KZBV zum Referentenentwurf für ein Digital-Gesetz

„Digitalisierung braucht keine Fristen und Sanktionen!“

pr
Mit scharfer Kritik reagiert die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) auf den Referentenentwurf zum Digital-Gesetz. Unverständlich sei vor allem die geplante Sanktions- und Fristenpolitik.

„Mit Unverständnis blicken wir auf die Fortsetzung der von uns immer wieder stark kritisierten Sanktions- und Fristenpolitik des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), die sich in dem vorgelegten Gesetzesentwurf erneut findet und kontraproduktiv auf die gesetzten Ziele wirkt,“ erklärte der Vorsitzende des Vorstands der KZBV, Martin Hendges, anlässlich der heutigen Anhörung zum Referentenentwurf im Bundesministerium für Gesundheit. Das BMG hatte vor Kurzem den Referentenentwurf des Digital-Gesetzes (DigiG) vorgelegt. Das seit Längerem angekündigte Vorhaben soll die im März 2023 vorgestellte Digitalisierungsstrategie des BMG umsetzen.

Die KZBV äußert sich kritisch zu dem vorgelegten Entwurf. Der im Gesetz geplante Ansatz habe in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Qualität der TI-Anwendungen sowie die Stabilität der Dienste gelitten hätten und die Zahnarztpraxen einen unnötigen Arbeitsaufwand hätten, um die Anwendungen gangbar zu machen. Sanktionen seien ein verfehlter Weg, um die Digitalisierung des Gesundheitswesens nach vorne zu bringen, heißt es weiter.

Hendges: „Dem BMG fehlt jedes Augenmaß“

Hendges dazu wörtlich: „Dem BMG fehlt jedes Augenmaß dafür, wie zielführend und berechtigt die Interessen der Anwenderinnen und Anwender sind. Ebenso sehen wir es kritisch, dass technische Aufgaben sowie Verwaltungslasten von den Kassen, wie zum Beispiel die Identifizierung der Versicherten, erneut in unsere Praxen verlagert werden sollen. Wir warnen davor, die Praxisteams über den bereits enorm hohen Bürokratieaufwand hinaus zusätzlich mit fachfremden Aufgaben zu belasten. Digitale und technische Innovationen müssen für die Zahnärztinnen und Zahnärzte zeitlich, wirtschaftlich und organisatorisch umsetzbar sein und für die Versorgung der Patientinnen und Patienten einen erkennbaren Mehrwert entfalten.“

Aus Sicht des Vorstandsvorsitzenden müssten dazu vor allem die zahnärztliche Berufswirklichkeit und die Belange der Anwenderinnen und Anwender in den Blick genommen werden. Mit und nicht gegen die Anwenderinnen und Anwender fänden sich die besten Lösungen für die Digitalisierung des Gesundheitswesens, betont er. Ein Beispiel gelungener Digitalisierung im Gesundheitswesen findet sich laut KZBV beim Elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahren (EBZ) der Zahnärzte, welches ohne Sanktionen mittels gestuftem Rollout flächendeckend in die Praxen eingezogen sei – inzwischen mit mehr als 5,5 Millionen gestellten Anträgen ein erfolgreicher Taktgeber in der TI.

Positiv: Teure Schnittstellen zum DEMIS sind vom Tisch

Auch auf die geplanten Regelungen zur elektronische Patientenakte (ePA) geht die KZBV ein. Hendges stellt klar, dass diese in erster Linie zu einer tatsächlich verbesserten Patientenversorgung führen müsste, dabei aber zwingend praxistauglich und die damit verbundenen Aufwände für die Zahnärztinnen und Zahnärzte handhabbar sein und perspektivisch zu einer Entlastung beitragen müssten. „Dies erfordert wiederum eine stärkere Berücksichtigung der Anwenderperspektive der Zahnärzte und ihrer Teams. Dabei geht es vor allem darum, dass nur strukturierte und aus dem aktuellen Behandlungskontext hervorgehende und für die Versorgung wichtige Daten erfasst werden und kein unnötiger ‚Datenfriedhof‘ entsteht.“ Ziel müsse laut Hendges ein reibungsloses, funktionales und aufwandarmes Befüllen und Datenmanagement sein.

Doch die KZBV unterstreicht auch positive Aspekte in dem geplanten Gesetz. Es sei hervorzuheben, dass endlich der Forderung der KZBV entsprochen wurde und die Zahnärzte von der unnötigen und kostenverursachenden Verpflichtung befreit werden sollen, Schnittstellen zum elektronischen Melde- und Informationssystem (DEMIS) vorzuhalten.

Hinsichtlich des elektronischen Rezeptes (E-Rezept) fordert Hendges, zu dem gestuften Verfahren zur Einführung zurückzukehren: „Insbesondere ist ein ausreichender Vorlauf mit schrittweise steigender Last erforderlich, um die Betriebsstabilität der Dienste zu gewährleisten und damit die Arzneimittelversorgung sicherzustellen. Das EBZ hat vorgemacht, wie es geht!“. Den Zahnarztpraxen in diesem Zusammenhang mit Vergütungskürzungen zu drohen, wenn sie nicht fristgerecht nachweisen, dass sie in der Lage sind, für die Verordnungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die elektronische Verordnung zu verwenden, bezeichnet Hendges als Hohn in Anbetracht des überdurchschnittlichen Einsatzes der Vertragszahnärzteschaft zum E-Rezept.

Anvisierte stärkere Interoperabilität ist sinnvoll

Das Ziel einer stärkeren Interoperabilität im Gesundheitswesen erachtet die KZBV grundsätzlich als sinnvoll und will dieses unterstützen. Allerdings sollte sie nicht als Selbstzweck oder zu Generierung großer Datenmengen zur Sekundärnutzung dienen, sondern primär der Verbesserung der Versorgung zugutekommen. Die Spezifikationen technischer, semantischer und syntaktischer Standards, Profile und Leitfäden müssen unter Einbeziehung der Zahnärzteschaft festgelegt werden. Sanktionsbewehrte Verpflichtungen zur kostenfreien Herausgabe und Übermittlung personenbezogener Gesundheitsdaten in einem interoperablen Format lehnt die KZBV nachdrücklich ab.

Zum Hintergrund: Im März hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seine „Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege“ vorgestellt und in diesem Zusammenhang das Digitalgesetz (DigiG) mit dem Kernstück elektronische Patientenakte (ePA) angekündigt. Inhalte des Strategiepapiers sind neben einer Vision und Zielen für die Digitalisierungsvorhaben auch regulatorische Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Strategieumsetzung. So sollen bis zum Jahr 2025 rund 80 Prozent der gesetzlich Versicherten über eine ePA verfügen, bis Ende 2025 sollen 80 Prozent der Nutzer, die in medikamentöser Behandlung sind, über eine digitale Medikationsübersicht verfügen und bis Ende 2026 sollen mindestens 300 Forschungsvorhaben unter Nutzung von Gesundheitsdaten aus dem FDZ Gesundheit durchgeführt und initiiert werden.

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) haben eine gemeinsame Stellungnahme zum Digitalgesetz verfasst. Diese finden Sie auf der Website der KZBV und der Website der BZÄK.

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