Dr. Eckart von Hirschhausen wird Honorarprofessor in Marburg

"Kleine Gesten machen einen großen Unterschied"

pr
Gesellschaft
"Machen Sie den Mund erst auf, wenn Sie die Augenfarbe Ihres Patienten benennen können", empfiehlt der Arzt und Bestsellerautor Dr. Eckart von Hirschhausen angehenden Medizinern. Mit solchen Ratschlägen will er - als Honorarprofessor in Marburg - in seiner Vorlesung "Sprache in der Medizin" die Bedeutung einer bewussten Gesprächsführung herausarbeiten.

"Ich möchte gerne das in den Vorlesungen weitergeben, was ich selber nie in Vorlesungen gehört habe: Wie wichtig es ist, seine Worte für den Patienten so sorgsam zu wählen wie andere Arzneien", sagte von Hirschhausen gestern bei seiner offiziellen Ernennung und Antrittsvorlesung als Honorarprofessor für Medizin an der Universität Marburg. Der Arzt, Wissenschaftsjournalist, Buchautor und TV- Moderator wird dort ab dem kommenden Sommersemester über "Sprache in der Medizin" und "Klimawandel und Medizin" referieren.

Die richtigen Worte sind die beste Medizin

Das Thema seiner Antrittsvorlesung lautete "Warum Worte Medizin sind - zwischenmenschliche Kommunikation im Zeitalter der Digitalisierung". Richtig beim Patienten nachfragen, die Perspektive wechseln und die Sicht des Patienten mit einbeziehen – das macht für von Hirschhausen die Qualität von Shared Decision Making aus. Ein guter Arzt müsse "auch mal querdenken": Schließlich könne die richtige Frage Leben retten.  Er ermunterte die Studierenden, ihre eigenen Thesen zu hinterfragen: „Gibt es etwas, was ich nicht gesehen habe?"

"Shared Decision Making kann man lernen", erklärte von Hirschhausen, auch wenn Gesprächsführung gemeinhin als "Glückssache" betrachtet werde - "kann man schon irgendwie". Doch das sei ein Trugschluss: Bei der Gesprächsführung brauche es eine ähnlich hohe Befähigung wie etwa beim Setzen eines Herzkatheters. Ein Arzt führe in seinem Berufsleben etwa 200.000 Gespräche mit Patienten, das sei mit Abstand die häufigste ärztliche Tätigkeit. Sein Rat: Wenn ein Patient ins Sprechzimmer kommt, sollte der Arzt sich nicht hinter seinem Bildschirm verschanzen, sondern auf den Patienten eingehen: "Machen Sie erst den Mund auf, wenn Sie die Augenfarbe des Gegenübers benennen können!" Dann habe man auch nicht den Impuls, sofort loszureden.

 "Ein guter Arzt zeichnet sich durch Demut aus!"

Auch kleine Gesten der Zuwendung – wie die Hand eines Patienten zu ergreifen – könnten einen großen Unterschied machen. Von Hirschhausen berichtete von dem Fall eines Querschnittsgelähmten in einer Rehaklinik, der kurz davor war, sich das Leben zu nehmen. Doch ein Medizinstudent sei jeden Abend zu dem Patienten gekommen, habe sich zu ihm gesetzt, seine Hand genommen, ihn gefragt, wie es ihm gehe, und versprochen, am nächsten Tag wiederzukommen. Der Patient hielt durch. "Eine Geste, die noch nicht einmal eine Minute dauert, kann Leben retten", so von Hirschhausen. "Ein guter Arzt zeichnet sich nicht durch Selbstüberschätzung, sondern durch Demut aus."

Für die Universität Marburg sieht von Hirschhausen gute Zukunftsperspektiven in der Kombination von Kompetenzen mit digitaler Medizin. Grundlagenforschung und Hightech-Medizin seien in Deutschland hervorragend, aber die Pandemie und die Flutkatastrophe im Ahrtal hätten gezeigt, dass ein Gesundheitswesen aufgrund von banalen Dingen wie der Beschaffung von Masken oder einem fehlerhaften Frühwarnsystem ins Schlingern geraten könne. Die jetzt geschaffene Honorarprofessur solle auch dazu genutzt werden, eine medizinisch fundierte Frühwarn-App zu entwickeln, damit Menschen Daten zur Frühwarnung vor Notfällen personalisiert zugeliefert bekommen, ohne sich diese mühsam im Netz zusammentragen zu müssen.

Als Redner ist von Hirschhausen bereits ein alter Hase

Zu den Themenfeldern "Sprache in der Medizin" sowie "Klimawandel und Medizin" hatte von Hirschhausen bereits 2017 und 2020 Vorträge an der Universität Marburg gehalten, die nach Auskunft der Uni großen Zulauf hatten. "Noch heute sprechen mich dankbare Studierende und Alumni, die mittlerweile als Ärztinnen und Ärzte praktisch tätig sind, auf diese Vorträge an", berichtete Prof. Dr. Jürgen Schäfer, Leiter des Zentrums für unerkannte Krankheiten am Fachbereich Medizin, der die Vorträge mit initiierte, anlässlich der Antrittsvorlesung. "Diese Veranstaltungen haben sich bei Vielen als unvergessliches Erlebnis und bleibende Erinnerung an eine - hoffentlich schöne und erfüllende - Studienzeit in Marburg eingeprägt", sagte der Wissenschaftler, der auch als der "deutsche Dr. House" bekannt ist.

Von Hirschhausen gestaltet bereits die medizinische Lehre an der Universität Marburg mit – zum Beispiel die fachbereichsübergreifende Ringvorlesung "Klimakrise und Gesundheit" im Wintersemester 2021/22, den Podcast "Diagnose: Selten" gemeinsam mit Schäfer oder als Diskussionsgast in Lehrveranstaltungen – beispielsweise im "Dr. House"-Seminar von Schäfer, in dem medizinische Fälle aus der amerikanischen Krankenhaus-TV-Serie aufgegriffen und in einen wissenschaftlichen Kontext gestellt werden. Die Honorarprofessur selbst ist ehrenamtlich und unentgeltlich.

Beispiele für wichtige Fragen an den Patienten:

Beispiele für wichtige Fragen an den Patienten:

  • "Was, glauben Sie, hat Ihr Problem verursacht?"

  • "Warum könnte es gerade jetzt losgegangen sein?"

  • "Was, denken Sie, macht das Problem mit Ihrem Körper?"

  • "Glauben Sie, dass es ernst ist, lange oder kurz andauert?"

  • "Was für eine Behandlung, denken Sie, wäre passend aus Ihrer Sicht?"

  • "Wovor haben Sie am meisten Angst?"

  • "Was ist für Sie das wichtigste Ziel, das Sie mit der Behandlung erreichen wollen?"

Quelle: Dr. Eckart von Hirschhausen

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