenburg und habe es einfach versucht“, erzählt er. Zum Auswahltag erschien Dittrich natürlich mit Lampenfieber. „Aber zu wissen, dass ich im schlimmsten Fall in meinem Job, den ich sehr mochte, weiterarbeiten würde, hat mir an der ein oder anderen Stelle sicherlich Gelassenheit gegeben.“ Der Tag sei nach einer so langen Zeit ohne Prüfungen eine Ausnahmesituation für ihn gewesen, aber er habe es interessant gefunden, sich noch einmal unter Stress zu erleben, resümiert der Hildesheimer. Die Auswahlkommission konnte er offenbar überzeugen, denn kurze Zeit später erhielt er einen der 48 Studienplätze.

Auch für Carolin Goretzki ist die Zahnmedizin nicht die erste berufliche Station. Sie hat nach ihrem Abitur BWL studiert und nach ihrem Master im Marketing-Team eines medizinischen Start-ups gearbeitet. Zur Medizin hat sie noch einen anderen Bezug. „Ich komme aus einer Humanmedizinerfamilie, fand die Zahnmedizin aber immer schon interessanter“, erzählt die 32-jährige Düsseldorferin. Ein Praktikum bei einem Zahnarzt brachte dann die Entscheidung, sich für ein Zahnmedizinstudium zu bewerben – unter anderem an der MHB.

Nicht die Noten zählen

Für den brandenburgischen Modellstudiengang Zahnmedizin – und alle anderen Studienangebote der Hochschule – gilt das Prinzip: Persönlichkeit, Motivation und Praxiserfahrungen zählen mehr als Abiturnoten. „Ein sehr gutes Abiturzeugnis unterstreicht zwar die Lern- und Leistungsbereitschaft in einer schulischen Lernumgebung und ist als ein Indikator für den zu erwartenden Studienerfolg sicherlich auch bei der Bewältigung des anspruchsvollen Studiums der Zahnmedizin hilfreich. Nach unseren Erfahrungen spielen jedoch bei der Bewerbung um einen Studienplatz auch die persönliche Motivation und eventuell vorhandene beruflich relevante Vorerfahrungen eine große Rolle“, heißt es auf der MHB-Website. Um passende Studierende zu finden, fokussiert sich das Auswahlverfahren daher unter anderem auf manuelles Geschick, räumliches Vorstellungsvermögen, Empathie sowie Entscheidungs- und Teamfähigkeit.

Während des Tages durchliefen die Bewerberinnen und Bewerber verschiedene Stationen, an denen sie sich in jeweils acht Minuten mit einer spezifischen Aufgabenstellung auseinandersetzen mussten. „Wir haben unter anderem über eine Grafik einen bestimmten Aspekt der zahnmedizinischen Versorgung dargestellt, um zu sehen, ob die Bewerberinnen und Bewerber Daten evaluieren und einordnen können und wie sie die Ergebnisse präsentieren“, gibt Prodekanin Oess einen Einblick. Die Stationen wurden von Professorinnen und Professoren der Fakultät, von Studierenden der Humanmedizin und von Zahnärztinnen und Zahnärzten aus Brandenburg betreut. Sie bewerteten die Ergebnisse anhand einer strukturierten Checkliste. „In der Regel konnten maximal fünf Punkte für eine Aufgabe vergeben werden“, erklärt Oess. Wer die meisten Punkte erreichte, bekam das Studienplatzangebot.

Man hat sofort gemerkt, dass sich die Universität im Vorfeld des Auswahlverfahrens Gedanken gemacht hat, welche Gruppe von Studierenden sie formen möchte.

Luca Dittrich, Zahnmedizinstudent an der MHB

Die Beteiligung der brandenburgischen Zahnärzteschaft sei für das Auswahlverfahren sehr hilfreich gewesen, so die Prodekanin. Aufgrund ihres Praxiswissens hätten sie die Bewerberinnen und Bewerber gut einschätzen können. Nicht nur im Auswahlprozess, auch im weiteren Verlauf des Studiums werde man eng zusammenarbeiten: „Die zahnmedizinische Klinik wird an der MHB vom ersten Tag an gelehrt. Im Curriculum des Studiengangs sind Praxistage in lokalen Zahnarztpraxen fest verankert und zurzeit erarbeiten wir mit den brandenburgischen Zahnärztinnen und Zahnärzten sogenannte ‚First-Day-Competences‘. Aus diesem Katalog können die Studierenden immer genau ablesen, welche Aufgaben sie zu einem bestimmten Zeitpunkt im Studium schon selbstständig ausführen können sollten.“ Der enge Kontakt zum Berufsstand im Land soll nach Möglichkeit auch dazu beitragen, die Nachwuchskräfte für eine spätere Niederlassung in Brandenburg zu begeistern.

Das Miteinander fördern

Goretzki denkt mit einem guten Gefühl an den Auswahltag zurück. „Tatsächlich haben mir alle Stationen gefallen, weil sie alle etwas mit dem Berufsbild zu tun hatten“, sagt sie. „Gut fand ich auch, dass wir uns nach jeder Aufgabe selbst reflektieren sollten. Es ist schließlich wichtig, sich später im Job damit auseinandersetzen zu können, wenn mal etwas schiefgeht.“ Auch Dittrichs Fazit fällt positiv aus: „Man hat sofort gemerkt, dass sich die Universität im Vorfeld Gedanken gemacht hat, welche Gruppe von Studierenden sie formen möchte und dass es ihr dabei nicht um Ellenbogenmentalität geht, sondern darum, das Miteinander zu fördern.“

Tatsächlich haben mir alle Stationen des Auswahlverfahrens gefallen, weil sie alle etwas mit dem Berufsbild zu tun hatten.

Carolin Goretzki, Zahnmedizinstudentin an der MHB

Inzwischen haben die beiden Studierenden ihre ersten Wochen an der MHB hinter sich. Der Empfang sei herzlich gewesen und die Abläufe bisher sehr strukturiert, findet Goretzki. Dass nun der Studienalltag mit all seinen Facetten Einzug hält, entmutigt ihren Kommilitonen Dittrich nicht. „Mein Abi liegt zehn Jahre zurück und die ersten Vorlesungen in Biochemie haben mich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt“, sagt er und lacht. „Trotzdem kneife ich mich während der Vorlesungen immer noch ab und zu, um sicherzugehen, dass ich nicht träume.“

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