Onkologie

Niedrig dosierte ASS verhindert Neoplasien

Heftarchiv Medizin

Die Annahme, dass Azetylsalizylsäure (ASS, zum Beispiel Aspirin®) einen Einfluss auf die Ausbildung kolorektaler Neoplasien haben könnte, liegt vom Mechanismus und aus epidemiologischen Daten nahe. ASS blockt das Enzym Cyclooxigenase-2 (COX-2), das in höherer Konzentration in kolorektalen Tumoren gefunden wird. Es liegen nun zwei große Interventionsstudien vor [1], die diese These zu unterstützen scheinen, wenn Fachleute auch noch immer vor einer präventiven Anwendung von ASS warnen, da es ebenfalls ein gewisses Blutungsrisiko hat.  

In der ersten Studie wurden 635 Patienten mit einem kolorektalen Karzinom in der Anamnese eingeschlossen. Sie erhielten gegen Plazebo randomisiert täglich 325 Milligramm ASS in einer magensaftresistenten Galenik. Die Studie wurde wegen der Überlegenheit des Verums vorzeitig abgebrochen, so dass nur 517 der eingeschlossenen Patienten nach im Median 12,8 Monaten einer Kontrollkoloskopie unterzogen werden konnten. Bei 17 Prozent der ASS-Patienten fanden sich neugebildete Adenome, die als Vorstufe von Karzinomen gelten, jedoch bei 27 Prozent in der Plazebo- Gruppe. Der Unterschied war signifikant, die Risikoverminderung unter ASS für die Bildung eines Adenoms während der Beobachtungszeit betrug 0,64.  

In der zweiten Studie wurden 1 121 Patienten mit einem kolorektalen Adenom in der Vorgeschichte eingeschlossen. Je 372 Patienten erhielten pro Tag 325 oder 81 Milligramm ASS beziehungsweise Plazebo. Bei 1 084 Patienten erfolgte die erste Kontrollkoloskopie frühestens ein Jahr nach Einschluss in die Studie. Neugebildete Adenome fanden sich in den drei Armen der Studie bei 45, 38 beziehungsweise 47 Prozent der Patienten. Hier zeigte es sich, dass die höhere ASS-Dosis nicht zielführend war, die Verminderung der Adenombildung bei den Patienten unter niedrig dosiertem ASS jedoch immerhin dem Faktor 0,81 folgte. Für erhebliche Neoplasien, wie größere Adenome, schwere Dysplasien oder invasive Karzinome, lag dieser Faktor in dieser Gruppe sogar bei 0,59.

Fazit

Da sich die präventive Wirkung von niedrig dosiertem ASS auch auf die Bildung thromboembolöser Komplikationen erstreckt, empfiehlt sich die vorbeugende Einnahme für eine ganze Reihe von Patientengruppen, fraglos auch für jene, die zur Bildung kolorektaler Neoplasien neigen. Die günstigste Form der Prophylaxe wären hier magensaftresistente Präparationen, die auf dem deutschen Markt allerdings nicht mehr erhältlich sind. So sollte man auf möglichst niedrige Dosen wie 30 Milligramm ASS täglich ausweichen.

Hypothetisch ist in dieser Indikation noch die Anwendung der wesentlich besser verträglichen COX-2-Hememer, die sicherlich in nächster Zeit auch untersucht werden wird. T. U. Keil  

1] Robert S. Sandler et al. : N Engl J Med Band 348 (2003), S. 883–890, John A. Baron et al., ibid, s. 891–899.

 

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