Das Bankgeheimnis verliert seine Wirkung

Orwell lässt grüßen

Der Fiskus will jeden Steuersünder fangen. Erträgnisaufstellung, EU-Zinsrichtlinie und demnächst der elektronische Zugriff des Staates auf private Konten der Bürger rauben dem gesetzlich verankerten Bankgeheimnis auch die letzte Schutzfunktion. Anleger mit Klärungsbedarf sollten die Chance der Amnestie bis Ende März nutzen. Danach wird es ernst

Er wolle nur helfen. So versicherte es jedenfalls Bundesfinanzminister Hans Eichel, als er vor zwei Jahren die Einführung der so genannten Erträgnisaufstellung begründete. Darin werden die Banken und Sparkassen erstmals für das Jahr 2004 alle Zinsen und Dividenden, Erträge aus Finanzinnovationen, wie Zertifikate und realisierte Spekulationsgewinne, sowie die Depotkosten in einer Auflistung zusammenstellen.

Der Bürger ist verpflichtet, dieses Papier zusammen mit seiner Steuererklärung für 2004 beim Finanzamt einzureichen. Auf diese Weise erfahren die Finanzbeamten auch gleich, wo der Bürger überall ein Konto unterhält. Schon seit 2003 darf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) sich elektronisch Zugriff auf die Kontostammdaten wie die Nummer, Eröffnungs- und Kündigungsdatum sowie Verfügungsberechtigte bei den Banken und Sparkassen verschaffen. Der Kunde erfährt davon nichts. Geheim bleibt allerdings der Kontostand.

Schnüffelparagraf

Gedacht war diese Maßnahme ursprünglich einmal, um vor allem Geldwäsche und Terrorismus besser bekämpfen zu können. Bislang hatte auch nur das Bundeskriminalamt Zugriff auf die Daten. Ab dem ersten April dieses Jahres tritt nun der „Schnüffelparagraf“ in Kraft. Über die Bafin können sich nun alle interessierten Stellen wie Finanzamt, Sozialamt, die Wohngeldstelle, die Bundesagentur für Arbeit und das studentische Bafög-Amt Zugriff auf die sensiblen Daten verschaffen. Um die Suche zu beschleunigen, werden sich die Behörden natürlich untereinander austauschen. Vereinfacht wird die Sache durch die neue Identifikationsnummer, die den Bürger nun ein Leben lang begleiten wird.

Das Befremdliche an der Sache: Der Bürger kann sich gegen den Zugriff auf die Daten nicht wehren. Selbst die Banken erfahren nicht, wann die Ämter sich ihre Informationen beschaffen. Der Bund der Steuerzahler sieht schwarz für die Zukunft. Die Finanzbeamten können nun die Konten mit dem Inhalt der Erträgnisaufstellung vergleichen. Sind sie nicht zufrieden, fordern sie den Bankkunden auf, die restlichen Informationen zu liefern. Vertuschen ist dann nicht mehr möglich. Zumal der Fiskus schon anhand der Freistellungsaufträge erkennen kann, ob er von allen Konten Kenntnis hat. Stimmen Aufstellungen und Zahl der Konten nicht überein, werden die Beamten misstrauisch. Erstmals können sich die Finanzkontrolleure auch eine Übersicht über die Kursgewinne ihrer Klientel verschaffen. Denn jetzt wird aufgelistet, ob Fondsanteile, Anleihen oder Aktien innerhalb der Spekulationsfrist von zwölf Monaten verkauft worden sind. Die Jahresbescheinigung ersetzt aber nicht die Steuerbescheinigung. Der Anleger muss weiterhin die Belege im Original für die Anrechnung von Kapitalertrags- und Zinsabschlagssteuer in der Steuererklärung einreichen.

Wer etwa versucht sein sollte, angesichts dieser Bedrohungen Erspartes ins Ausland zu schaffen, stößt ebenfalls zunehmend auf Schwierigkeiten – spätestens ab dem 1. Juli. Dann gilt das Abkommen über die EU-Zinssteuer. 21 europäische Staaten haben sich verpflichtet, die Zinseinnahmen deutscher Bürger an den hiesigen Fiskus zu melden. Nur Luxemburg, Belgien und die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied melden nicht, kassieren dafür aber eine Quellensteuer, die zunächst 15 Prozent beträgt. Ab 2008 steigt sie auf 20 und drei Jahre später auf 35 Prozent. Dividenden und Kursgewinne sind nicht abgabenpflichtig. Wer mit Bargeld oder Wertpapieren im Koffer versucht, sein Geld in Sicherheit zu bringen, darf nicht mit mehr als 15 000 Euro an der Grenze erwischt werden.

Nicht nur normale Anleger müssen mit verschärften Kontrollen rechnen – auch Rentner und Pensionäre sollten sich noch einmal prüfen, ob sie alle Einkünfte, wie privates Zusatzeinkommen aus Kapitalvermögen, ordentlich versteuert haben. Denn die privaten Lebensversicherer, Pensionskassen und -fonds müssen – wie die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte – Zahlungen an Ruheständler dem Finanzamt melden.

Wen jetzt ein schlechtes Gewissen plagt, der sollte noch schnell Kontakt zu seinem Steuerberater aufnehmen und sich über die Möglichkeiten der Steueramnestie informieren. Sie gilt bis Ende März. Seit Januar beträgt der pauschale Steuersatz für die bislang verdeckten Einkommen allerdings 35 und nicht mehr 25 Prozent. Dennoch kann es nur teurer werden.

Marlene Endruweit

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