Internationale Studie

Neuer Test gegen falsche Penicillin-Allergie-Diagnosen

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Medizin
Etwa einer von 10 Menschen in den USA gibt an, an einer Penicillin-Allergie zu leiden. Schätzungen zufolge sind 95 Prozent der Diagnosen jedoch falsch. Jetzt könnte ein neuer Test Abhilfe verschaffen.

Beim Verdacht auf eine Penicillin-Allergie führt man bei Erwachsenen normalerweise spezielle Tests mit Prick- und intradermalen Hauttests durch, gefolgt von einer oralen Penicillingabe.

Allerdings ist das Vorgehen sehr ressourcenintensiv und beschränkt auf spezialisierte Ärzte und damit letztlich auf einen kleinen Bevölkerungskreis. Darum untersuchte eine internationale Studie jetzt, ob eine direkte orale Penicillingabe bei Erwachsenen mit einer Niedrigrisiko-Penicillin-Allergie – definiert als ein PEN-FAST-Score von weniger als 3 – sicher und wirksam ist im Vergleich zum Goldstandard.

Die randomisierte klinische Studie fand vom 18. Juni 2021 bis zum 2. Dezember 2022 in sechs spezialisierten Zentren, drei davon in Nordamerika (USA und Kanada) und drei in Australien, statt. Berechtigte Erwachsene hatten einen PEN-FAST-Score von weniger als 3.

PEN-FAST ist eine prospektiv abgeleitete und international validierte klinische Entscheidungsregel, die eine Point-of-Care-Risikobewertung für Erwachsene ermöglicht, die über Penicillinallergien berichten. Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip entweder einer direkten oralen Provokation mit Penicillin (Interventionsarm) oder einem Standard-of-Care-Arm mit Penicillin-Hauttests zugeteilt, gefolgt von einer oralen Provokation mit Penicillin (Kontrollarm).

Dem Goldstandard nicht unterlegen

Ergebnisse: Insgesamt wurden 382 Erwachsene randomisiert, wobei 377 Patienten (medianes Alter 51, 65,5 Prozent Frauen) in die Analyse eingeschlossen wurden: 187 in der Interventionsgruppe und 190 in der Kontrollgruppe. Die meisten Patienten hatten einen PEN-FAST-Score von 0 oder 1. Jeweils ein Patient in der Interventionsgruppe und in der Kontrollgruppe (jeweils 0,5 Prozent) zeigte eine vom Arzt bestätigte immunvermittelte Reaktion innerhalb einer Stunde nach der Intervention. In den fünf Tagen nach der oralen Penicillin-Provokation wurden neun immunvermittelte unerwünschte Ereignisse in der Interventionsgruppe und zehn in der Kontrollgruppe aufgezeichnet. Es traten keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse auf.

In der randomisierten klinischen Studie war die direkte orale Penicillin-Provokation bei Patienten mit einer Niedrigrisiko-Penicillin-Allergie im Vergleich zu Standard-Hauttests mit anschließender oraler Provokation nicht unterlegen, lautet das Fazit der Forschenden. Bei Patienten mit einer Anamnese mit geringem Risiko sei die direkte orale Penicillin-Provokation darum ein sicheres Verfahren, um eine einmal diagnostizierte Penicillin-Allergie zu überprüfen.

Dies sei dringend nötig, die Zahl der fälschlich diagnostizierten Penicillin-Allergien zu reduzieren, appellieren die Wissenschaftler, da die Folgeeffekte für Gesundheitssysteme und Patienten immens seien. Patienten, die eine Allergie gegen das Antibiotikum in ihrer Krankenakte vermerkt haben, müssten mit Ausweichpräparaten behandelt werden, die oft weniger wirksam, gleichzeitig aber teurer sind – und zu schwerwiegenden gesundheitlichen Komplikationen führen können.

Copaescu AM, Vogrin S, James F, et al. Efficacy of a Clinical Decision Rule to Enable Direct Oral Challenge in Patients With Low-Risk Penicillin Allergy: The PALACE Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med. 2023;183(9):944–952. doi:10.1001/jamainternmed.2023.2986

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