Gastkommentar

Auf der rot-grünen Spur

Die Regierung Schröder habe die neue Wahlperiode mit einem Fehlstart begonnen. So wird gesagt. Das stimmt. Doch in der Politik ist vieles anders als im Sport. Leider?!

Walter Kannengießer
Sozialpolitik-Journalist

Wer sich im Sport unfair einen Vorteil verschafft, der wird disqualifiziert. Wem es gelingt, die Wähler zu täuschen, dem fällt die Macht zu. Wenn ein Sprinter beim Start patzt, so werden alle Läufer zurückgepfiffen. Beim zweiten Mal wird der „Sünder“ vom Rennen ausgeschlossen. Der Kanzler hat schon 1998 beim Start in seine erste Regierungszeit gepatzt. Die Wähler haben ihn nicht zurückgepfiffen, sondern ihm eine zweite Chance verschafft. Aber auch die hat Schröder mit einem Fehlstart vertan. Doch er kann weiterregieren, auch wenn ihm jetzt immer mehr Bürger die rote Karte zeigen.   

Unser Land, seine Bürger und Rot/Grün gehen schweren Zeiten entgegen. Vor der Wahl haben Schröder, Eichel, Müntefering und Co. noch so getan, als wenn sie alles im Griff hätten: die Konjunktur, die Staatsfinanzen und die Sozialsysteme. Jetzt wird für jedermann sichtbar, dass die Wirtschaft stagniert, die Defizite bei Bund, Ländern und Kommunen sowie in den Sozialkassen dramatisch wachsen. Die Koalition bietet nicht die Perspektive, dass es in absehbarer Zeit besser werden könnte. Die Wirtschaftsinstitute werfen der Koalition sogar vor, die Wachstumschancen durch ihre Finanzbeschlüsse um einen halben Prozentpunkt des Brutto-Inlands-Produkts (BIP) zu verschlechtern. Für 2002 wird nur noch ein Wachstum von höchstens 0,4 Prozent und für 2003 von 1,4 Prozent erwartet. Damit ist der weitere Anstieg der Arbeitslosigkeit programmiert, trotz Hartz. Das Steuerund Abgabenpaket der Koalition entmutigt Investoren und Leistungsträger. An sinnvollen Spar- und Reformbeschlüssen fehlt es dagegen. Die Weichen werden in Richtung Umverteilung und Nivellierung gestellt. Gerechtigkeitspolitik nennt man das, obwohl Gleichmacherei immer mit Wachstums- und Wohlstandsverlusten verbunden ist. Der „kleine Mann“ hat nichts davon, wenn am Ende weniger zu verteilen ist. Die Konsequenzen dieser Politik bekommen vor allem die Arbeitslosen zu spüren, denen die Chance genommen wird, einen Arbeitsplatz zu finden. 

Dass in die Öko-Steuer auch die energieintensiven Unternehmen einbezogen werden, beweist nur, dass das ganze Konzept nicht stimmig ist. Die Entscheidung, alle Veräußerungsgewinne von Wertpapieren und Immobilien in die Besteuerung einzubeziehen, bedeutet, dass eine Wertzuwachssteuer eingeführt wird. Das hat nichts mehr mit der Erfassung von spekulativen Gewinnen zu tun. Im Gegenteil: Vermögenssubstanz und Scheingewinne könnten erfasst werden. Die Wiedereinführung der Vermögensteuer und die Verschärfung der Erbschaftssteuer ist nicht vom Tisch. Das sollen die Länder betreiben. An das Ehegatten- Splitting hat man sich noch nicht getraut; die Diskussion darüber ist aber nicht beendet. Auch von der „Dienstwagen- Steuer“ werden vor allem die „Besserverdienenden“ getroffen. Der wohl unvermeidliche Abbau der Eigenheimzulage wird als familienfreundliche Maßnahme kaschiert. In der Sozialversicherung steigen die Beitragsätze weiter. Durch die zusätzliche Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen werden wiederum die „Besserverdienenden“ getroffen. Sie erhalten in der gesetzlichen Rentenversicherung zwar höhere Anwartschaften; doch ist nicht damit zu rechnen, dass diese später auch eingelöst werden. Das wird sich auch als ein Schlag gegen die Riester-Rente erweisen.  

Schröder hat das Geheimnis, wie er mit Steuer- und Beitragserhöhungen, mit steigenden Schulden und Umverteilungspolitik die Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft überwinden und die Arbeitslosigkeit abbauen will, noch nicht gelüftet. Derzeit folgen nur die Gewerkschaften der rotgrünen Spur. 

Gastkommentare entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

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