Volker Looman zur privaten Altersvorsorge

Gegenwart ist wichtiger als Zukunft!

Die private Altersvorsorge ist ein heißes Eisen. Sie ist absolut nötig, doch das ständige Trommeln, regelmäßig Geld auf die hohe Kante zu legen, um im Ruhestand finanziell nicht unter die Räder zu kommen, bewirkt in meinen Augen das Gegenteil: Die einen Anleger können das Trommeln nicht mehr hören, und die anderen Sparer sind wegen des Lärms längst taub. Die mangelhafte Bereitschaft zum Sparen liegt nicht allein an den Magerzinsen, sondern auch an der Tatsache, dass Altersvorsorge in vielen Fällen falsch verstanden wird. Es geht nicht allein um die Vorsorge fürs Alter, sondern auch um die Vorsorge in der Gegenwart. Ich bin mir sicher, dass die Bereitschaft zum Sparen viel höher wäre, wenn sich die Menschen wie weiland Goethe fragten: „Willst Du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Lerne nur das Glück ergreifen, denn das Glück ist immer da.“ Und wie sieht das Glück aus, wenn es um Geld geht?

Nehmen wir einen jungen Zahnarzt, 30 Jahre alt und seit zwei Jahren in Lohn und Brot. Er verdient brutto 4.000 Euro pro Monat. Davon bleiben nach Abzug der Sozialabgaben und Steuern etwa 2.300 Euro übrig. Soll sich der Mann tatsächlich Gedanken über die Rente in 40 Jahren machen? Ich bin der Meinung, dass sich der Jungarzt erst einmal darüber freuen sollte, überhaupt (bezahlte) Arbeit zu haben.

Ich weiß aus Erfahrung, dass väterlicher Rat nur selten auf Gegenliebe stößt, doch ich würde dem jungen Mann, wenn er mein Sohn wäre, fünf Dinge raten. Erstens: den Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung mit einer Deckung von 50 Millionen Euro. Zweitens: den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsrente von 2.000 Euro pro Monat. Drittens: den Aufbau eines Notgroschens von 10.000 Euro. Viertens: Karriere machen im Beruf. Fünftens: die richtige Frau fürs Leben finden. Das mag auf den ersten Blick wenig mit Altersvorsorge zu tun haben, doch bei genauem Hinsehen beginnt Altersvorsorge mit diesen Bausteinen. Da können Sie mir erzählen, was Sie wollen.

Rollen wir die Empfehlungen von hinten auf: Die letzten Punkte sind Themen für die Partner- und Stellenbörsen im hinteren Teil dieser Zeitschrift. Der Aufbau des Notgroschens ist ein kurzer Sparplan. Wenn der Zahnarzt bereit ist, monatlich 500 Euro zu sparen, wird die Reserve nach 20 Monaten stehen. Die stille Hoffnung, die Laufzeit mithilfe von Zinsen zu verkürzen, ist zurzeit völlig illusorisch. Bereits eine Spardauer von 19 Monaten setzt einen Jahreszins von 6,9 Prozent voraus, um auf einen Endbetrag von 10.000 Euro zu kommen. Folglich „muss“ für die kommenden Monate die Empfehlung lauten: Finger weg von Partys mit smarten Finanzberatern, Hände weg von langfristigen Sparverträgen, stattdessen 20 Monate lang Schein auf Schein aufs Girokonto! Das ist doch eine klare Ansage, oder?

Die beiden Versicherungen sind Vorsorge gegen Risiken, die der junge Akademiker aus eigener Tasche nicht mehr bezahlen kann.

Die monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente von 2.000 Euro kostet bei einer Leistungsdauer bis zum 67. Lebensjahr je nach Gesellschaft zwischen 80 und 100 Euro pro Monat. Die private Haftpflichtversicherung ist für etwa 100 Euro pro Jahr zu haben. Ich halte beide Verträge für nötig, doch mehr ist nicht notwendig. Hausrat-, Rechtsschutz- und Unfallpolicen kosten zwar nicht die Welt, doch ich weiß nicht, was diese Versicherungen im Haushalt eines 30 Jahre alten Mannes zu suchen haben. Und wie sieht die Altersvorsorge aus, wenn die 20 Monate verstrichen sind? Da hoffe ich natürlich, dass der Mann sowohl beruflich als auch privat ein Stück weitergekommen sein wird. Sonst muss der Zahnarzt wie beim Biathlon einige „Strafrunden“ drehen. Beim Geld gilt auf alle Fälle weiterhin das Motto, nicht in die Ferne, sondern auf die Gegenwart zu schauen. Wie groß ist zum Beispiel der Wunsch nach einem Auto? Wie stark ist das Verlangen nach einer Praxis? Wann wird das Eigenheim zum Thema? Die drei Wünsche sind nichts Neues, doch „neu“ scheint für jede Generation die Erkenntnis zu sein, dass langfristige Sparverträge und kurzfristige Ziele einfach nicht zusammenpassen. Das ist doch logisch oder sehen Sie das anders?

Wenn das erste Auto beispielsweise 15.000 Euro kostet, gibt es nur eine Lösung: 30 Monate lang 500 Euro sparen und wieder keine Gedanken darauf verschwenden, es gehe mit Zinsen schneller. Eine Rate weniger zwänge zu Zinsen von 2,91 Prozent pro Jahr, die es zurzeit aber nirgendwo gibt. Und Aktien verbieten sich in diesem Fall von selbst, weil das Risiko, während der zweieinhalb Jahre abzustürzen, viel zu hoch ist. In 50 Monaten wird die Frage zu beantworten sein, wie es mit der Praxis aussieht, und in 120 Monaten ist die Sache mit dem Eigenheim zu klären. Bis dahin sind weder Aktiensparpläne noch Rentenversicherungen, sondern Banksparpläne und Bausparverträge erste Wahl. Der Aufbau der klassischen Altersvorsorge mit Kapitalpolicen und Aktienfonds beginnt frühestens an dem Tag, an dem die Entscheidung gegen das Eigenheim gefallen ist und nach Möglichkeit keine Stunde früher! Daher wiederhole ich zur Sicherheit meine Warnung: Meiden Sie in jungen Jahren den Banker von vorne, den Fondsmanager von hinten und den Vermittler von allen Seiten, weil ihre und Ihre Ziele nicht miteinander vereinbar sind!

Kolumnen entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

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