Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

nach Zustimmung des Bundesrates vom 17. Oktober hat der Volksparteienkompromiss des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) Rechtskraft. Ab Januar 2004 werden die staatlichen Fesseln für Patienten und Heilberufler also noch fester als bisher gezogen. Ein Erfolg des Gesetzgebers, durch erneute Sparmaßnahmen das lahme Sachleistungssystem noch einmal in die Gänge zu bekommen, wird aber schon jetzt bezweifelt: Das rund 470-Seiten-starke GMG birgt zu viele Fallstricke, die künftig die Handlungsfreiheit von Leistungsträgern und Patienten noch stärker einschränken werden, und darüber hinaus nicht wirklich sparen, sondern kosten.

Wie verquer von der großen Parteienseilschaft Seehofer und Schmidt gedacht wurde, zeigt das Beispiel Fortbildung: Auch wenn der künftig geltende Zwang zur Fortbildung in erster Linie auf die von der Pharmaindustrie mitgeprägte Fortbildung der Ärzte abzielt, gilt für Deutschlands Zahnärzteschaft hier „Sippenhaftung“. Es reicht offenbar nicht aus, dass dieser Bereich durch Kammergesetz und Berufsordnung umfassend geregelt ist. Es leuchtet offenbar nicht ein, dass die qualitativen Erfolge in der Zahngesundheit – die Deutschen nehmen im Weltvergleich eine Spitzenstellung ein – auch Ergebnis hochwertiger zahnärztlicher Arbeit sind. Es findet offensichtlich keine Beachtung, dass die Kammern hier durch ein neues Fortbildungskonzept ein noch höheres Niveau erreicht haben.

Der Gesetzgeber, getrieben vom Drang zur Vereinheitlichung, schert trotzdem alle Ärzte über einen Kamm. Differenziertes Denken scheint inzwischen nicht mehr Teil des staatlichen Vorgehens im deutschen Gesundheitswesens zu sein.

Dabei opfern Deutschlands Zahnärzte seit langem Freizeit und Geld, um ihren immer anspruchsvolleren Patienten eine qualitativ hochwertige Zahnheilkunde zu bieten. Alternativen? Keine. Schon die in aller Öffentlichkeit vorgestellten Innovationen zahnmedizinischer Wissenschaft und Forschung wären – in Verbindung mit der für Patienten noch möglichen freien Arztwahl – Zwang genug für den „Unternehmer“ Zahnarzt, seinen ohnehin geleisteten hippokratischen Eid über Gebühr ernst zu nehmen.

Dass diese freiwillige Fortbildung seit Jahren gut funktioniert, beweist nicht nur die Vielfalt der spezifischen Angebote und deren Nutzung. Deutschlands Zahnärzte haben auch darüber hinaus ihre Fortbildung in Eigeninitiative bestritten: Die große Zahl der inzwischen etablierten, in Eigenregie geführten zahnärztlichen Qualitätszirkel ist, wie unsere Titelgeschichte zeigt, ein beeindruckendes Beispiel dafür, dass der Staat – und schon gar nicht der Patient – hier zusätzliche Zwangsmechanismen braucht.

Dem Gesetzgeber ist das wohl egal. Er führt in Rasenmähermanier noch ein durch zusätzliche Bürokratie kostspieliges Kontrollinstrument ein, hofft, damit beim Wahlvolk punkten zu können, und vernachlässigt die wirklichen Lösungsansätze der Gesundheitsproblematik.

Noch einmal: Auf Zahnärzte trifft das abgedroschene Klischee der unter dem Deckmantel Fortbildung betriebenen, durch Pharmaunternehmen finanzierten Vergnügungsreisen nicht zu. Zwang ist hier fehl am Platze. Vielleicht ist es aber künftig hilfreich, nicht im Stillen zu lernen, sondern diese Form der Arbeit auch nach außen dringen zu lassen, getreu dem Motto: „Tue Gutes und rede darüber“.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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