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Völlig vorbei? Völlig daneben!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Verhandlungen um den neuen Bema für zahnärztliche Leistungen und die Richtlinien zur vertragszahnärztlichen Versorgung sind in der Zielgerade. Ab dem 1. Januar 2004 soll, so die Fristen des Gesetzgebers, das schon in den neunziger Jahren gestartete Mammutwerk in Kraft treten. Die letzten Entscheidungen traf der Erweiterte Bewertungsausschuss am 5. November. Mit dabei: der Tagesordnungspunkt „Implantologie“, der zumindest innerhalb der Zahnärzteschaft in den vergangenen Wochen für viel Wirbel sorgte. Dieser Punkt wurde nicht entschieden, sondern an den Bewertungsausschuss zurückverwiesen.   

Es geht um den gesetzlichen Auftrag, für bestimmte, besonders schwere Ausnahmefälle, zum Beispiel nach Trauma und Tumor, Leistungspositionen für Implantatversorgungen zu bilden und als Sachleistung für diesen Ausnahmebereich zu etablieren. Der Bundesausschuss definierte diese Ausnahmeindikationen im Sommer 1998. Daraufhin wurde in langwierigen Verhandlungen des KZBV-Vorstandes – unter Einbeziehung von Implantologen und Vertretern implantologischer Fachverbände – mit den Krankenkassen ein Katalog von Leistungsbeschreibungen erarbeitet. Am Ende dieser Katalogisierung im Januar 2001 wurden die jeweiligen Bewertungsvorschläge ausgetauscht. Sie lagen (und liegen immer noch) so weit auseinander, dass keine Einigung möglich war. Man einigte sich seinerzeit, zuerst die BEMA-Neurelationierung durchzuführen und im Anschluss daran den Problembereich Implantologie erneut aufzugreifen. Und so kam es, dass der Sachstand von 2001 weitgehend der Sachstand von 2003 ist. Und weil auch dieser KZBV-Vorstand Wert darauf legt, den zahnmedizischen – hier: implantologischen – Sachverstand nicht nur bei seinen Entscheidungen zu berücksichtigen, sondern sich vielmehr auch von ihm leiten zu lassen, saßen die Experten bis zum Schluss mit am Tisch  

Ich habe im Jahr 2000 eine Systematik vorgeschlagen, die auf der Basis differenzierter Schwerheitsgrade Leistungskomplexe mit entsprechenden Komplexgebühren vorsah. Diese BEMA-Komplexgebühren hätten keine Nähe zu GOZ und GOÄ gehabt. Leider war damals dieser Weg in den eigenen zahnärztlichen Reihen nicht durchsetzbar.

Weiterhin gilt für diesen Umstand der Schulterschluss mit den Implantologen. Wenn diese in einer Konsenskonferenz ihre Positionen überprüfen und neu formulieren, so nimmt der Vorstand der KZBV das aktiv auf. Entsprechend war unsere Haltung vor dem Erweiterten Bewertungsausschuss. Und entsprechend begrüßenswert ist der Beschluss des Ausschusses. Er macht erneut Arbeit, er macht sicher manches Kopfzerbrechen, er macht Probleme. Vor allem: Er macht Sinn! Business as usual.  

Wer jetzt angesichts knapper Fristen ein rigoroses Machtwort der Bundesausschussvorsitzenden und Neutralen erwartet hatte, hat deren Haltung zur Sache nicht verstanden. Sie nehmen ihre Aufgabe in der Sache schon ernst. Ihnen geht es nicht darum, für den Staat und dessen Kassen Geld zu schinden, zu sparen oder zu kürzen. Sie wollen zwischen den Verhandlungsgegnern einen praktikablen Interessensausgleich im Sinne einer funktionsfähigen zahnärztlichen Versorgung der Bevölkerung.  

Angesichts dieser schwierigen Verhandlungen kann man nicht behaupten, dass die in aller Öffentlichkeit geführte Torschluss-Diskussion der Zahnärzteschaft zur Implantologie hilfreich war. Sie hat vielmehr dem Verhandlungsgegner aufgezeigt, dass sich auch die Zahnärzteschaft in – dann leichter zu händelnde – Fraktionen zerlegen lässt.

Deshalb noch einmal zur Sache, gerade auch für die, die gegenwärtig ein – wohl berufspolitisch motiviertes – Kurzzeitgedächtnis an den Tag legen: Die Positionen der KZBV wurden von Beginn an mit den Implantologen abgestimmt. Auch mit denen, die heute vorgeben, im Tal der Ahnungslosen gelebt zu haben. In Beiratssitzungen wurden die Kollegen aus den KZVen über den jeweils aktuellen Sachstand informiert. Das Thema Implantologie war Teil der Tagesordnung unserer Vorstandssitzungen, damit den Gästen bekannt, auch wenn sie nicht im Detail informiert wurden.

Der jeweilige Stand der Verhandlungen wurde in den Zahnärztlichen Mitteilungen veröffentlicht. Wer jetzt der Meinung ist, er habe nichts gewusst, hat nicht zugehört, nicht mitgelesen, nicht nachgefragt. Wer jetzt behauptet, die Vorbereitung der Verhandlungen sei an ihm „völlig vorbei“ gegangen, liegt völlig daneben. High Noon? Daneben geschossen ist auch „vorbei“.

Mit kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzAmtierender Vorsitzender der KZBV

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