Wissenschaftlerin fordert Maßnahmen

Pandemie machte 1,1 Million Kinder weltweit zu Waisen

mg
Gesellschaft
Im Wissenschaftsmagazin Nature skizziert US-Gesundheitsforscherin Rachel Kidman eine bisher wenig beachtete dramatische Pandemiefolge: Es gibt 1,134 Millionen Kinder, die durch COVID ihre Eltern verloren haben.

Kidman zitiert in ihrem Artikel eine Veröffentlichung des US Centers for Disease Control and Prevention in der Fachzeitschrift T he Lancet . Danach haben allein in jenen 21 beobachteten Ländern, die den Großteil der SARS-CoV-2-Infektionen 2020 und 2021 meldeten, geschätzt 1,134 Millionen Kindern mindestens einen Elternteil durch COVID-19 verloren.

Die Gesundheitswissenschaftlerin appelliert, eiligst Forschungsergebnisse zu Waisen aus der HIV-Epidemie in Afrika zu nutzen, um der stetig weiter wachsenden Zahl betroffener Minderjähriger mit gezielter Unterstützung begegnen zu können.

Kidman nennt das sogenannte „Cash plus Care”-Prinzip als vielversprechende Strategie. Dieser Ansatz zielt darauf ab, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betroffenen Familie zu stärken und mit Maßnahmen zur Verbesserung der Betreuungsqualität zu kombinieren.

Erste Forderung: Geld und Betreuung für die Opfer

Weltweit habe sich gezeigt, dass finanzielle Interventionen direkten Einfluss auf die physische wie psychische Gesundheit sowie schulische Leistungen von Waisenkindern haben. Als nachahmenswertes Beispiel nennt Kidman den Twin Towers Orphan Fund , einen Fonds, der sich mit finanziellem Einsatz um die psychische Gesundheit und den Bildungsbedarf von 3.000 US-Kindern kümmert, die bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ihre Eltern verloren haben.

Gleichzeitig zeigen diverse Studien, so Kidman weiter, dass eine stabile, unterstützende Betreuung oft eine Schlüsseldeterminante für die Resilienz der Waisenkinder ist. Zudem bedeute sie für den überlebenden Elternteil eine extreme Entlastung.

Die Wissenschaftlerin sieht neben konkreten Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der akuten Situation außerdem dringenden Forschungsbedarf. An vielen Stellen sei offen, ob sich Ergebnisse aus der Forschung zu HIV-Waisen übertragen lassen.

Zweite Forderung: Neue Forschung ist notwendig

So zeigten etwa Kinder, die durch AIDS verwaist waren, schlechtere psychische Ergebnisse als Kinder, die aus anderen Gründen verwaist waren – was möglicherweise auf das Stigma und die Isolation zurückzuführen ist, wenn ein Kind einen oder beide Elternteile durch die Krankheit verliert. Aktuell sei völlig offen, ob Kinder, die durch COVID-19 zu Waisen wurden, ähnlich unverhältnismäßige Auswirkungen zu spüren bekommen. 

Rachel Kidman, Nature 596, 185-188 (2021), doi: https://doi.org/10.1038/d41586-021-02155-9

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