Editorial

Erst machen, dann handeln!

Uwe Axel Richter

Der Deutsche Zahnärztetag (DtZt) in Frankfurt, die Herbst-Vertreterversammlung (VV) der KZBV und die Bundesversammlung (BV) der BZÄK in Berlin sind nun Geschichte. Der DtZt glänzte mit einem alle Facetten zahnärztlicher Tätigkeit abdeckenden Programm.Bei der VV standen Digitalisierung, Selbstverwaltung und Sicherstellung der Versorgung auf der Agenda. Weiteres wichtiges Thema – der Minister sprach es bei seiner Rede auch prompt an – war die Erhöhung des Frauenanteils in den Gremien. Bei der BV stand ebenfalls das Bohren dicker Bretter an: die Fremdinvestorenproblematik, die unsägliche GOZ-Situation, die Förderung junger Kolleginnen und Kollegen in der Selbstverwaltung wie auch die datenschutzrechtlichen Probleme der Digitalisierung. „Dank“ des Dauerdrucks aus dem BMG – 24 Gesetze in 20 Monaten – und der zur ministeriellen Meisterschaft gebrachten Unsitte, in Gesetzesentwürfe permanent neue Regelungen für andere Gesetzesverfahren zu mischen – Spahn nennt es nonchalant „nachschärfen“ – herrscht an zu bearbeitenden Themen auch kein Mangel. Richten wir deshalb den Blick auf die „Highlights“.

Da verdienen die Reden von Minister Jens Spahn auf der VV wie die seines Staatssekretärs Dr. Thomas Steffen auf der BV schon besondere Aufmerksamkeit. Nun, nicht jedem ist Rednertalent gegeben, aber was Steffen zu den Themen Innovation und Digitalisierung zum Besten gab, ließ aufhorchen. In Israel – hier zeigte er sich geradezu enthusiasmiert –, „habe man den kürzesten Weg zur zweitbesten Lösung“. Heißt übersetzt: Machen und dann korrigieren! „Wir müssen lernen, auch Risiken einzugehen, diskutieren, wo die richtige Balance liegt zwischen Chance und Risiken. Wir müssen die Chancen zuerst sehen.“ Eine bemerkenswerte Kursänderung hin zu praktischer Politik? Iwo, denn die Risiken werden woanders abgeladen, Sie ahnen, bei wem.

Die Anträge in VV wie BV, dass in der TI die Verantwortung der Zahnärzte für den Datenschutz am Konnektor enden muss, sprechen Bände über die neue Risikoverteilung. Im Vergleich zu Steffen nahm sich Spahn deutlich mehr Zeit, lobte zahnärztliches Engagement (vulnerable Bevölkerungsgruppen), sonnte sich im Erreichten (Prophylaxe), und positionierte sich mit dem Argument, durch die vielen neu in die Selbstverwaltung verlagerten Aufgaben ein Freund eben jener zu sein – positiv formulieren (nicht denken!) war angesagt. Spahn bestand auf 100-prozentiger Anschlussquote an die TI, ansonsten Sanktionierung. Keine ausreichende Breitbandversorgung? Nicht des Ministers Problem. Und das leidige Problem der Investoren-MVZ? Es wird keine Bereichsausnahme für Zahnärzte geben. Punkt. Womit wir bei einem der wichtigsten Punkte sind, nämlich den Folgen des politisch gewollten Markteintritts der Fremdinvestoren in die zahnmedizinische Versorgung. Dass es in der Debatte auch emotional zur Sache ging – wer will es verdenken. Der perspektivisch brisanteste, so jedenfalls meine Wertung, ist der ohne Gegenstimme bei einigen Enthaltungen in der BV beschlossene Antrag 6.2.2: „Die Bundesversammlung der BZÄK bekräftigt ihre Auffassung zur Ablehnung von Fremdinvestoren in der zahnmedizinischen Versorgung. Ein Verkauf der Praxis an einen Fremdinvestor und/oder Angestelltentätigkeit in einem fremdinvestorengesteuerten MVZ ist nach Auffassung der Bundesversammlung daher mit dem Amt eines Kammer-Vorstandsmitgliedes unvereinbar! Ein Verhalten dieser Art schadet dem gesamten Berufsstand, da es die Glaubwürdigkeit der Forderungen der Zahnärzteschaft gegenüber der Politik und der Gesellschaft konterkariert und ist nicht hinnehmbar.

Die Bundesversammlung appelliert an alle derzeitigen und zukünftigen Mandatsträger der Kammern, sich dementsprechend zu verhalten.“ Ob die Auflösung dieses Konflikts mit der berufsrechtlichen Forderung nach zahnärztlicher Führung und Anteilsmehrheit an einem I-MVZ möglich wird, wird sich in der Umsetzung zeigen.

Was in diesem Beschluss jedoch mitschwingt, ist nicht nur die Einteilung in gute Z-MVZ und böse I-MVZ, sondern auch eine entsprechende Einteilung der angestellten Zahnärzte. Aber: Wenn angestellte Zahnärzte Freiberufler sind – und daran gibt es überhaupt keinen Zweifel – gilt das für jede Form einer zahnärztlich tätigen Anstellung. Die Politik kann sich zurücklehnen und das Schauspiel betrachten … Ein weiterer Spaltpilz ist gesetzt.

Dr. Uwe Axel Richter
Chefredakteur

Dr. Uwe Axel Richter

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