Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht

Zwischenfazit: Nur wenige Betretungsverbote, selten Geldbußen

LL
Gesellschaft
Seit Mitte März gilt die Impfpflicht für Beschäftigte in der Pflege und im Gesundheitswesen. Doch an der Durchsetzung hapert es. Nur sehr selten kommt es zu Sanktionen, zeigen Recherchen.

Wer vulnerablen Menschen beruflich besonders nah kommen muss, um sie zu versorgen, der muss seit dem 15.  März 2022 einen Nachweis über eine vollständige Impfung gegen SARS-CoV-2 beziehungsweise einen aktuell geltenden Genesenennachweis vorlegen. Andernfalls können Bußgelder oder sogar ein Tätigkeitsverbot drohen, heißt es im Infektionsschutzgesetz.

Nach dem Inkrafttreten der umstrittenen Maßnahme machte sich die Sorge unter den nicht geimpften Beschäftigten breit, möglicherweise den Arbeitsplatz zu verlieren. Einrichtungen fürchteten um wichtige Fachkräfte bei ohnehin schon dünner Personaldecke.

Bundesländer gehen unterschiedlich vor

Tatsächlich zeichnet sich rund vier Monate nach der Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ein anderes Bild ab: Eine Abfrage von 2ZDF heute" und "Bild am Sonntag" bei den 16 Landesgesundheitsministerien zeigt, dass Verstöße bislang nur selten geahndet wurden, wobei es in den Ländern Unterschiede gibt. Laut den Berichten ließen sich 200.000 Angestellte in der Pflege und im Gesundheitswesen bislang nicht impfen. Insgesamt sei die Impfquote mit bis zu 95 Prozent in dieser Bevölkerungsgruppe aber sehr hoch und liege weit über dem allgemeinen Bundesdurchschnitt von 76,1 Prozent.

Wie "ZDF heute" berichtet, wurden bundesweit bislang 1.612 Bußgeldverfahren in Zusammenhang mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht eingeleitet. In 21 weiteren Fällen wurde ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot verhängt. In neun Ländern wurde noch kein einziges Bußgeld verhängt oder Tätigkeitsverbot ausgesprochen. Allerdings wollen einige der angefragten Gesundheitsministerien keine Angaben zu laufenden Verfahren machen.

Die meisten Bußgeldverfahren wurden in Rheinland-Pfalz verhängt, es sind bislang 1.022. Auf dem zweiten Platz liegt Baden-Württemberg mit 450 Verfahren. Auch die Höhe der Geldbußen unterscheidet sich je nach Bundesland. Die Recherchen der BamS zeigen, dass einige Länder überhaupt keine Sanktionen verhängen, etwa Bayern, Hessen, Sachsen und Bremen. Das Blatt schreibt von 70 Betretungsverboten, 66 davon in Nordrhein-Westfalen, zwei in Niedersachsen und zwei in Brandenburg.

Bayern plädiert für komplette Abschaffung der Impfpflicht

Die Erhebung zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist unter anderem deshalb so schwierig und nicht vollständig, weil die Länder das Bundesgesetz unterschiedlich schnell umsetzen. Laut "ZDF heute" wurden mehrstufige Verwaltungsverfahren entwickelt, Fristen festgelegt, erneut zum Nachweis aufgefordert, mit den Betroffenen gesprochen und zu jedem Verfahren eine Einzelfallprüfung angesetzt. Es gehe vorrangig darum, die Versorgung in den Einrichtungen zu sichern, heißt es. Das Sozialministerium Sachsen erklärt etwa, der „Ermessensspielraum ist so zu nutzen, dass die Versorgungssicherheit der betroffenen Einrichtung nicht gefährdet wird".

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat den Bund überdies aufgefordert, die einrichtungsbezogene Impfpflicht zum 30. September vorzeitig auszusetzen, teilt das Bayerische Gesundheitsministerium mit.

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