Leitartikel

Kein Kuhhandel

Sehr geehrte Frau Kollegin,sehr geehrter Herr Kollege,

viel spekuliert wird dieser Tage, ob die von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler in Aussicht gestellten Konditionen zur Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte als Erfolg gewertet werden können. Die ersten Reaktionen reichen von großer, ehrlicher Erleichterung über die offenbar verhinderte Öffnungsklausel bis zur Enttäuschung über die unzulänglichen Honoraranpassungen. Auf uns, die wir in den letzten Jahren kontinuierlich und unermüdlich an diesem Thema dran waren, trifft letztlich beides zu: Bundeszahnärztekammer wie auch der GOZ-Senat sind sehr froh, dass es gelungen ist, den Gesetzgeber zu überzeugen, dass die Einführung einer Öffnungsklausel für das deutsche Gesundheitswesen einen nachhaltigen Systembruch bedeutet hätte. Welche Konsequenzen der von der PKV so vehement verfolgte Wechsel vom Payer zum Player des Systems bedeutet hätte, ist auch dem Gesetzgeber klar geworden. Dass damit eine wie auch immer geartete GOZ unterhöhlt und in ihrer eigentlichen Aufgabe hinfällig geworden wäre, ist im Ministerium angekommen. Das war ein hartes Stück Überzeugungsarbeit. Und am meisten beruhigt, dass die Privatversicherer mit diesem Ergebnis wohl nicht gerechnet haben. Wenn ein ansonsten so wohl geordnet agierender Gegner konsterniert ist, kann man mit der eigenen Strategie nicht falsch gelegen haben. Dennoch bedarf das alles einer weiteren aktiven Teilhabe. Argumentatorisch ist das Thema für den Bundesminister vom Tisch. Auf Länderebene bleibt das Ganze spannend. Wir werden uns auch hier gezielt aus Bundeswie auch Landesebene aktiv einbringen müssen, bis das Ganze ratifiziert auf dem Tisch liegt.

Weniger zufrieden können wir mit dem sein, was der Minister uns auf der Ebene der Honorarentwicklung in Aussicht gestellt hat. Und in der Tat geht es hier nicht um Pappenstiele, sondern um eine richtige Null vor dem Komma: Realiter hochgerechnet waren und bleiben es über 60 Prozent, die die Fortschreibung und sachgerechte Modernisierung einer über Jahrzehnte nicht angepassten Honorarordnung abfordert. Das war, so das rigoros immer wieder genannte Urteil des Ministeriums, für den Gesetzgeber nicht diskutabel. Jetzt liegt der erzielte Zuwachs bei über sechs Prozent – als effektiver Zugewinn! Hier geht es nicht, wie zwischenzeitlich fälschlich kolportiert, um einen Zuwachs, der aus schlichter Mengenausweitung resultiert. Es geht definitiv um Honorarerhöhungen. Das muss man wissen, wenn man sich Gedanken um die strategische Ausrichtung zahnärztlicher Interessensvertretung für die kommenden Wochen und Monate macht.

Vor allem darf uns in unserer Enttäuschung über das Quantum der lang ersehnten GOZNovelle eines nicht passieren: Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen, den qualitativen Erfolg einer verhinderten Öffnungsklausel mit etwaigen Honorarsteigerungen verrechnen zu wollen. Machen Sie diese Rechnung nicht ohne den Wirt. Der wartet nur darauf, eine neue GOZ über Sondervereinbarungen nach unten zu schrauben. Diesen Bärendienst möchte ich der Kollegenschaft ersparen.

Noch wissen wir leider nicht, ob die klammen Länderministerien sich der systemischen Argumentation Philipp Röslers anschließen werden. Bis wir das schwarz auf weiß haben, liegt noch ein hartes Stück Arbeit vor uns. Und wir müssen nach den bisher gemachten Erfahrungen der letzten Wochen und Monate davon ausgehen, dass auch der PKV-Verband sich von seiner derzeitigen Enttäuschung über die verlorene Schlacht erholen wird. Wir auf Bundesebene rechnen jedenfalls nicht damit, dass die privaten Krankenversicherer schon aufgegeben haben – zumal für sie ja auch noch die viel bedeutsamere Novelle der ärztlichen Gebührenordnung ansteht.

Die BZÄK wird sich jedenfalls nicht auf den von der PKV sicherlich begrüßten Kuhhandel einlassen, für „ein bisschen Mehr“ vor dem Komma den Untergang der Honorarordnung hinzunehmen. Denn das wäre mittelfristig die Folge einer Öffnungsklausel.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Peter EngelPräsident der Bundeszahnärztekammer

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.