Die BZÄK nimmt Stellung zu Fortbildung und Kompetenzerhalt des Zahnarztes

Eine staatliche Kontrolle ist überflüssig

Es besteht keine Notwendigkeit, vom Konzept einer freiwilligen zertifizierten Fortbildung abzuweichen, betont die Bundeszahnärztekammer. In einer Stellungnahme an die Gesundheitsministerkonferenz legte sie kürzlich den Stand der Aktivitäten des Berufsstandes auf dem Gebiet der Fortbildung dar. Die Lage bleibt gerade auch angesichts der neuen Reformvorstellungen im Gesundheitswesen brisant. Hier die Inhalte des BZÄK-Berichts in gestraffter Form.

Zur Erinnerung: Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hatte auf ihrer 75. Tagung im Juni 2002 in Düsseldorf einen Beschluss zur Rezertifizierung oder systematischen Darlegung der Kompetenzerhaltung im Gesundheitswesen gefasst. Darin steht auch die Forderung nach Zwangsfortbildung. Auch die Bundeszahnärztekammer ist aufgefordert worden, einen Bericht zu den Aktivitäten auf dem Gebiet der Fortbildung und des Kompetenzerhaltes einzureichen. Dieser liegt jetzt vor.

Besondere Brisanz erhält das Thema jetzt noch zusätzlich: Laut Presseberichten plant Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt im Rahmen ihres Reformvorhabens, dass Kassenärzte künftig ihre Zulassung nicht mehr auf Dauer erhalten sollen, sondern dafür Fortbildung nachweisen müssen und sich Qualitätschecks stellen sollen. Noch ist hier nichts in trockenen Tüchern, aber die Lage bleibt ernst.

In ihrem Bericht macht die Bundeszahnärztekammer ganz deutlich: Das in Deutschland etablierte System von Qualifikationserwerb und freiwilliger Dokumentation des Wissenserhaltes macht die Übernahme von staatlichen Kontrollsystemen aus anderen Ländern überflüssig (vergleiche auch zm-Titelstory Nr. 15/2002).

Das ärztliche Berufsethos, der Anspruch der Patienten an qualifizierte zahnmedizinische Behandlung und Betreuung, sind für Zahnärzte eine ausreichende Herausforderung zur regelmäßigen Überprüfung ihres Wissens und Könnens und zur kontinuierlichen Kompetenzentwicklung. Eine weitere Bürokratisierung des Gesundheitswesens durch Rezertifizierungsinstitutionen birgt zusätzlich die Gefahr einer an „Checklisten“ statt an den Bedürfnissen des einzelnen Patienten ausgerichteten Medizin. Nach Auffassung der Bundeszahnärztekammer besteht deswegen keine Notwendigkeit, vom Konzept einer freiwilligen zertifizierten Fortbildung abzuweichen.

Die Einführung einer Rezertifizierung wäre auch rechtlich problematisch, gibt die BZÄK zu bedenken. Sie wäre nur zu begründen, wenn ein fachlicher Mindeststandard zum Schutze der Gesundheit der Patienten gesichert werden müsste. Die zahnärztliche Fortbildung versuche jedoch, ein Spektrum der Zahnheilkunde zu eröffnen, das oberhalb von notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich angesiedelt ist. Aufgabe der Fortbildung sei es, eine moderne, innovative Zahnheilkunde zu vermitteln.

„Damit trifft den Gesetzgeber nicht nur eine Pflicht zum Schutz der Patientenrechte, sondern in gleicher Weise eine Pflicht zum Schutz und zur Förderung der Berufsfreiheit des tätigen Zahnarztes“, betont die BZÄK. Die Eigenverantwortung und Mündigkeit des Patienten einerseits sowie die Selbstverpflichtung des Arztes und die hier zugrunde liegenden ethischen Grundsätze andererseits sind Prämissen, die durch staatliche Zwangsfortbildung ad absurdum geführt würden. Man sei davon überzeugt, dass positive Anreize eine höhere und nachhaltigere Motivation zur ständigen Fortbildung und zum Kompetenzerhalt erzeugen.

Breit gefächertes Angebot

Die Zahnärztekammern haben die Pflicht, die berufliche Fortbildung ihrer Mitglieder zu gestalten und zu fördern. Dazu bieten sie ein breit gefächertes, alle Bereiche der Zahnheilkunde umfassendes – und qualitativ hochstehendes Programm mit Vorträgen, Seminaren, Kursen und aktuell auch Curricula an.

Die Zahnärztekammern evaluieren ihre Fortbildung regelmäßig. Die Bundeszahnärztekammer hat im Jahr 1993 eine bundesweite Erhebung zur Fortbildung durchgeführt (siehe zm 84/1994, S. 1992 – 1994). In den letzten Jahren wurden die Fortbildungsformen und -angebote weiter entwickelt:

• Aufbauend auf den guten Erfahrungen mit der Grundkursserie der Akademie Praxis und Wissenschaft (APW) der DGZMK werden systematische Curricula, die ein breites Themenspektrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde behandeln, angeboten, so zum Beispiel als „Initiativkreis umfassende Zahnerhaltung (IUZ)“ und das Curriculum Allgemeine Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der APW. Der zweijährige IUZ-Zyklus wurde und wird erfolgreich und mit großen Teilnehmerzahlen in vielen Zahnärztekammern durchgeführt.

• Strukturierte Fortbildung für bestimmte Gebiete der Zahnheilkunde mit systematischen Curricula im Bausteinprinzip wurde eingeführt. Die Serien werden von den kammereigenen Fortbildungsinstituten und der APW in zehn bis zwölf Wochenendkursen angeboten, inhaltlich und qualitativ gleichwertige Bausteine anderer Fortbildungsanbieter werden anerkannt. Die Nachfrage ist groß, höher als das Angebot.

• Qualitätszirkel als hervorragendes Mittel zum innerprofessionellen Erfahrungsaustausch und zur Kompetenzsteigerung setzten sich durch. Zahnärztliche Qualitätszirkel wurden 1995/96 in einem Modellversuch mit wissenschaftlicher Begleitung durch das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in Westfalen-Lippe eingeführt. Inzwischen gibt es über 250 zahnärztliche Qualitätszirkel mit zirka 2 000 bis 3 000 teilnehmenden Zahnärzten vornehmlich in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe. Eine vergleichbare Fortbildungsform, die so genannte study group nach amerikanischem Vorbild ist in Nordrhein sehr erfolgreich.

Repräsentative Erhebungen

Zur tatsächlichen Inanspruchnahme von Fortbildung durch Zahnärzte liegen folgende aktuelle Erhebungen vor:

•Umfrage der Poliklinik für zahnärztliche Prothetik, TU Dresden, 2000 (zm 91/2001, S. 2908 – 2911)

• Umfrage der Zahnärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, 2001 (ZÄKMV 2002) Bei beiden Umfragen handelt es sich um repräsentative Befragungen, einmal bezogen auf die Zahnärzte in Mecklenburg-Vorpommern, einmal bundesweit. In der bundesweiten Befragung von Böning/Spieckermann/ Walter gaben nur zwei Prozent der Befragten an, Fortbildungen oder Kurse als Wissensquelle für die eigene Tätigkeit gar nicht zu nutzen. Im Durchschnitt nahmen die antwortenden Zahnärzte 3,9 mal im Jahr an Fortbildungsveranstaltungen teil. Die Erhebung in Mecklenburg-Vorpommern ergab, dass 96 Prozent aller Zahnärzte an mindestens einer Fortbildungsveranstaltung teilnahmen, im Durchschnitt besuchte jeder Zahnarzt in Mecklenburg-Vorpommern 5,6 Fortbildungsveranstaltungen beziehungsweise Fachtagungen im Jahr. Das heißt nur vier Prozent der Zahnärzte in Mecklenburg-Vorpommern haben im Jahr 2000 überhaupt keine Fortbildungsveranstaltung besucht.

„Aufgabe der Fortbildung ist es, eine moderne, innovative Zahnheilkunde zu vermitteln.“ BZÄK

Die beiden Erhebungen machen deutlich, dass von einer mangelnden Fortbildungsbereitschaft nicht die Rede sein kann, im Gegenteil, die Zahnärzte in Deutschland bilden sich in erheblichem Maße fort.

Fortbildung und Kompetenzerhalt laufen jedoch nicht nur über organisierte Fortbildungsveranstaltungen, Kurse oder Fachkongresse. Als Informationsquellen spielen noch eine wichtige Rolle: Kollegengespräche, Fachbücher, Fachzeitschriften sowie – mit zunehmender Bedeutung – Datenbanken über das Internet. Auskunft darüber findet sich in der Studie von Böning/Spiekermann/ Walter.

Kritik nicht für Zahnärzte

Der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion hat sich in seinem Gutachten 2000/2001 kritisch mit der ärztlichen Fortbildung auseinandergesetzt und quantitative und qualitative Verbesserungsmöglichkeiten angesprochen (Band II, S. 59 f). Die dort geäußerte Kritik trifft aus Sicht der BZÄK jedoch nicht auf die zahnärztliche Fortbildung zu, die sich in einigen Aspekten deutlich von der ärztlichen Fortbildung unterscheidet:

• Die zahnärztliche Fortbildung wird ganz überwiegend aus Mitteln finanziert, die die Zahnärzte selber aufbringen, der finanzielle Aufwand pro Zahnarzt ist erheblich. Von der Pharmaindustrie geförderte Fortbildung spielt bei Zahnärzten keine Rolle.

• Für die zahnärztliche Fortbildung ist Praxisrelevanz ein wichtiges Kriterium. Gerade weil die Zahnärzte ihre Fortbildung fast ausschließlich privat finanzieren, werden vorwiegend solche Fortbildungsangebote von Zahnärzten ausgewählt, deren Inhalt und Ergebnisse sich in die Praxis umsetzen lassen und die praktische Kompetenzen vermitteln.

• Die zahnärztliche Fortbildung erfüllt in hohem Maße die Funktion des Forschungsund Wissenstransfers. Es gibt verschiedene Bereiche in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, die ohne eine intensiv betriebene Fortbildung noch längst nicht so durchgängig in der Zahnärzteschaft aufgenommen worden wären, weil diese Inhalte erst mit zeitlicher Verzögerung in die zahnmedizinische Ausbildung einbezogen wurden. Die Bundeszahnärztekammer hat „Leitsätze und Empfehlungen zur zahnärztlichen Fortbildung“ verabschiedet, die allgemeine Fortbildungsstandards definieren sowie Empfehlungen zur Durchführung, Organisation und Sicherung der Unabhängigkeit von Fortbildungsveranstaltungen aussprechen.

Pilotprojekte angelaufen

Als maßgeblichen Beitrag einer voraussetzungsorientierten Qualitätssicherung hat die BZÄK im Juni 2002 ein Konzept zum freiwilligen Fortbildungsnachweis mit dem Erwerb von Fortbildungspunkten verabschiedet und den Landeszahnärztekammern die Einführung empfohlen.

Ziel des vorgeschlagenen Konzeptes ist die Koordinierung der zahnärztlichen Fortbildung in Deutschland, um das zahnärztliche Fortbildungsangebot vergleichbar und transparent zu machen (Punktebewertung entsprechend ärztlichem und internationalem Gebrauch). Ziel des Konzeptes ist ferner, den Willen der Zahnärzteschaft zur Erhaltung der Einheitlichkeit des Berufsstandes, der Weiterentwicklung der Autonomie der zahnärztlichen Berufsausübung und zur Erhaltung und Weiterentwicklung der zahnärztlichfachlichen Kompetenz zum Ausdruck zu bringen. Das Konzept eines freiwilligen Nachweises von Fortbildung wurde in enger Anlehnung an die Vorschläge der Bundesärztekammer und der Akademie Praxis und Wissenschaft der DGZMK entwickelt. Zahnärzte, die belegen, dass sie sich freiwillig qualifiziert fortbilden, wird auf Antrag von der zuständigen Zahnärztekammer ein Fortbildungsnachweis (Zertifikat) ausgestellt.

Positive Anreize erzeugen eine hohe Motivation zur ständigen Fortbilldung. BZÄK

In einem auf drei Jahre angelegten Pilotprojekt, das zum 1. Januar 2003 in mindestens acht Kammern gestartet ist, soll die Durchführung, Akzeptanz und Effektivität des freiwilligen Fortbildungsnachweises erprobt werden. Bereits 2001 hat die DGZMK die Einführung eines allgemeinen Fortbildungssiegels beschlossen, um die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen im Sinne eines Qualitätsnachweises zu dokumentieren. Die DGZMK/APW hat sich der Punktebewertung der BZÄK angeschlossen, so dass jeder Zahnarzt nach einem einheitlichen System Fortbildungspunkte erwerben kann.

Die Fortbildungsangebote müssen bestimmte Anforderungen und qualitative Kriterien zur Methodik und Didaktik erfüllen, um für einen Fortbildungsnachweis anerkannt zu werden. Beim Punktesystem erhalten Fortbildungsformen mit aktiver Beteiligung der Teilnehmer und mit Lernerfolgskontrollen eine höhere Punktebewertung. Das Pilotprojekt soll wissenschaftlich begleitet und evaluiert werden.

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