Bei Prostata-Krebs besser abwarten
In diese Studie wurden zwischen 1989 und 1999 insgesamt 695 Männer unter 75 Jahren mit klinisch unauffälligem oder auf das Organ begrenztem Prostata-Adenom aufgenommen. Randomisiert wurde entweder eine radikale Prostataektomie durchgeführt oder die Patienten wurden ohne Therapie beobachtet. Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 6,2 Jahren stellt sich die Situation wie folgt dar:
• Die Gesamtmortalität unterscheidet sich in beiden Gruppen nicht signifikant. Sie liegt in der Interventionsgruppe bei 15,3, in der anderen Gruppe bei 17,8 Prozent. Allerdings sterben nur etwa die Hälfte der Patienten an den Folgen ihres Malignoms. Dadurch wirkt sich die Reduktion der tumorspezifischen Mortalität und Morbidität in der Interventionsgruppe kaum in der Gesamtmortalität aus.
• Die Lebensqualität der Patienten ist nach dem Eingriff vor allem durch – teilweise stärker belastende – Impotenz (80 beziehungsweise 45 Prozent) und durch schwere Harninkontinenz (18 beziehungsweise zwei Prozent) stärker vermindert als bei den Patienten, die gewartet hatten. Hier findet sich lediglich eine nicht signifikante Verminderung des Harnstrahls beim Wasserlassen als Einschränkung der Lebensqualität. Die Autoren der Studie, Lars Holmberg et al. (NEJM 347 (2002) 781-9), kommen zum Schluss, dass die Patienten besser fahren, die sich keinem invasiven Eingriff unterziehen, sondern unter kontrollierten Bedingungen abwarten. Ungeklärt bleibt noch der Wert der dritten Alternative, nämlich der Bestrahlung.
Kommentar
Der unbefangene Leser mag sich an die vielfach verfemte Argumentation des Chirurgen Julius Hackethal erinnert fühlen, der in Bezug auf solche Tumoren von einem „Haustierkrebs“ sprach, den man besser nicht stören sollte.
Ebenfalls bemerkenswert ist, dass der invasive Eingriff an der Prostata bei so vielen Männern eine Quelle der erektilen Dysfunktion ist, durch die ihre Lebensqualität empfindlich eingeschränkt wird. Dies wurde bislang von den operativ tätigen Urologen als Märchen abgetan. TUK