Medizin

Stigmatisierung macht Adipöse psychisch krank

ck/pm
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Die Vorurteile, Abwertung, soziale Ausgrenzung und Diskriminierung, die Menschen aufgrund ihrer Adipositas erleben, führen oft zu psychischen Erkrankungen - und verstärken die Krankheit weiter, wie eine Studie jetzt aufzeigt.

Die psychische Belastung durch diese Stigmatisierung kann zu Depressionen, Angststörungen und oft sogar zu weiterer Gewichtszunahme führen. Welche Mechanismen dabei greifen, untersuchte Dr. Claudia Sikorski für das Integrierte Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) AdipositasErkrankungen in Leipzig.

Gerade weil Adipositas weiter zunimmt bei gleichzeitig nur wenigen wirksamen Behandlungsmöglichkeiten, sei es wichtig zu verstehen, welche Faktoren den Erfolg von Adipositastherapien vereiteln. Dazu analysierten Sikorski und ihr Team 46 wissenschaftliche Studien zum Zusammenhang zwischen der Stigmatisierung von stark übergewichtigen Menschen mit psychischen Belastungen und Störungen.

Anfällig für psychische Störungen

"Wir finden viele Risikofaktoren, die im Bereich psychischer Störungen etabliert sind, bei Menschen mit Adipositas stark ausgeprägt. Diese Risikofaktoren sind nicht etwas Spezielles für diese Gruppe, aber Menschen mit Adipositas scheinen, auch aufgrund von Stigmatisierung, eine erhöhte Häufigkeit dieser Faktoren aufzuweisen", sagt sie. Vor allem das in den Studien beschriebene herabgesetzte Selbstwertgefühl gilt als ein großer Risikofaktor für psychische Leiden wie Depressionen und Angststörungen.

Mangelndes Selbstwertgefühl als Risikofaktor

Was aber führt zu einer größeren Anfälligkeit adipöser Patienten für psychische Erkrankungen? Sikorski kommt zu dem Schluss, dass die Betroffenen ein vermindertes Selbstwertgefühl und eine verminderte Fähigkeit zur Problembewältigung (Coping) haben. Dazu kämen weitere Risikofaktoren wie die negative Selbstwahrnehmung, vermehrte Einsamkeit und der Mangel an sozialer Unterstützung.

Das Stigma wird internalisiert

Krankhaft übergewichtige Männer und Frauen nehmen außerdem Sikorski zufolge das negative Fremdbild, das sich durch die Stigmatisierung zeigt, als Selbstbild an. Experten sprechen von einem internalisierten Stigma oder Selbststigma. Gerade in einem Gewichtsreduktionsprogramm sei aber das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Kräfte unabdingbar, denn die Therapie der Adipositas erfordere mehr als bei anderen Erkrankungen viel Kraft, Engagement und Motivation des Patienten.

In der Adipositasforschung hat sich gezeigt, dass die Stigmatisierung und das Selbststigma zu einem ungünstigen Essverhalten und somit zur Erhaltung oder Verschlimmerung der Adipositas beitragen. Es entwickelt sich ein Teufelskreislauf aus Stigmatisierung aufgrund von Adipositas, mehr sozialem Rückzug, weiterer Zunahme des Gewichts und folglich immer stärkerer Stigmatisierung. Dazu kommt häufig noch die Erfahrung von Benachteiligung und Diskriminierung im sozialen und Berufsleben.

Wege aus dem Teufelskreis

Mit welchen Therapien kann man diesen Teufelskreis durchbrechen? "Für eine verbesserte Adipositastherapie ist unsere Arbeit wichtig, weil wir nicht darauf vertrauen können, dass sich die gesellschaftliche Wahrnehmung von Menschen mit Adipositas in absehbarer Zeit verbessert. Deshalb sollten wir den Betroffenen Mittel und Wege zum Umgang mit Stigmatisierung aufzeigen. Dies sollte möglichst integraler Bestandteil der Adipositastherapie werden", erklärt die 29-jährige Wissenschaftlerin.

Die Ergebnisse wurden jetzt im Fachjournal "Obesity" (doi: 10.1002/oby.20952) publiziert.

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