Infektiologie

Erstmals Effizienz einer Impfung gegen Krebs belegt

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Mit den Mitteln eines Schwellenlandes hat Taiwan ohne Hilfe durch die WHO einen präventivmedizinischen Durchbruch geschafft und dokumentiert. Die landesweiten Impfprogramme gegen Hepatitis B führten zu einer signifikanten Verringerung der Zahl kindlicher Hepatome. Anlässlich einer Recherche vor Ort konnte sich der Autor vom eindrucksvollen Stand der Medizin auf Taiwan überzeugen.

Prof. Kun-yen Huang (Abb. 1), Vorstand des Nationalen Medizinforschungsinstituts und Gründungsdekan der Medizinischen Fakultät Cheng Kung Universität von Taiwan berichtete von einer im Westen fast unbekannten Erfolgsgeschichte der dortigen Medizin, durch die erstmals der onkologisch-präventive Wert von Impfungen belegt werden konnte.

Unter Federführung des Zentrums für Infektionskontrolle beim Gesundheitsministerium in Taipeh hat das Land seit 1980 energisch die endemische Hepatitis B attackiert. Hintergrund ist eine Infektionsrate von 15 bis 20 Prozent in der Bevölkerung mit jährlich 10 000 Todesfällen an Hepatomen und Leberzirrhosen bei einer Bevölkerung von damals weniger als 20 Millionen. Der Anteil infizierter Personen war zwar für asiatische Verhältnisse „normal“, betrug aber ungefähr das 100fache der industriell entwickelten Vergleichsländer USA oder Japan.

Gewöhnlich wird das Hepatitis-B-Virus vertikal unter der Geburt von der HbsAg-positiven Mutter auf das Neugeborene übertragen. Die Folge war, dass bereits Kinder zwischen sechs und 14 Jahren an Hepatomen erkrankten. Die jährliche Inzidenz betrug in den Jahren zwischen 1961 und 1986 0,7 pro 100 000 Einwohner.

Hepatom-Rate halbiert

In einer anfänglich zermürbend zähen Aufklärungsarbeit, so Prof. Huang, wurde der Übertragungsweg der Hepatitis B der Bevölkerung erläutert. Das zunächst vor der ersten Vakzine erhältliche Hyperimmunglobulin ließ sich aus Kostengründen und wegen des mit drei Monaten nur kurzfristigen Schutzes nicht in einer landesweiten Kampagne anwenden. Die Anfang der 80er Jahre entwickelten Impfstoffe aus dem Serum von Patienten waren ebenfalls aus Kostengründen nicht für eine große Präventionsaktion erreichbar. Immerhin konnte in Studien der Impferfolg gegen die Akutinfektion belegt werden.

Erst als Mitte der 80er Jahre mit Hilfe des Pasteur-Instituts in Paris eine eigene Vakzine gegen Hepatitis B entwickelt werden konnte, kam die Stunde für eine breite Impfung aller Neugeborenen von HbsAg-positiven Mütter. Nach 1986 wurden dann alle Neugeborenen (Abb. 2) erfasst. Eine Vorbedingung für den Erfolg der Kampagne erläuterte Prof. Huang nur nebenbei: Es war nötig, die perinatale Sterblichkeit drastisch zu senken. Nur so konnte vermieden werden, dass frühkindliche Todesfälle auf die neue Impfung bezogen wurden. Die kostenlose Impfung wurde zum Bestandteil der seit 1995 errichteten allgemeinen Krankenversicherung, die nach dem Vorbild der deutschen GKV als Solidarsystem mit differenzierten Zuzahlungen aufgebaut ist.

Der Erfolg dieser Präventivmaßnahme war bereits Anfang der 90er Jahre ablesbar, als ein Vergleich der Hepatomhäufigkeit bei der Gruppe der sechs- bis 14-jährigen Kinder möglich wurde und sich eine Halbierung der Häufigkeit belegen ließ (Abb. 3). Dies ist in der Tat der erste nachgewiesene Beitrag von Impfaktionen in der onkologischen Prävention.

Dengue-Fieber-Eradikation

Taiwan hat aus eigener Kraft eine ganze Reihe von Infektionsproblemen gelöst. Dazu gehört die Ausrottung von Erkrankungen wie Polio oder Malaria beziehungsweise die Entschlüsselung der teilweise endemischen Enteroviren. Schwierigkeiten hat Taiwan jedoch mit dem Dengue-Fieber, das immer wieder eingeschleppt wird und dann in der Lage ist, sich lokal im Umfeld des Erkrankten auszubreiten. Hier sind vor allem die tropischen Gebiete im Süden der Insel gefährdet.

Es gehört zu den Ungereimtheiten der Geschichte, dass nach der Aufnahme von Festlands-China in die UN und ihre Unterorganisationen wie die WHO, Taiwan aus diesen Organisationen ausscheiden musste. Seither ist es dem Land weder möglich, an den weltweiten Seuchen-Programmen, etwa zum Dengue-Fieber, zu partizipieren, noch die eigenen Erfahrungen, zum Beispiel mit dem Hepatitis-B-Programm, für die Weltgesundheit nutzbar zu machen. Manches ist, wie man sieht, mit eigener Kraft lösbar gewesen. Am Dengue-Fieber scheitert aber das relativ kleine Land, so lange die Krankheit in den Nachbarländern nicht im Griff ist. Hier wäre die Hilfe der WHO dringend geboten.

Folgerichtig strebt Taiwan in diesem Jahr wenigstens einen Beobachterstatus in der Weltgesundheitsorganisation an. Dann wird es auch möglich sein, die vielfältigen Aktionen auf dem Festland jenseits der Taiwan-Straße, die derzeit über Nicht-Regierungs-Organisationen laufen, offiziell zu fördern und auszubauen – sicherlich zum Wohle Taiwans und Chinas.

Dr. Till U. Keil 

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