Landessozialgericht Schleswig-Holstein

Die „Beratung vor Regress“ gibt es nur einmal

LL
Recht
Handeln niedergelassene Ärzte unwirtschaftlich und werden von Prüfgremien im Anschluss dazu zum Regress beraten, dann gibt es diese Beratung nur einmal. Sie gilt auch Jahre später bei wiederholter unwirtschaftlicher Abrechnung.

Das Landessozialgericht Schleswig-Holstein (LSG) entschied, dass vertragsärztliche Praxen bei erneuter unwirtschaftlicher Abrechnung tatsächlich den Regress leisten müssen, auch wenn die letzte Beratung durch Prüfgremien bereits Jahre zurückliegt. Es besteht kein Anspruch auf mehrmalige Beratung – auch wenn diese schon länger her ist.

Das LSG verhandelte die Klage einer Allgemeinärztin aus dem Raum Kiel. Sie war 2006 und 2007 zusammen mit einem Kollegen in einer Gemeinschaftspraxis tätig. Dort stellte die gemeinsame Prüfungseinrichtung der Vertragsärzte und Krankenkassen des Landes in den ersten drei Quartalen von 2006 eine unwirtschaftliche Abrechnungspraxis in den Bereichen „Beratung, Erörterung und Abklärung“ und „Koordination der hausärztlichen Betreuung“ fest. Weil das erstmals der Fall war, fand lediglich eine Beratung vor Regress statt. Den Regress selbst musste die Ärzte damals nicht leisten.

Ärztin überschritt die Grenze zum „offensichtlichen Missverhältnis“

Jahre später, als die Ärztin 2010 eine Praxis mit dem Schwerpunkt psychosomatische Erkrankungen übernahm, rechnete sie dort zwischen 2014 und 2016 erheblich mehr Gesprächsleistungen ab als der Durchschnitt der Hausärzte. Dafür sollte die Ärztin nun wegen „unwirtschaftlichem Abrechnungsverhalten“ in Regress genommen werden und im Zuge dessen gut 53.000 Euro bezahlen. Dagegen wehrte sie sich. Das Sozialgericht Kiel gab ihr recht: De Ärztin hätte wegen ihres unwirtschaftlichen Abrechnungsverhaltens noch einmal beraten werden müssen. Die Beratung aus dem Jahr 2007 sei zu lange her.

Nun hob das LSG diese Entscheidung auf und verurteilte die Ärztin zu der Zahlung: Sie habe bei den Einzelleistungen „Differentialdiagnostische Klärung psychosomatischer Krankheitszustände“ und „Verbale Intervention“ den durchschnittlichen Wert der Vergleichsgruppe der Hausärzte um mehr als 100 Prozent übertroffen. Das Gericht befand, dass damit die Grenze zum „offensichtlichen Missverhältnis“ damit deutlich überschritten wurde. Zudem lagen keine Praxisbesonderheiten vor, die die Überschreitung hätten rechtfertigen können. Das Gericht stellte damit klar, dass es keine zeitliche Grenze gibt, ab wann eine bereits erfolgte Beratung zu alt ist und wiederholt werden muss. Prüfgremien unterliegen entsprechend nicht der Pflicht, wiederholt zu einem möglichem Regress zu beraten.

Landessozialgericht Schleswig-Holstein
Az.: L 4 KA 5/22
Urteil vom 21. November 2023

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