Deutscher Apothekertag

Minister stößt mit Reformplänen auf herbe Kritik

pr
Mit seinen Plänen zur Flexibilisierung des Apothekermarktes stößt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf wenig Gegenliebe bei den Apothekern. Auf dem Verbandstag in Düsseldorf gab es heftigen Protest.

Nach den Plänen des Ministers sollen insbesondere flexiblere Rahmenbedingungen für Apotheken im ländlichen Raum geschaffen werden. Über die Vorhaben hatte kurz vor dem Deutschen Apothekertag, der gestern in Düsseldorf startete, die FAZ berichtet. Es solle unter anderem der Ausbau von Filial- und Zweigapotheken gefördert werden, ohne dass dort ein approbierter Apotheker vor Ort sein müsse. Die Nebenniederlassungen müssten künftig keine eigenen Herstellungs- und Laboreinrichtungen unterhalten. Sie unterlägen nicht mehr der Pflicht zu Nacht- und Notdiensten. Ferner solle die Rolle der Pharmazeutisch-Technischen Assistenten (PTA) aufgewertet werden, die per Telepharmazie Apotheker vertreten und Beratungen allein anbieten könnten.

Auch berichtet die Zeitung, dass den Plänen zufolge Apotheker künftig ohne Rücksprache mit den Ärzten und ohne neue Rezepte die Darreichungsformen austauschen, wirkstoffgleiche Medikamente in anderer Form abgeben oder statt eines Fertigarzneimittels eine Rezeptur selbst anfertigen können. Voraussetzungen seien, dass der Patient einverstanden sei und dass der Arzt nicht ausdrücklich etwas dagegen habe. Die Pläne seien noch nicht mit anderen Ressorts abgestimmt und unfertig, berichtet die Zeitung.

„Die Undankbarkeit des Ministers gefährdet die Arzneimittelversorgung“

Auf dem Deutschen Apothekertag war Lauterbach per Video zugeschaltet. Die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Gabriele Regina Overwiening, zeigte sich mit dem Auftritt des Ministers höchst unzufrieden, er sei wichtigen Fragen ausgewichen und wolle den Apotheken seine gefährlichen Vorhaben unterschieben. „Die verantwortungslose Undankbarkeit von Bundesgesundheitsminister Lauterbach gefährdet die sichere Arzneimittelversorgung der Menschen“, sagte sie. Und der Minister sei bereit, das Apothekensystem, das die Bevölkerung seit Jahrzehnten sicher versorge, gänzlich zu zerstören.

Filialen sollten zu bloßen „Arzneimittelabgabestellen“ herabgewürdigt werden. Auf dem Land werde das Apothekensterben zunächst ungebremst weitergehen, prognostizierte sie. Sie verwies auf Erfahrungen aus anderen Ländern wie etwa Dänemark, wo sich Filialapotheken fast ausschließlich in stark frequentierten Lagen und in Stadtnähe gegründet hätten. Auch für den Nachwuchs ergäben sich keine Anreize, eine Vor-Ort-Apotheke auf dem Land zu gründen.

Lauterbach weist Vorwurf der Geringschätzung zurück

Den Vorwurf einer Geringschätzung für den Apothekerstand wies Lauterbach in der Videoschalte von sich. Wie der Minister betonte, solle es darum gehen, die Möglichkeiten für inhabergeführte Apotheken zu erweitern, damit sie mehr Filialen führen könnten. Er sprach von Flexibilisierung der Möglichkeit, Zweit- und Filialapotheken zu fördern. Er sprach sich ferner gegen investorengeführte Apotheken und gegen eine Ausdehnung des Versandhandels aus. Apotheken seien überdies an der Speerspitze für die Digitalisierung im Gesundheitswesen.

Nie habe er von einer notwendigen Marktbereinigung im Apothekerwesen gesprochen. Der Erhalt der Apotheken sei für ihn ein wichtiges Ziel. Mit Bezug auf die Reformvorschläge, über die die FAZ berichtet hatte, sagte Lauterbach, diese seien in einem frühen Stadium und müssten diskutiert werden. Für Mitte Oktober seien weitere Gespräche anberaumt.

ABDA kündigt Protestmonat im November an

Als Reaktion auf die Aussagen und Pläne des Ministers kündigte ABDA-Präsidentin Overwiening an, dass die Apotheken im November einen Protestmonat organisieren wollen. Dabei soll es ab dem 8. November an jedem Mittwoch im November regionale Apothekenschließungen und zentrale Kundgebungen geben.

Der Deutsche Apothekertag tagt noch bis morgen. Im Zentrum der Debatten stehen Themen wie die schwache finanzielle und personelle Ausstattung von Apotheken, Standortschließungen und Versorgungsengpässe durch fehlende Niederlassungen und Arzneimittel.

pr
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