Kritik an MDK-Behandlungsfehler-Statistik

KZBV: „Bitte keine weiteren PR-Rituale!“

14.133 Fälle zu vermuteten Behandlungsfehlern hat der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) 2018 begutachtet. In jedem vierten Fall wurde ein Fehler bestätigt. Das geht aus der aktuellen Statistik hervor, die heute in Berlin vorgestellt wurde. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) kritisiert die Auswertung als „schlagzeilenträchtiges PR-Ritual“.

Wie der MDK mitteilt, ist die Anzahl der Gutachten im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. In knapp jedem vierten Fall (3.497) bestätigten die Gutachter dabei den Verdacht der Versicherten. In jedem fünften Fall (2.799) stellte der MDK fest, dass der Fehler den erlittenen Schaden auch verursacht hat.

8 Prozent aller Vorwürfe betrafen die Zahnmedizin, inklusive Oralchirurgie und Kieferorthopädie (1.109 Fälle) - davon wurde bei 35,8 Prozent der Fehler bestätigt. Diese Daten ließen „keine generellen Rückschlüsse auf die Patientensicherheit insgesamt zu“, räumt der MDK in einer Stellungnahme ein. Die Zahlen seien nur repräsentativ für die vom MDK begutachteten Fälle, „aber nicht für alle Behandlungsfehler in Deutschland“.

MDK: „Die Dunkelziffer bei den Behandlungsfehlern ist hoch“

„Wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass auf jeden festgestellten Behandlungsfehler etwa 30 unentdeckte Fälle kommen. Die Dunkelziffer ist hoch“, sagte dann Dr. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des MDS, bei der Vorstellung der Statistik am 16. Mai in Berlin.

Die KZBV kritisiert die Auswertung des MDK: Krankenkassen und Medizinische Dienste würden regelmäßig solche Rankings und Reporte veröffentlichen - „über die nachweislich ausgezeichnete Versorgungsqualität in Deutschland sagen diese vermeintlich belastbaren Zahlenkolonnen wenig bis nichts aus“, betont Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV. „Vielmehr handelt es sich häufig um schlagzeilenträchtige PR-Rituale, die Patienten unnötig verunsichern, statt praktikable Lösungen für echte Verbesserungen aufzuzeigen. Angenommene Behandlungsfehler und angebliche Dunkelziffern lassen kaum seriöse Aussagen über die tatsächliche Versorgungsqualität zu.“

KZBV: „Patienten werden durch schlagzeilenträchtige PR-Rituale unnötig verunsichert“

Unter dem Deckmantel von Wissenschaftlichkeit und Patientensicherheit seien diese Auswertungen lediglich zu einem „politischen Kampfinstrument der Kostenträger geworden“, so Eßer. Dagegen leiste das System zahnärztlicher Qualitätsförderung täglich konkrete Beiträge für eine flächendeckend gute Versorgungsqualität.

Instrumente der Zahnärzteschaft zur stetigen Verbesserung der Patientensicherheit

  • Zu den wichtigsten Instrumenten zählt das Netz von Beratungsstellen bei KZVen und Kammern in den Ländern. Patienten erhalten dort kostenlos und fachlich kompetent Auskunft zu Behandlungen, Therapiealternativen, Kosten, Zweitmeinungsverfahren und Risiken bei bestimmten Eingriffen (https://www.patientenberatung-der-zahnaerzte.de).

  • Das Online-Berichts- und Lernsystem „CIRS dent - Jeder Zahn zählt!“ für Praxen ist ein weiterer Beitrag zu einem Mehr an Patientensicherheit (https://www.cirsdent-jzz.de).

  • Auch das kürzlich im Terminservice- und Versorgungsgesetz bestätigte, einvernehmliche Gutachterverfahren dient direkt den Patienten. Als bewährte Form der Überprüfung und Sicherung der Behandlungsqualität ist es bei Patienten, Zahnärzten und Kassen seit vielen Jahren anerkannt (https://www.kzbv.de).

  • Die Vertragszahnärzteschaft beteiligt sich zudem an der Entwicklung wissenschaftlicher Leitlinien und gewährleistet so eine Versorgung, die sich am aktuellen Stand zahnmedizinischer Forschung ausrichtet.

  • Zahnärztinnen und Zahnärzte bilden sich über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus fort, erweitern fortlaufend ihre Behandlungskonzepte und sichern ihren Patienten so die Teilhabe am zahnmedizinischen Fortschritt.

  • Gesetze und Richtlinien beinhalten eine Vielzahl verpflichtender Maßnahmen der Qualitätssicherung.

  • Alle Umfragen und Erhebungen weisen für den Berufsstand regelmäßig Spitzenwerte aus: Vier von fünf Patienten würden ihren Zahnarzt weiterempfehlen. Die Gesamtzufriedenheit ist damit höher als bei Haus- und Fachärzten.

Quelle: KZBV

„Die aktive Mitwirkung von Zahnärzteschaft und Praxispersonal ist dabei sehr ausgeprägt - das ist entscheidend! Qualitätsförderung und eine konsequente Fehlervermeidungskultur können nur in den Praxen nach dem Grundsatz 'Jeder Fehler ist einer zu viel' erfolgreich gelebt werden. Trotz höchster Standards lassen sich Fehler nie völlig ausschließen. Statt aber auf noch mehr Bürokratie und Bevormundung setzen wir als Berufsstand auf Beteiligung und Verantwortung, um die Patientensicherheit kontinuierlich weiter zu verbessern“, betonte Eßer.

Zum Hintergrund: Die MDK-Statistik

Gutachterteams des MDK prüfen laut eigenen Angaben Vorwürfe von Behandlungsfehlern im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen. Sie gehen dabei der Frage nach, ob die Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard und in aller Sorgfalt abgelaufen ist. Liegt ein Behandlungsfehler vor, wird außerdem geprüft, ob der Schaden, den Versicherte erlitten haben, durch den Fehler verursacht worden ist. Nur dann sind Schadenersatzforderungen aussichtsreich. Auf der Basis des MDK-Gutachtens können die Betroffenen entscheiden, welche weiteren Schritte sie unternehmen wollen.

Die Anzahl der jährlich begutachteten Fälle ist in den vergangenen zehn Jahren von rund 10.000 im Jahr 2008 auf 14.133 im Jahr 2018 gestiegen. Den größten Anstieg gab es zwischen 2012 und 2013. Die Anzahl der Fälle stieg in dieser Zeit um 17 Prozent von 12.000 auf knapp über 14.000. In den Folgejahren ist die Anzahl der Gutachten weitgehend stabil geblieben. 2017 waren die Begutachtungen erstmals seit 2012 leicht rückläufig; sie sind 2018 aber wieder um über 600 Fälle gestiegen.

| MDS/MDK

 

In der aktuellen MDK-Statistik betrafen zwei Drittel der Vorwürfe Behandlungen in der stationären Versorgung, zumeist in Krankenhäusern (9.433 Fälle); ein Drittel bezog sich auf Arztpraxen (4.649 Fälle).

Bei der Verteilung der Vorwürfe auf die Fachgebiete haben die Fälle aus Orthopädie und Unfallchirurgie mit 31 Prozent den größten Anteil. Das entspricht 4.349 Fällen. In 1.164 Fällen wurde ein Fehler festgestellt. Das entspricht einer Quote von 26,8 Prozent.

13 Prozent aller Vorwürfe betrafen die Innere Medizin und Allgemeinmedizin (1.792 Fälle), 9 Prozent die Allgemein- und Viszeralchirurgie (1.315 Fälle), ebenfalls 9 Prozent (1.231 Fälle) die Frauenheilkunde und Geburtshilfe, 8 Prozent die Zahnmedizin, inklusive Oralchirurgie und Kieferorthopädie (1.109 Fälle) und 5 Prozent die Pflege (794 Fälle).

| MDS/MDK

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