Bundesarbeitsgericht Erfurt

Frauen haben Anspruch auf gleichen Lohn

mg
Gesellschaft
Eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert nichts, wenn der männliche Kollege einen höheren Lohn fordert und der Arbeitgeber dem nachgibt.

Die Klägerin ist seit dem 1. März 2017 als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb beschäftigt. Ihr einzelvertraglich vereinbartes Grundgehalt betrug anfangs 3.500 Euro brutto. Ab dem 1. August 2018 richtete sich ihre Vergütung nach einem Haustarifvertrag, der die Einführung eines neuen Eingruppierungssystems regelte. Die für die Tätigkeit der Klägerin maßgebliche Entgeltgruppe des Haustarifvertrags sah ein Grundentgelt von 4.140 Euro brutto vor.

Dieser Haustarifvertrag sah auch folgende Deckelungsregelung vor: „Für den Fall, dass das neue tarifliche Grundentgelt das bisherige tarifliche Entgelt (…) überschreitet, erfolgt die Anpassung um nicht mehr als 120 Euro brutto in den Jahren 2018 bis 2020“.

In Anwendung dieser Bestimmung zahlte die Firma der Frau ab dem 1. August 2018 ein Grundentgelt in Höhe von 3.620 Euro brutto, das in jährlichen Schritten weiter angehoben werden sollte.

Neben ihr waren als Außendienstmitarbeiter im Vertrieb der Beklagten zwei Männer beschäftigt, einer davon seit dem 1. Januar 2017. Die Firma hatte auch diesem Arbeitnehmer ein Grundentgelt von 3.500 Euro brutto angeboten, was dieser jedoch ablehnte. Er verlangte für die Zeit bis zum Einsetzen einer zusätzlichen leistungsabhängigen Vergütung, das heißt für die Zeit bis zum 31. Oktober 2018 ein Grundentgelt von 4.500 Euro brutto. Die Beklagte gab dieser Forderung nach.

Klägerin ging durch drei Instanzen

Nachdem die Firma dem Arbeitnehmer in der Zeit von November 2017 bis Juni 2018 – wie auch der Klägerin – ein Grundentgelt von 3.500 Euro gezahlt hatte, vereinbarte sie mit ihm ab dem 1. Juli 2018 eine Erhöhung des Grundentgelts auf 4.000 Euro brutto. Zur Begründung berief sie sich unter anderem darauf, dass der Arbeitnehmer einer ausgeschiedenen, besser vergüteten Vertriebsmitarbeiterin nachgefolgt sei. Ab dem 1. August 2018 zahlte die Beklagte dem männlichen Arbeitnehmer ein tarifvertragliches Grundentgelt nach derselben Entgeltgruppe wie der Klägerin, das sich in Anwendung der „Deckelungsregelung“ des § 18 Abs. 4 des Haustarifvertrags auf 4.120 Euro brutto belief.

Mit ihrer Klage forderte die Frau die Zahlung rückständiger Vergütung für die Zeit von März bis Oktober 2017 von monatlich 1.000 Euro brutto, rückständige Vergütung für den Monat Juli 2017 von 500 Euro brutto sowie rückständige Vergütung für die Zeit von August 2018 bis Juli 2019 von monatlich 500 Euro brutto.

Sie vertrat die Auffassung, die Beklagte müsse ihr ein ebenso hohes Grundentgelt zahlen wie ihrem fast zeitgleich eingestellten männlichen Kollegen. Dies folge daraus, dass sie die gleiche Arbeit wie ihr männlicher Kollege verrichte. Da die Beklagte sie beim Entgelt aufgrund des Geschlechts benachteiligt habe, schulde sie ihr zudem die Zahlung einer angemessenen Entschädigung von mindestens 6.000 Euro.

Verhandlungsgeschick eines Kollegen ist kein Argument

Nachdem zunächst sowohl das Arbeitsgericht Dresden als auch das Landesarbeitsgericht Sachsen die ungleiche Bezahlung nicht für gerechtfertigt hielten und die Klage abgewiesen, hatte die Revision der Klägerin vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Firma die Klägerin in der Zeit von März bis Oktober 2017 sowie im Juli 2018 aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt hatte indem sie ihr für gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt gezahlt hat als dem männlichen Kollegen. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, heißt es im Urteil, das höhere Grundentgelt des männlichen Kollegen beruhe auf dem Umstand, dass der ein höheres Entgelt ausgehandelt habe.

Das Gericht folgte dem Antrag der Klägerin jedoch nur teilweise und sprach ihr eine Entschädigung von 2.000 Euro zu.

Bundesarbeitsgericht,
Az.: 8 AZR 450/21
Urteil vom 16. Februar 2023

Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht,
Az.: 1 Sa 358/19
Urteil vom 3. September 2021

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