Protest-Aktionen gegen rot-grüne Reformen

Dienst nach Vorschrift

Zeitweise Praxisschließungen in Berlin, Brandenburg und Westfalen-Lippe, Protestkundgebungen in Deutschlands Großstädten, Aufklärungsaktionen für die Patienten: Die Aktionsliste der Heilberufe gegen Ulla Schmidts Reformpläne ist lang. Die Gesundheitsbranche mobilisiert ihren Widerstand.

Patienten sollten den „Streik“ in Praxen, die sich an den zeitweiligen Schließungen im Rahmen von Protestaktionen beteiligen, den Aufsichtsbehörden melden. Das forderten GKV-Vertreter wie auch die Bundesgesundheitsministerin als Reaktion auf die Maßnahmen, zu denen das Bündnis Gesundheit, die Kassenärztlichen Vereinigungen und der Hartmann-Bund aufgerufen hatten. Die Protestaktionen würden, so der wenig reflektierte Vorwurf, „auf dem Rücken der Patienten“ ausgetragen.

Schließung – nicht Streik

Von „Streik“ war allerdings nie die Rede. Der Sicherstellungsauftrag wurde durch entsprechende Notdienste oder organisierte „rollierende Schließungen“ gewährleistet. Durch erstmals am 22. Februar in Westfalen-Lippe praktizierte „passagere Praxisschließungen“ sollte, so der Hartmannbund, auf die staatlich verschuldete Misere aufmerksam gemacht werden. Mit einer mehrstufigen Informationskampagne „gegen den Ausverkauf des Gesundheitswesens“ knüpft auch das Bündnis Gesundheit an die November-Kundgebung in Berlin an. In Rostock, Potsdam, Hannover, Bremen und Stuttgart haben die Heilberufe mit Kundgebungen auf die katastrophalen Pläne für das deutsche Gesundheitswesen reagiert.

Im norddeutschen Rostock haben 3000 Teilnehmer, darunter 300 Zahnärzte und ihre Mitarbeiter, auf die verfehlte Politik aufmerksam gemacht. Dieser Schulterschluss von Ärzten und Zahnärzten gegen die Reformpläne, so BZÄK-Vize und LZK-Präsident Mecklenburg-Vorpommerns Dr. Dietmar Oesterreich, sei ein wichtiger und gelungener Auftakt für die Aktionen gewesen.

Als „zynisch und fern von jeglicher Realität“ bezeichnete der KZBV-Vorsitzende Dr. Rolf-Jürgen Löffler die Pläne der Gesundheitsministerin. Zu Recht schlage die gesamte Gesundheitsbranche Alarm: „Hier geht es um viel mehr als das Einfrieren von Honoraren bei steigenden Kosten. Patienten und Ärzten soll immer mehr Staat verordnet werden. Eine leistungsorientierte Versorgung bleibt zukünftig auf der Strecke.“

„Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“Paragraph 12 Absatz 1 Sozialgesetzbuch V

„Medizinische Qualität darf nicht politisch gesteuert werden“, warnte auch der KBVVorsitzende Dr. Manfred Richter-Reichhelm vor Journalisten in Berlin. Die beabsichtigte Zuteilungsmedizin führe zu „Wartelisten, schlechterer, aber gleichzeitig teurerer Versorgung und jeder Menge Frustration bei Patienten und Ärzten“.

Jetzt werden die KVen auf Länderebene die Konsequenzen deutlich machen, die die Politik „einer Hollandisierung des deutschen Gesundheitswesens“ hat. Die Ärzte, so die Vorstellung der KBV, sollen sich nur noch auf die vom Gesetzgeber gewollte Versorgung beschränken. Startpunkt für den „Dienst nach Vorschrift“, der den Maßgaben des Paragraphen 12 SGB V genau entspreche, ist die Bundeshauptstadt. Mit Beginn vom 29. Januar, so die Pläne der Berliner KV, soll fünf Wochen lang nach rollierendem Verfahren jede fünfte Praxis geschlossen bleiben.

Die Mängel aufzeigen

Wenn dieser Dienst nach Vorschrift tatsächlich zu „der von uns erwarteten Mangelreaktion“ in der Bevölkerung führe, so zeigt sich Richter-Reichhelm überzeugt, werde die Politik sehr schnell Signal geben, „dass sie dieses nicht mehr mag“. Inwieweit sich Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt von ihren Plänen abbringen lässt, hängt gerade vom Aufklärungsstand der Bevölkerung und ihrem Widerstand gegen diese Reformpläne ab.

Hier setzen die Aktionen an. „Statt mehr Bürokratie und immer neuer Vorschriften sollte das System entschlackt werden“, fordert der KZBV-Vorsitzende Löffler: „Die Politik sollte den mündigen Bürger endlich ernst nehmen und ihn nicht ständig in seinen Rechten beschneiden. Wir wollen auf gleicher Augenhöhe und mit gleich langen Spießen verhandeln.“ Ob die Proteste dazu beitragen können, werden die nächsten Monate zeigen.

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