PKV-Gutachten

Krankenhausreform: Vorhaltebudgets setzen Fehlanreize

Susanne Theisen
Die geplante Krankenhausreform dreht an den falschen Stellschrauben. Diesen Standpunkt vertritt der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) unter Berufung auf ein aktuelles Gutachten in seinem Auftrag.

Am 10. Juli einigten sich Bund und Länder auf Eckpunkte für eine Krankenhausreform. Zentrales Thema ist die Finanzierung. Laut dem Eckpunktepapier sollen Kliniken künftig unabhängig von der Zahl der tatsächlich behandelten Patientinnen und Patienten Vorhaltepauschalen erhalten. Darüber sollen 60 Prozent der Kosten abgedeckt werden. Das derzeitige System der Fallpauschalen möchte das Bundesgesundheitsministerium damit ablösen und eine „Entökonomisierung“ einleiten.

„Die Intention der Reformbemühungen sowie der Grundgedanke einer Vorhaltevergütung sind nachvollziehbar, die im Eckpunktepapier skizzierte Ausgestaltung wird jedoch sehr kritisch bewertet“, schreiben die vier Autorinnen und Autoren der „Analyse der Vorhaltevergütung zur Reform des Krankenhaussektors“. So lautet der vollständige Titel des 45-seitigen Gutachtens, das eine Unternehmensberatung im Auftrag des PKV-Verbands erstellt hat.

Aus Sicht der Gutachterinnen und Gutachter kann eine Vorhaltevergütung zu neuen Fehlanreizen und Steuerungsproblemen führen. Vor allem sehen sie die Gefahr, dass für Krankenhäuser der Anreiz entsteht, ihre Leistungsmenge zu reduzieren. Sie rechnen vor: Bei einer Vorhaltevergütung von 60 Prozent sei es nicht unrealistisch, dass die Fixkosten eines Krankenhauses unterhalb dieses Betrags lägen. Folglich würde sich der Gewinn der Klinik mit jedem behandelten Fall reduzieren. „Es besteht ein starker Anreiz die Fallmenge zu reduzieren, das Krankenhaus stellt sich wirtschaftlich schlechter, wenn es Leistungen erbringt“, heißt es in der Analyse. In Anbetracht der absehbaren Ressourcenengpässe erhöhe dies das Risiko für Unterversorgung und Wartelisten.

Um solche Verwerfungen zu vermeiden, sei ein behutsamer Einstieg in das neue Vergütungssystem ratsam, schreiben sie: „Um Fehlanreize zu verringern, sollten nicht – wie im aktuellen Eckpunktepapier skizziert – 60 Prozent der DRG als Vorhaltepauschalen ausgestaltet sein, sondern deutlich weniger.“

Ambulanter Bereich und Prävention könnten leiden

Auch das Problem der unzureichenden Übernahme von Investitionskosten in die Krankenhäuser sehen die Gutachterinnen und Gutachter durch die in den Eckpunkten skizzierte Vorhaltefinanzierung nicht gelöst: „So lange die Bundesländer ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, wird auch trotz der Reform die strukturelle Unterfinanzierung des Krankenhaussektors fortbestehen." Eine wirtschaftliche Sicherung von bedarfsnotwendigen, aber unterfinanzierten Standorten im Sinne der Daseinsvorsorge würde durch die Umsetzung der Vorhaltevergütung nicht erreicht.

Das PKV-Gutachten richtet ein besonderes Augenmerk darauf, in welchem Maße die Kostenträger in die Pflicht genommen werden sollen. So werde als eine Variante der Kostenverteilung diskutiert, die Versichertenzahlen als Maßstab zu nehmen. Das lehnen die Gutachterinnen und Gutachter ab: „Bei versichertenbezogener Finanzierung der Vorhaltevergütung werden die Kostenträger benachteiligt, die in Ambulantisierungs- und Präventionsmaßnahmen investieren, um Krankenhausfälle zu vermeiden oder zumindest in ihrer Fallschwere zu mindern.“

Als zielführende und faire Regelung plädieren die Autorinnen und Autoren stattdessen für eine Zuordnung nach Patientenfällen und deren Fallschwere.

„Geld ohne Leistung birgt große Risiken“

„Auch die PKV hält eine Krankenhausreform für nötig. Doch eine Vorhaltefinanzierung nach dem Motto ‚Geld ohne Leistung‘ birgt große Risiken“, kommentierte PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther die Ergebnisse des Gutachtens. „Es drohen massive Fehlanreize, wenn die Bezahlung sich nicht auf erbrachte Leistungen bezieht. Die Kliniken würden sich weniger am Bedarf der Patientinnen und Patienten ausrichten, sondern mehr an bürokratischen Verteilungskriterien. So blieben die wichtigsten Reformziele auf der Strecke: Qualität und Kosteneffizienz.“

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