Amtsgericht Nürnberg

500 Euro Schmerzensgeld für drei Monate ohne Dritte

LL/pm
Gesellschaft
Beim Krankenhausaufenthalt ging die Prothese eines Mannes verloren, der daraufhin drei Monate ohne auskommen musste. Er klagte, bekam recht und neben der Erstattung der Neuanfertigung noch Schmerzensgeld.

Der Kläger war im Sommer 2020 für einige Tage im Krankenhaus. Vor der anstehenden Operation musste er seine Zahnprothese in einen speziellen Behälter legen. Nach dem Eingriff wurde er auf eine andere Station verlegt und bekam dort seine persönlichen Sachen zurück. Die Zahnprothese, die etwas mehr als ein Jahr alt war, fehlte allerdings.

Versicherung der Klinik lehnte Kostenübernahme ab

Obwohl der Kläger von der Klinik verlangte, schnellstmöglich Abhilfe zu schaffen, lehnte die Versicherung eine Kostenübernahme ab und verwies darauf, dass die gesetzliche Krankenversicherung des Klägers zuständig sei. Nach drei Monaten ohne Prothese – einer Zeit mit erheblichen Beeinträchtigungen bei der Nahrungsaufnahme, wie das Gericht später würdigte – ließ der Mann eine neue Zahnprothese anfertigen und bezahlte die rund 1.400 Euro zunächst selbst. 

Diesen Betrag sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 700 Euro machte er im Anschluss mit seiner Klage vor dem Amtsgericht Nürnberg geltend. Und bekam recht. Das Amtsgericht folgte der Auffassung, dass das beklagte Krankenhaus im Rahmen des Behandlungsvertrages verpflichtet war, die Zahnprothese des Klägers ordnungsgemäß aufzubewahren. Da das Krankenhauspersonal diese Pflicht verletzt habe, stehe dem Kläger ein Schadenersatzanspruch aus dem Behandlungsvertrag zu.

Alter der Prothese in diesem Fall unerheblich

Den Kläger treffe auch kein Mitverschulden, argumentierte das Gericht. Vor allem könne ihm nicht vorgeworfen werden, dass er erst drei Monate später eine neue Prothese beschafft habe, weil er sich unverzüglich nach deren Verlust bei der Beklagten gemeldet und um Abhilfe gebeten hatte.

Der Kläger war nach Auffassung des Amtsgerichts auch nicht verpflichtet, zunächst seine Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen. Auch die Tatsache, dass die Prothese schon mehr als ein Jahr alt war, führte nicht zu einer Kürzung des Schadenersatzanspruchs. Die Prothese hätte noch viele Jahre genutzt werden können, so das Gericht.

Weil der Kläger während der drei Monate ohne Zahnprothese in seiner Lebensqualität stark beeinträchtigt gewesen sei, hielt das Amtsgericht ein Schmerzensgeld von 500 Euro für angemessen. Die Nahrungsauswahl des Mannes war in dieser Zeit auf weiche Kost beschränkt gewesen und bei nur vier verbliebenen Zähnen im Oberkiefer ohne Prothese schmerzhaft.

Amtsgericht NürnbergAz.: 19 C 867/21Urteil vom

23. Juni 2021

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