Protest in Potsdam

Zahnärzte in Brandenburg protestieren gegen Sparpolitik

mg
Nach Schalke, Köln und Berlin zeigten gestern Zahnärzteteams in Potsdam Bundesgesundheitsminister Lauterbach die „Rote Karte“. Die 400 Protestler bekamen dabei Unterstützung aus Ärzteschaft und Politik.

Der Verband der Zahnärztinnen und Zahnärzte Land Brandenburg hatte dazu aufgerufen, ab 15 Uhr vor dem Landtag in Potsdam gegen den Notstand der zahnärztlichen Versorgung im Land und den rigiden Sparkurs der Bundesregierung im ambulanten Bereich zu protestieren. Vorab wurden knapp tausend Protestbriefe der brandenburgischen Zahnärzte unter dem Motto „Faule Zähne – Faule Politik“ gesammelt. Diese werden nun an das Bundesgesundheitsministerium gesandt.

„Es droht der Praxen-Kollaps“

„Viele Kolleginnen und Kollegen haben die Nase voll von einer Politik der ständigen Einsparungen und des mangelnden Respekts vor ihrer Arbeit und verleihen ihrem Protest in einer Aktion vor dem Landtag Ausdruck. Die zahnärztliche Versorgung in Brandenburg steht vor mehreren gravierenden Problemen: Nachwuchs- und Fachkräftemangel, chronische Unterfinanzierung, Überlastung durch wachsende Bürokratie und somit keine Zeit für unsere Patientinnen und Patienten“, so Dr. Romy Ermler, Vorsitzende des Verbands der Zahnärztinnen und Zahnärzte Land Brandenburg und Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer. “Die Politik ignoriert diese Probleme aber geflissentlich und denkt nur an die Zahnärzteschaft, wenn wieder Geld im Gesundheitssystem eingespart werden muss. Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht schnell und signifikant verbessern, droht in Brandenburg bald der Kollaps der Zahnarztpraxen.“

Jürgen Herbert, Präsident der Landeszahnärztekammer Brandenburg, fand deutliche Worte: „Minister Lauterbach flutet das Gesundheitswesen mit Bürokratiemonstern. Insbesondere das neue Digitalgesetz ist völlig unausgereift. Er hat in Harvard studiert und ihm schwebt wohl ein staatliches Gesundheitswesen wie das NHS vor. Dieses bietet zum Beispiel bei Rentnern nur einen erheblich eingeschränkten Behandlungsumfang an. Zahnmedizin existiert dort nur rudimentär.“

„Mit der gesetzlichen Neuregelung zur Budgetierung der neuen Parodontitis-Behandlung auf dem alten Niveau von 2021 hat Minister Lauterbach Patienten und Zahnärzte in Deutschland regelrecht betrogen“, ergänzte Dr. Eberhard Steglich, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Land Brandenburg.

Brandenburgs Landesgesundheitsministerin besuchte ebenfalls die Protestkundgebung. Sie unterstütze die Forderung nach Bürokratieabbau, sagte Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen) und kommentierte noch ein weiteres heißes Eisen. Medizinische Versorgungszentren, insbesondere von Investoren betriebene, seien „keine Lösung für das Land Brandenburg“, sagte sie und versprach der vertretenen Zahnärzteschaft, in Bälde eine Bundesratsinitiative zu starten.

Auch die brandenburgische Ärzteschaft steht an der Seite der Zahnärzte: „Wir unterstützen den Protest der Zahnärzteschaft voll und ganz. Denn auch die ambulante medizinische und psychotherapeutische Versorgung wird kontinuierlich kaputt gespart“, erklärte Catrin Steiniger, Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg. "Die Probleme sind ganz ähnlich: Unsere Praxen werden nicht auskömmlich finanziert, wir haben einen Fachkräfte- und Nachwuchsmangel, beschäftigen uns einen Tag pro Woche mit Bürokratie und ärgern uns täglich über gesetzlich vorgeschriebene, aber unausgegorene und defektanfällige IT-Lösungen. Wenn die Politik jetzt nicht handelt, wird es notgedrungen zu spürbaren Einschnitten in der ambulanten Versorgung kommen.“

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