Gastkommentar

Die Reform des G-BA als Chance

Die über das Versorgungsgesetz vorgesehenen strukturellen Änderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses werden die Stellung der zahnärztlichen Selbstverwaltung festigen, meint Julian Visarius, gesundheitspolitischer Fachjournalist im LetV Verlag.

Das Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VSG) scheint – zumindest was die groben Linien angeht – zwischen den Akteuren zementiert. Detailarbeiten stehen an, Forderungen einzelner Interessenverbände werden laut, sodass Modifikationen am vorliegenden Referentenentwurf höchstwahrscheinlich und laut BMG auch gewollt sind.

Ein Erfolg für die Zahnärzteschaft ist die Reform des vertragszahnärztlichen Vergütungssystems, von der Zahnärzteschaft lange gefordert und endlich erreicht – das Ende der Budgetierung durch Aufgabe der Grundlohnsummenanbindung, mehr Handlungsspielräume für regionale Vertragspartner und die einmalige Ermittlung landesdurchschnittlicher Punktwerte.

Für die Zahnärzteschaft – und gerade für sie – ist die Umstrukturierung des G-BA ein bedeutendes Thema: Avisiert ist die Stärkung der Neutralität der Unparteiischen.

Sie dürfen in den letzten drei Jahren nicht mehr bei den Trägern und ihrer Basis tätig gewesen sein. Der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags hat ein Widerspruchsrecht, das Vorschlagsrecht obliegt weiterhin den Trägerorganisationen. Stimmen nicht betroffener Leistungserbringerorganisation können auf betroffene Leistungserbringerorganisationen übertragen werden. Bei Ausschluss von Leistungen bedarf es eines Mindestquorums von ungefähr zwei Dritteln (Neun Stimmen). Stellungnahmeberechtigte Verbände und Institutionen erhalten ein mündliches Anhörungsrecht. Die Länder beraten bei Beschlüssen zu Bedarfsplanungsrichtlinien mit. Der G-BA ist zur Abschätzung entstehender Bürokratiekosten verpflichtet. Spezifische Entscheidungsgremien, die Übertragung von Stimmen auf direkt betroffene Leistungserbringerorganisationen, sind eine Antwort auf eine langjährige Forderung. Warum sollte man ohne die entsprechende fachliche Kompetenz dazu verpflichtet sein, über die Belange anderer – wie zum Beispiel Krankenhäuser – zu entscheiden?

Andererseits bietet gerade die Zahnheilkunde aus dem Blickwinkel einer ganzheitlichen Betrachtung nicht zu vernachlässigende sektorenübergreifende Ansätze. Aber dies ist eine alte Diskussion unter den Leistungserbringern, die sich gelegentlich untereinander den Vorwurf machen, aus taktischen Gründen mit der GKV zu stimmen.

Mit dem GKV-VSG gewinnt der G-BA durch neue ihm zugewiesene Aufgaben an Machtfülle durch Regelungskompetenz, damit an Bedeutung für das Gesundheitssystem als untergesetzlichem Normgeber. Für manche ist das viel zu viel. Aber um mit Jens Spahn, dem gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion, zu sprechen: Wer sollte es sonst machen?

Dem oft geäußerten Vorwurf fehlender Transparenz soll mit neuen Möglichkeiten für die Industrie entgegnet werden – Beratungs- und mündliches Anhörungsrecht. Aber ist das schon Transparenz? Und wie weit darf Transparenz gehen, ohne die Vertraulichkeit zu verletzen? Das „Veto-Recht“ des Gesundheitsausschusses bei der Benennung der Unparteiischen wird neben der bereits vorhandenen Legitimation durch die Sozialwahlen ein weiteres demokratisches Element in der Selbstverwaltung etablieren. Auch die stärkere Einbindung der Länder kann dazu einen Beitrag leisten. So wird dem G-BA nicht nur ein Mehr an Transparenz, sondern auch ein Mehr an Föderalismus verordnet, zumindest bei der Bedarfsplanung. Die sonst verschlossen scheinenden Tore des G-BA öffnen sich mit dem GKVVSG ein Stück weiter nicht nur für die Länder, sondern auch für die Industrie.

Die Stellung des G-BA wird durch die Neustrukturierung und durch die Erweiterung der Kompetenzen gefestigt. Auch die Zahnärzteschaft wird mit ihrem Engagement, bei allen Kritikpunkten, davon profitieren.

Aber noch ist alles im Fluss.

Gastkommentare entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

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