Neurologie

Mit einem Antiepileptikum der Migräne vorbeugen

Neue Hoffnung gibt es für Menschen, die sehr stark unter einer Migräne leiden. Denn mit dem Wirkstoff Topiramat, der sich bei der Behandlung der Epilepsie bewährt hat, lässt sich aktuellen Studien zufolge auch den Migräneattacken vorbeugen.

Rund 18 Prozent der Menschen – weit mehr Frauen als Männer – leiden unter einer Migräne, wobei die regelmäßig wiederkehrenden Kopfschmerzen die Lebensqualität der Betroffenen und auch ihre Arbeitsfähigkeit zum Teil massiv beeinträchtigen. Vor allem in Berufen, in denen immer wieder auftretende Krankheitsphasen erhebliche Probleme bereiten – wie es auch beim Zahnarzt und seinem Personal der Fall ist –, wird die Migräne nicht selten zu einem erheblichen Problem. Zwar hat es mit der Einführung der Triptane deutliche Fortschritte bei der Akutbehandlung gegeben, längst nicht alle Patienten aber sprechen auf diese Behandlungsmöglichkeit gut an. Auch allgemeine Maßnahmen, der Migräne vorzubeugen, wie etwa durch einen geregelten Tagesablauf und durch eine gesunde Lebensweise mit möglichst wenig Stressbelastungen, bieten oft keine Lösung des Problems.

Migräneprophylaxe zu wenig genutzt

Trotzdem werden bislang nur rund 15 Prozent der Patienten, die eine medikamentöse Migräneprophylaxe bräuchten, tatsächlich mit entsprechenden Therapeutika behandelt. Das hat nach Dr. Jochen Schumacher aus Kassel seinen Grund nicht zuletzt darin, dass bei den bisher verfügbaren Wirkstoffen wie den Betablockern oder Kalziumantagonisten sehr häufig Kontraindikationen oder Nebenwirkungen, wie eine Gewichtszunahme oder das Risiko einer erektilen Dysfunktion, die Anwendung limitierten.

Bessern könnte sich diese Situation, nachdem nun mit Topiramat (Topamax®Migräne) ein weiterer Wirkstoff zur Migräneprophylaxe offiziell zugelassen wurde. Es handelt sich um ein Antiepileptikum, das auch im Hinblick auf seine Wirksamkeit bei der Migräne in Studien geprüft wurde. Vier klinische Studien über einen Zeitraum von mindestens 26 Wochen, in die insgesamt rund 1 700 Patienten eingeschlossen waren, liegen nun vor und bescheinigen dem neuen Präparat gute klinische Effekte: „Es senkt bei jedem zweiten Patienten die Migränehäufigkeit um mindestens 50 Prozent“, berichtete Professor Dr. Andreas Straube aus München dort bei einer Pressekonferenz. Bei 20 Prozent der Patienten reduzieren sich die Migräneattacken nach seinen Worten sogar um mehr als 75 Prozent und bei sechs Prozent der Migräniker treten unter Topiramat fast keine Migräneanfälle mehr auf. Gleichzeitig werden die noch verbleibenden Migräneattacken nach Straube in aller Regel in ihrer Intensität gemindert, und auffällig ist auch, dass die Patienten unter der medikamentösen Prophylaxe im Falle einer Migräneattacke wieder besser auf die Akutmedikation ansprechen.

Aufnahme in die neuen Therapieempfehlungen

„Die Daten sind überzeugend und haben zur Folge, dass Topiramat in den neuen Therapieempfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft als Mittel der Wahl mit aufgeführt wird“, berichtete Professor Dr. Christian Diener aus Essen. Indikationen für eine medikamentöse Migräneprophylaxe bestehen nach seinen Angaben, wenn die Migräne mit einem erheblichen Leidensdruck für den Patienten verbunden ist und seine Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigt. Das ist in der Regel der Fall, wenn im Mittel drei Migräneattacken und mehr pro Monat auftreten, wenn diese Migräneattacken regelmäßig länger als 72 Stunden anhalten, wenn sie auf eine Akuttherapie nicht gut ansprechen oder wenn prolongierte Auren auftreten.

In solchen Fällen lohnt sich nach Diener ein Behandlungsversuch mit Topiramat, das sich auch durch eine rasche Wirksamkeit auszeichnet. Erfahrungsgemäß weiß man dadurch bereits nach wenigen Wochen, ob die Prophylaxe greift, ein nach Straube wichtiger Aspekt, da sich viele Patienten damit schwer tun, aus prophylaktischer Indikation heraus täglich Medikamente einzunehmen. Für Topiramat spricht nach seiner Darstellung aber nicht nur die gute Wirksamkeit, sondern auch die gute Verträglichkeit der Substanz. Es kann anfangs zu leichten Parästhesien kommen und zu Müdigkeit oder zu Durchfällen, doch solche Reaktionen gehen meist rasch zurück. Auch Appetitverluste und dadurch bedingte Gewichtsabnahmen stehen auf der Liste der möglichen Nebenwirkungen, Reaktionen, die nach Straube von vielen Patienten jedoch als positiv empfunden werden. Denn anders als die meisten Migräneprophylaktika führt Topiramat dadurch nicht zur Gewichtszunahme. Im Gegenteil: Die Probanden in den Studien nahmen im Mittel unter der Behandlung langfristig vier bis fünf Kilogramm Körpergewicht ab.

Christine VetterMerkenicherstraße 22450735 Köln

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