Neue EU-Verordnung zu Medizinprodukten

Verschärfungen gelten nicht für Zahnärzte

Vier Jahre lang haben sie diskutiert, dann konnten sich die zuständigen EU-Gesundheitsgremien im Mai dieses Jahres auf eine Aktualisierung der Medizinprodukte-Verordnung verständigen, die ab 2019 greifen soll. Die Novellierung sieht strengere Regeln für die Zulassung von medizinischen Produkten wie Hüftgelenken und Herzschrittmachern vor. In der Zahnmedizin bleibt jedoch alles beim Alten.

Mit der neuen Verordnung soll, zusammenfassend gesagt, die Einführung neuer Medizinprodukte europaweit künftig besser überwacht werden. Gekoppelt wird dies mit einer geplanten stärkeren Marktüberwachung nach Einführung der Produkte. Mit der Einigung auf die Verordnung neigt sich das bereits über vier Jahre andauernde Gesetzgebungsverfahren dem Ende zu. Zur Erinnerung: Anlass für die Novellierung war für die EU-Kommission der Skandal um mangelhafte Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP). „Die Menschen in Deutschland und Europa haben ein Recht darauf, dass wir die richtigen Konsequenzen aus Skandalen wie beispielsweise um schadhafte Brustimplantate ziehen“, zitierte die Ärzte-Zeitung damals den gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU im EU-Parlament, Peter Liese über das Vorhaben.

Der Brustimplantate-Hersteller geriet in die Schlagzeilen, weil die von PIP eingesetzten Implantate rissen oder zu einem Austritt des Silikongels führten. Der Vorwurf: PIP habe für die Implantate widerechtlich mangelhaftes Industriesilikon verwendet. 2013 wurde Unternehmer Jean-Claude Mas in Frankreich wegen Betrugs schuldig gesprochen, ein Berufungsgericht bestätigte 2016 das Urteil. In Verruf geriet damals auch der TÜV Rheinland, der die Implantate als Medizinprodukt prüfte. Die Prüfstelle allerdings sieht sich selbst als getäuschtes Opfer von PIP – was nicht verhinderte, dass auch der TÜV verklagt wurde.

Um die Sicherheit für Patienten zu erhöhen, hat man sich in Brüssel auf folgende Punkte innerhalb der neuen EU-Verordnung geeinigt:

• Verpflichtend für alle EU-Staaten soll ein Implantate-Pass eingeführt werden, damit transparent wird, welche Implantate (Beispiel: Hüfte, Knie) ein Patient hat.

• Die Prüfstellen für Medizinprodukte (sogenannte „Benannte Stellen“) werden auch weiterhin die Produkte bewerten, allerdings künftig unter strengerer Kontrolle der nationalen Aufsichtsbehörden. Benannte Stellen sind Institute, wie etwa hierzulande TÜV oder DEKRA, die für Auftraggeber aus der Medizintechnik die Zulassungsprüfung durchführen. Medizinprodukte-Hersteller können sich europaweit eine dieser Stellen aussuchen, bei der sie ihre Produkte prüfen lassen wollen. Die Stellen müssen nun zukünftig nachweisen, dass ihre Prüfer qualifiziert sind, um Medizinprodukte zu bewerten. Die Verordnung schreibt vor, welche Qualifikationen notwendig sind. Die Überwachung der Benannten Stellen durch die zuständigen Behörden wird verstärkt.

• Für mehr Transparenz des Marktgeschehens soll eine EU-weite Datenbank eingerichtet werden. In ihr sollen alle in der EU am Markt befindlichen Produkte und die dazugehörigen Hersteller und Importeure registriert werden.

• Es soll ein Produktidentifikationssystem eingeführt werden. Ziel ist die Nachverfolgbarkeit der Produkte.

• Entsprechend der Risikoklasse (siehe Kasten) und der Art des Produktes sowie der Größe seines Unternehmens ist der Hersteller zu einer ausreichenden Deckungsvorsorge für den Fall einer Haftung verpflichtet. Die Hersteller werden nach der Markteinführung der Produkte unangemeldet kontrolliert.

An deutsche Standards angepasst

In einer Stellungnahme hat der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) die Novellierung der EU-Verordnung als Schritt bezeichnet „der die Patientensicherheit in Europa weiter verbessert“, so BVMed- Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt. Mit den neuen Regelungen werde das europäische Sicherheitsniveau „auf den hohen Standard der deutschen Regelungen angehoben“, so der BVMed. Durch die neuen Regelungen würden wichtige Elemente aus dem deutschen Recht auch auf europäischer Ebene eingeführt. Auch die Harmonisierung der nationalen Marktüberwachung in den EU-Mitgliedstaaten orientiere sich an der Koordination der Marktüberwachungs-Maßnahmen in Deutschland. „Deutschland hat in der Vergangenheit die Regelungen zur Zulassung und Überwachung von Medizinprodukten vorbildlich umgesetzt. Die europäische Harmonisierung dieser Regelungen wird zu einer weiteren Erhöhung der Patientensicherheit führen“, sagte BVMed-Geschäftsführer Schmitt.

Mehr Regularien für Unternehmen

Zahnmedizinische Medizinprodukte sind von der Novellierung nicht betroffen:

• Zahnimplantate müssen nach wie vor nicht auf dem geplanten Implantatepass aufgeführt werden.

• Die bisherige Risikoeinstufung der Medizinprodukte in die Klassen I, IIa, IIb und III bleibt bestehen. Zahnärztliche Provisorien sind weiterhin in Risikoklasse I und dauerhafte Implantate/Zahnersatz/Füllungsmasse in Risikoklasse IIa eingeordnet.

• Auch wenn sie Nanomaterial enthalten sollten, braucht es für Zahnfüllungen, Zahnspangen, Zahnkronen und Schrauben auch weiterhin keine klinische Prüfungen.

In einer Reaktion zielt der Leiter der Abteilung Europa l und Internationales bei der Bundeszahnärztekammer, Dr. Alfred Büttner, besonders auf die weiteren administrativen Konsequenzen der Reform ab: „Die neuen Regeln dürften die betroffenen Unternehmen und Verwender von Medizinprodukten vor allem mit neuen bürokratischen Anforderungen belasten.“

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Zum weiteren Vorgehen: Die neue Verordnung soll nach der Sommerpause von Europäischem Parlament und Rat offiziell angenommen werden. Drei Jahre nach Veröffentlichung im EU-Amtsblatt wird die neue Verordnung dann voraussichtlich ab 2019 in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar gelten.

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