Hohe Steuerbelastung kommt auf Zahnärzte zu

Von wegen erleichtert …

... die neue Steuerlast wird zur Zerreißprobe! Die Steuerpläne der Regierungskoalition sind für selbstständige Zahnärzte alles andere als rosig. Zwar werden Union und SPD das Steuerrecht umfassend umbauen, aber von dessen Vereinfachung oder Steuererleichterungen kann keine Rede sein. Manche Entscheidung ist wohl – weil „mit der heißen Nadel“ gestrickt – zumindest derzeitig als vorläufig zu betrachten.

Deshalb wiegt es um so schwerer, dass die privaten Steuerberatungskosten ab dem Jahr 2006 nicht mehr absetzbar sind. Dazu zählen neben dem Honorar zur Erstellung der Einkommensteuererklärung für den Steuerberater auch der Beitrag zu einem Lohnsteuerhilfeverein, die Kosten für Fachliteratur oder Steuersoftware. Der Zahnarzt muss sich also alleine durch das Steuerrecht kämpfen, oder die Kosten für die Einkommensteuererklärung von seinem privaten, versteuerten Geld bezahlen. Und das bei zunehmend komplizierter werdender Steuergesetzgebung! Diese Regelung lässt einen Rechtsstreit bis vor das Bundesfinanzgericht erwarten.

Nicht betroffen von dieser Neuregelung sind die Steuerberatungskosten, die mit der Aufstellung der Einnahme-Überschussrechnung für die Zahnarztpraxis oder aber mit der laufenden Lohn- und Finanzbuchhaltung verbunden sind. In Zukunft wird es also wichtig sein, die Kosten für die praxisrelevanten (betrieblichen) und die privaten Steuerberatungsleistungen korrekt zu kalkulieren und in den Rechnungen durch den Steuerberater genau trennen zu lassen.

Einige Zahnärzte konnten ein Arbeitszimmer in ihrem privaten Haus oder ihrer Wohnung steuerlich geltend machen. Ab dem 1. Januar 2007 wird ein Arbeitszimmer nur noch dann anerkannt, wenn es den alleinigen Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstellt. Ein Zahnarzt in eigener Praxis, der sein privates Büro gelegentlich für Praxistätigkeiten oder aber nur für eine andere wirtschaftliche Nebentätigkeit nutzt, kann künftig nichts mehr für die anfallenden Raumkosten (Abschreibung, Miete, Energie und mehr) absetzen – wohl aber darf er die verwendeten Arbeitsmittel (Computer, Schreibtisch) steuerlich geltend machen.

Fast jede Zahnarztpraxis beschäftigt zumindest eine Mitarbeiterin in einem Minijob. Die vom Zahnarzt hierfür zu zahlenden pauschalen Sozialversicherungsabgaben sollen von 25 auf 30 Prozent steigen. Bei der angespannten wirtschaftlichen Lage vieler Zahnarztpraxen dürften als Konsequenz dieser fünfprozentigen Lohnkostenerhöhung entweder neue Gehaltsverhandlungen oder weitere Personalfreistellungen zu erwarten sein.

Ab dem 1. Januar 2007 erhöht sich die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent. Da der Fiskus dem Zahnarzt die Vorsteuer üblicherweise nicht erstattet (Ausnahme: zahntechnisches Eigenlabor), verteuern sich sämtliche Investitionen, auch Materialeinkauf, Handwerkerrechnungen et cetera um drei Prozentpunkte. Gleichzeitig mit der Mehrwertsteuer wird die Versicherungssteuer ebenfalls von 16 auf 19 Prozent angehoben. An der Regelung für den ermäßigten Mehrwertsteuersatz ändert sich nichts, sie bleibt bei sieben Prozent.

Für Zahnärzte, die aufgrund eines zahntechnischen Eigenlabors oder sonst als Unternehmer der Umsatzsteuerpflicht unterliegen, ergibt sich künftig eine Erleichterung. Sie müssen die Umsatzsteuer generell erst dann abführen, wenn der Patient die Rechnung beglichen hat. In der Vergangenheit gerieten Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten, weil sie die Umsatzsteuer vor dem Erhalt des Rechnungsbetrags ans Finanzamt zahlen mussten.

Anders abschreiben

Um die Wirtschaft anzukurbeln, wird – zeitlich begrenzt – die degressive Abschreibung geändert. Unternehmen, die in bewegliche Wirtschaftsgüter (nicht Gebäude) investieren, dürfen im Jahr des Erwerbs 30 Prozent – statt wie bisher 20 Prozent – der Anschaffungskosten abschreiben. Diese Maßnahme soll auf zwei Jahre (2006 und 2007) begrenzt sein. Für Mietwohnungen (Gebäude-AfA im Privatvermögen) hingegen wird die degressive Abschreibung abgeschafft.

Auch bei der steuerlichen Regelung der Betriebsausgaben soll sich einiges ändern. Bisher konnten Zahnärzte 70 Prozent der Kosten für die Bewirtung von Kunden und Geschäftspartnern steuerlich als Betriebsausgaben absetzen. Auch Geschenke an Geschäftspartner wurden bis 40 Euro als Betriebsausgaben berücksichtigt. Schlemmen auf Kosten des Finanzamts sowie Geschenke an Geschäftspartner sollen künftig nicht mehr absetzbar sein.

Aber auch die Mitarbeiterinnen sind von den Kürzungen betroffen. Der Freibetrag für Abfindungen bei Entlassungen soll zum 1. Januar 2006 wegfallen. Derzeit bleibt der „goldene Handschlag“ je nach Alter und Betriebszugehörigkeit in Höhe von 7 200 bis 11 000 Euro steuerfrei. Ebenfalls ab 2007 soll die Heirats- und Geburtsbeihilfe, die bisher bis zu 315 Euro steuerfrei gewährt werden konnte, ersatzlos gestrichen werden. Ebenfalls ab dem Jahr 2007 wird die Pendlerpauschale für die ersten 20 Entfernungskilometer ganz gestrichen. Erst wenn die Arbeitsstätte mindestens 21 Kilometer entfernt ist, kann die Mitarbeiterin noch 0,30 Euro pro Kilometer geltend machen. Bei 200 Arbeitstagen und 20 Entfernungskilometern werden so 1 200 Euro steuerpflichtig.

Gut verdienende Arbeitnehmer in unseren Praxen müssen sich auf Einbußen bei den Zuschlägen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit gefasst machen. Zwar soll die Steuerfreiheit wie bisher erhalten bleiben, allerdings werden Sozialabgaben (zirka 42 Prozent Gesamtsozialversicherungsbeitrag) ab einem Grundstundenlohn von 25 Euro fällig.

Ab Mitte des nächsten Jahres soll Biokraftstoff genauso wie Mineralöl voll besteuert werden. Bei der Kfz-Steuer soll ein neues Steuersystem, nach den Schadstoffklassen gestaffelt, gelten. Für 2008 ist geplant, auch Dieselfahrzeuge und LKWs ohne Rußpartikelfilter in der Steuer hochzustufen.

Bezüglich der Erbschaftsteuer gibt es für Zahnärzte ebenfalls interessante Neuerungen. Für Familienbetriebe – ein Kind des Zahnarztes führt die Praxis fort – soll es Steuerentlastungen geben. Denn ab 2007 sollen Erben keine Erbschaftsteuer mehr bezahlen, wenn sie ein Familienunternehmen zehn Jahre weiterführen. Dabei wird die eigentlich entstandene Erbschaftsteuer zinslos gestundet und für jedes Jahr, in dem die Jobs erhalten bleiben, ein Zehntel der Steuerschuld erlassen.

Schlechter gestellt bezüglich der Erbschaftund Schenkungssteuer werden Erben einer Immobilie. Es steht ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes an, da der Bundesfinanzhof die Erbschaft- und Schenkungssteuer bei der Immobilienübertragung im Vergleich zu einer Bargeldübertragung für zu niedrig hält. Deshalb ist zu erwarten, dass Immobilien statt mit bisher 60 Prozent künftig mit 100 Prozent des Verkehrswerts besteuert werden müssen.

Frisch gestrichen

Harte Einschnitte finden sich künftig im Vermögensbereich des Zahnarztes. Ab 1. Januar 2006 soll die Eigenheimzulage für Neuobjekte ersatzlos gestrichen werden. Zudem soll ebenfalls ab 2006 die degressive Abschreibung für neu geschaffene Wohnbauten im Privatvermögen abgeschafft werden. Ein Wohnungsvermieter kann dann in den ersten zehn Jahren nur zwei statt wie bisher vier Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten absetzen.

Die Möglichkeit des steuerfreien Verkaufes von Aktien, Wertpapieren und Immobilien nach Ablauf der jeweiligen Spekulationsfrist soll ab Januar 2007 wegfallen. Dann muss auf sämtliche privaten Veräußerungsgewinne eine pauschale Steuer von 20 Prozent bezahlt werden (Abgeltungssteuer). Bis Redaktionsschluss blieb unklar, was für eine Übergangsregelung es für bereits vorhandenes Vermögen hierzu geben wird, ob anstelle der Abgeltungssteuer der tatsächliche Gewinn nachgewiesen und der Einkommensteuer unterworfen werden kann und wie eine Verlustberücksichtigung aussehen könnte.

Der Sparerfreibetrag für Kapitaleinkünfte (Zinsen, Dividenden aus Aktien, et cetera) soll ab 2007 auf 750 Euro (Verheiratete 1500 Euro) reduziert werden. Der Werbungskostenabzug bleibt unverändert. Ab dem Jahr 2007 müssen Top-Verdiener zudem auf Einkünfte ab 250 000 Euro (Verheiratete 500000 Euro) 45 Prozent, statt 42 Prozent, Steuern zahlen. Aber mit dieser Reichensteuer (auch fachintern verschämt „Bildungssteuer“ genannt) werden wohl nur wenige Zahnärzte belastet werden.

Anders sieht es jedoch bei zwei langfristig geplanten Projekten der Großen Koalition aus: Demnach sollen voraussichtlich ab 2008 Kindergeld und -freibetrag nur noch bis zum 25. Lebensjahr (bis 27. Lebensjahr) gewährt werden. Betroffen sind hier insbesondere Zahnärzte, deren Kinder studieren, um später etwa in die elterliche Praxis einzutreten.

Daneben steht innerhalb einer umfassenden Steuerreform das Ehegattensplitting auf dem Prüfstand. Statt dessen soll ein neues Anteilsystem eingeführt werden, bei dem jeder Ehegatte künftig soviel Einkommensteuer nach einer einheitlichen Steuertabelle bezahlt, wie es seinem Anteil am gemeinsamen Einkommen entspricht.

Wieder einmal auf dem Tisch ist innerhalb einer umfassenden Steuerreform das Thema der Gliederung der Unternehmenssteuern. Jetzt sollen wieder alle Unternehmen, also auch die Freiberufler (Zahnärzte, Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater und mehr) zu einer Gemeindesteuer herangezogen werden. Wie sich dadurch die Gesamtsteuerbelastung entwickelt, kann im Moment keiner beantworten.

Viele der genannten Entscheidungen wurden „mit der heißen Nadel gestrickt“, weshalb Änderungen und Nachbesserungen zu erwarten sind. Gut beraten ist deshalb jeder Zahnarzt, der in nächster Zeit den Kontakt mit seinem Steuerberater intensiv pflegt und sich über die geplanten Änderungen weiterhin auf dem Laufenden hält.

Dr. Sigrid Olbertz, MBAZahnärztin, Master of Business AdministrationIm Hesterkamp 12a, 45768 Marl

Jürgen StolzSteuerberater, Dipl.-FinanzwirtHomberger Str. 72b, 47441 Moers

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