Räume gestalten – gewusst wie

Lifting für die Zahnarztpraxis\r

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Die Gesundheitsreformen steigern den Wettbewerb um den Patienten. Ein freundliches und offenes Ambiente stimmt das Unterbewusstsein positiv ein und verringert Ängste der Patienten vor der Behandlung. Es nutzt zugleich bei der eigenen Profilierung. Eine intelligente Grundrissplanung erlaubt zudem, interne Organisationsabläufe zu optimieren.

Ob der Zahnarzt es will oder nicht – die Gestaltung und Einrichtung seiner Praxis sind immer auch eine Visitenkarte, anhand der seine Patienten auf den ersten Blick erkennen, an wen sie hier geraten sind. An jemanden, bei dem sie sich aufgehoben fühlen und bei dem sie sich trotz der bevorstehenden Behandlung entspannen können. Oder an jemanden, dem dies eher gleichgültig ist?

Offen für Patienten

Ein gutes Beispiel, wie sich mit einer intelligenten Planung eine hochwertige und entspannende Atmosphäre erreichen lässt, zeigt die Zahnarztpraxis von Christina Djimdé am Monbijou-Platz in Berlin-Mitte. Die Gestaltung überzeugt vor allem durch ihr elegant-zurückhaltendes Farb- und Materialkonzept, ihre atmosphärisch- dezente Beleuchtung sowie die Öffnung zu einem angrenzenden Park, in dem ein Kastanienbaum einen beruhigenden grünen Blickpunkt inmitten der Stadt schafft. Im Zusammenspiel mit hochwertigen Möbeln – der elegant geschnittenen Empfangstheke, den Barcelona- Sesseln von Mies van der Rohe und den Tischen von Marcel Breuer – entstand ein angenehmes und einladendes Ambiente mit reizvollem Bezug zwischen Innen und Außen. „Einer der Ausgangspunkte für den Umzug und die damit einher gehende Neugestaltung meiner Praxis war die Feststellung, dass kaum ein Weg so stark durch unangenehme Gefühle oder durch Ängste geprägt ist, wie der Gang zum Zahnarzt“, beschreibt Djimdé rückblickend ihre Motivation für den Neuanfang. „Das liegt nicht nur, aber doch zu einem großen Teil an der steril wirkenden Atmosphäre, die die meisten Praxen nach wie vor ausstrahlen – wie jeder Kollege nicht zuletzt aus seiner eigenen Perspektive als Patient weiß.“ Diesem unangenehmen Eindruck wollte sie entgegenwirken. „ Also habe ich mich im Vorfeld des Umzuges bewusst gefragt, welches Ambiente ich mir als Patientin selber wünschen würde, um mich hier wohl zu fühlen. Letztlich bin ich als Zahnärztin ja in der Rolle der Dienstleisterin gegenüber meinen Patienten.“

Um ihre Vorstellung einer angenehmen Praxisatmosphäre optimal in die Realität umsetzen zu können, entschied sich Djimdé schließlich dazu, einen Architekten mit der Planung der Inneneinrichtung zu beauftragen. Wolfgang Staudt, Berlin, ging auf ihre Wünsche ein: Er entwickelte nach intensiven Gesprächen in der Frühphase der Zusammenarbeit einen konkreten Stufenplan, der anschließend eine gute Grundlage zur Ausarbeitung der verschiedenen Parameter bildete: von der Gestaltung des Grundrisses über die Farb- und Materialwahl bis hin zur Lichtgestaltung und der Entscheidung über das geeignete Mobiliar. So ließen sich die individuellen Wünsche von Djimdé und die funktionalen Erfordernisse des Praxisalltages in ein schlüssiges Konzept umsetzen, das sowohl medizinischen, als auch wirtschaftlichen und ästhetischen Ansprüchen genügt. In jeder dieser Phasen hatte Djimdé dabei die Möglichkeit, zuvor gefundene Lösungen noch einmal in Frage zu stellen und sich für alternative Konzepte zu entscheiden. „Im Zentrum stand jeweils die Perspektive des Patienten“, berichtet Architekt Staudt. „Denn ein modern und offen gestalteter Raum mit einer entspannenden Atmosphäre löst nicht nur positive Assoziationen im Unterbewusstsein aus und löscht auf diese Weise eventuelle negative Erfahrungen der Patienten, sondern bietet auch die beste Möglichkeit, die Qualität der eigenen Leistungen zu kommunizieren. Schließlich werden neben den reinen Heilungsfunktion des Zahnarztes heute zunehmend zusätzliche Angebote wie Ästhetik oder Harmonie erwartet.“

Als weiterer Faktor komme hinzu, dass eine intelligente Anordnung sämtlicher Räume und Funktionen den Nutzwert einer Praxis erhöht. Wenn sämtliche Routineabläufe optimal aufeinander abgestimmt sind und die Wege für Chefin und Angestellte möglichst kurz bleiben, die Rezeptionistin die Vorgänge in der Praxis gut überblicken kann –, dann spart das Zeit, die für den Patienten aufgewendet wird. Und reduziert letztlich in der Summe die Personalkosten deutlich. Wann aber ist der optimale Zeitpunkt für eine Um- oder Neugestaltung gegeben? „Am besten sollte man ein solches Projekt angehen, wenn die Praxis richtig gut läuft“, meint der Architekt. „Zu Beginn sollte dabei immer die Frage nach der eigenen Vision geklärt werden – also: Wohin soll sich die Praxis in den nächsten fünf oder zehn Jahren entwickeln?“ Ausgehend von dieser Perspektive könne die Gestaltung der Grundelemente realisiert werden, also die Prüfung der räumlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Platzierung von Empfang, Wartebereich, Behandlungsräumen, Mitarbeiter-Bereich, sanitären Anlagen oder Labor: „Jedes einzelne Element muss dabei bestimmten Anforderungen genügen – genau, wie jedes einzelne Zahnrad in einer Maschine.“ Manchmal genügt dafür eine gezielte Reduktion, wie das Entfernen einer Zwischenwand, um zum Beispiel den freien Blick auf die Kastanie im Park zu gewinnen.

Auge in Auge

Eine noch größere Bedeutung hat die Praxisgestaltung für Existenzgründer, die sich ihren eigenen Patientenstamm ja erst noch schaffen werden. Gerade hier lohnt es, sich von Anfang an für ein konsequentes Einrichtungskonzept mit hohem Wiedererkennungswert zu entscheiden. Angenehm gestaltete Räumlichkeiten mit einem eigenen Profil schaffen einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil sowie eine wichtige Grundlage für ein positives Mitarbeiterklima – und bieten die beste Gewähr gegen nachträglich notwendige Umbauten.

Die Kosten für eine derartige Gestaltung können durchaus überschaubar bleiben, das beweist der Entwurf für Dr. Sabine Jonas in Schleswig. Sie eröffnete letzten Sommer im zweiten Geschoss eines Altbaus ihre Praxis für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Das intelligente und dabei ebenso ästhetische wie funktionale Zusammenspiel von Material, Farbe, Licht und Schatten nimmt den Eintretenden im Nu für sich ein.

In mehreren Gesprächen loteten Architekt Uwe Oltmanns und Bauherrin gleich zu Beginn der Planung sämtliche technischen und ästhetischen Anforderungen und Vorstellungen aus und legten zunächst eine optimale Grundriss-Aufteilung fest. Auf Wunsch der Zahnärztin Jonas entwickelte der Architekt eine grundlegende Trennung zwischen dem funktionalen Bereich mit den verschiedenen Behandlungsräumen und einem in gegenüberliegender Richtung platzierten Kundenbereich mit Warte- und Spielecke sowie Toiletten. Verbunden werden beide Abschnitte zentrale Kommunikationszone gegenüber der Eingangstür.

„In aller Regel stoßen Patienten beim Betreten einer Praxis an dieser Stelle auf eine sperrige und abweisende Empfangstheke, eine Art ‘Bollwerk‘, dahinter eine meist beschäftigte Arzthelferin“, berichtet Jonas. „Dieser typische Empfangstresen hat mich immer schon gestört, wenn ich eine Praxis aufsuchte.“ Sie aber wollte, dass sich an diesem Punkt mit wenigen Mitteln von Anfang an eine persönliche Vertrauensbasis herstellen lässt. Die moderne Lösung des Architekten: zwei frei im Raum stehende, mit sämtlichen Medien ausgestattete ‚Counter‘, an dem der Eintretende der Sprechstundenhilfe direkt gegenüber steht und somit ganz bewusst auf gleicher Augenhöhe empfangen wird.“

Andere Tätigkeiten wie Verwalten oder Telefonieren finden räumlich getrennt hinter einer Glasscheibe statt, so dass die Helferin dem Patienten mit voller Aufmerksamkeit entgegentreten kann. „Die Patienten haben diese Lösung sofort gut angenommen, denn so fühlen sie sich von Anfang an ernst genommen“, beschreibt Jonas ihre durchweg positiven Erfahrungen mit dem ungewöhnlichen Konzept. Ähnlich überzeugend wurde der Wunsch der Bauherrin nach Offenheit, Transparenz und einfacher Orientierung bei der Gestaltung der zentralen Verkehrsfläche umgesetzt. Die hebt sich mit ihrer modernen und kontrastreichen Detaillierung wohltuend von der Sterilität gewöhnlicher Praxiseinrichtungen ab. Im Blickpunkt stehen dabei teilweise bogenförmig geschwungene Wände, die einen fließenden Übergang zwischen den unterschiedlichen Funktionsbereichen bieten und zum Teil mittels raumhoher Verglasung die Tiefe des Gesamtraums erahnen lassen; eine Spezialfolie im Mittelteil der Scheiben schützt dennoch vor den Blicken Neugieriger. Auch hier gelang das Konzept nur dank enger Absprache zwischen Architekt und Bauherrin über die Detais. Und da gibt es einige Besonderheiten bei Materialwahl und Farbgestaltung.

Eine leuchtend rote Wand mit Schattenfuge prangt hinter den beiden Countern im Eingangsbereich, deren Kontrast zu den verglasten Bereichen durch Lichtfackeln edel in Szene gesetzt wird. Unbehandeltes Schwarzblech schimmert auf zwei anderen Wandabschnitten, in einem davon leuchtet eine goldene horizontale Fuge geheimnisvoll, auf dem anderen zeichnet sich bei bestimmtem Blickwinkel und Lichteinfall der Schriftzug „Plastische Operationen“ auf dem Stahl ab. Das wirkt edel und dauerhaft über dem anthrazitfarbenen Linoleumboden mit Fußleisten aus gebogenem Schwarzblech, neben der Notfall-Schiebetür auf Edelstahlrollen zwischen dem Empfang und Ruheraum. Geht es nach Jonas, folgt dort bald eine EDV-gesteuerte Kaffeebar. Vier Stahlbetonstützen vor den beiden erwähnten Countern ergänzen das Bild.

Bei der Farbwahl für den Wartebereich behielt Jonas sich dagegen flächendeckende Flexibiltät für wenig Geld vor: „Im Moment sind die Platten leuchtend gelb, grün und rot lackiert“, erklärt die Praxischefin, „aber bei Bedarf ließen sie sich innerhalb einer Stunde komplett neu streichen.“ Das Geheimnis: Drei vertikale Tischlerplatten ruhen auf jeweils einem Edelstahlgestänge zum Drehen. Kunstlicht verstärkt gezielt die taktilen und sinnlichen Qualitäten der unterschiedlichen Farben und Materialien auf angenehme Weise. Ein weiteres Detail schwirrt Jonas durch den Kopf: Klebefolien mit Zitaten zur Gesundheit schmücken die Wände dieses Bereich. „Als einprägsames und Identität stiftendes Gestaltungselement und zur geistigen Erbauung vor der Behandlung“, wie ihr Architekt augenzwinkernd erklärt. Bereits jetzt zeigen Schriftzüge auf den Glasscheiben zwischen Büros und Wartebereich das Leistungsspektrum der Praxis im Bereich Plastische Operationen auf.

Im rechten Licht

Wachsen sollte die Zahnarztpraxis „Dental Solutions“ im hessischen Lampertheim. Hinsichtlich Kompetenz und Raum.Die beiden Chefs Dr. Uwe Radmacher und Dr. Markus Lewitzki suchten sich eine Innenarchitektin und Farbgestalterin, die ihrer Idee von einer Zweiteilung in einen herkömmlichen Praxisbereich und einen angrenzenden Prophylaxe- und Wellness-Bereich Form und Gestalt veleihen sollte. Andrea Girgzdies stellte sich ein Team neu zusammen, mit dem sie eine offene Gestaltung erreichte, die einerseits beide Bereiche klar voneinander trennt, andererseits aber einen einheitlichen Raumeindruck mit fließendem Übergang zwischen den unterschiedlichen Funktionen schafft. Zentraler Anlaufpunkt ist ein multifunktionaler Empfangsraum, der bei Bedarf für Besprechungen, Präsentationen und Weiterbildungsveranstaltungen dient. Das bot sich an, denn beide Praxischefs führen regelmäßig Seminare und andere Fortbildungen durch. Eine breite Glasfront mit zwei Eingangstüren schafft den direkten Zugang sowohl zur Praxis als auch zum so genannten Wellness-Bereich und gleichzeitig einen luftigen Eindruck mit viel Tageslicht. Überhaupt prägen in dieser Praxis wechselnde Lichtstimmungen in Kombination mit kühl glänzenden Oberflächen und Farben das hochwertige Ambiente.

Bei der Gründung der Gemeinschaftspraxis Mitte der neunziger Jahre hatten sich Radmacher und Lewitzki bereits bewusst für ein innovatives Praxiskonzept entschieden, bei dem der Patient im Mittelpunkt eines modernen Dienstleistungsangebotes steht. „Bei der Erweiterung unserer Räumlichkeiten wollten wir jetzt einen weiteren Schritt in diese Richtung gehen“, beschreibt Lewitzki die Ausgangslage. „Entsprechend unseres innovativen Konzeptes schwebte uns dabei von Anfang an ein zwar ruhiges, gleichzeitig aber auch modernes und ausgefallenes Ambiente vor – gerade im Wellness- Bereich, wo wir Sauerstoff-Therapie, Hydrojet- Massage und Physiotherapie für Kiefergelenkpatienten anbieten.“ Und das vom ersten Eindruck an. Statt durch Arzneigeruch, Weißkittel und eine klinisch-medizinische Atmosphäre werden die Eintretenden durch ein bewusst modernes Ambiente mit Launch-Charakter empfangen: Eichenstab- Parkett unter den Sohlen und eine gelbgrüne Plexiglaswand mit einem eingelassenen Seewasser-Aquarium hinter sich können sie in bequemen roten Ledersesseln einen frischen Cappuccino aus der automatischen Bar schlürfen. Die gekonnte Kombination extremer Farbtöne wirkt frisch, zumal sie umgeben wird von Türkis am Deckenabsatz, Grausilber auf dem Treppenumbau und einem in hellblau gehaltenen Prophylaxe- Shop in Kubusform. Ein Tresen in dunklem Anthrazit rundet diesen kontrastreichen Komplex ab.

Der Parkettboden, die hell schimmernde Wandbeschichtung und die roten Stützen finden sich in allen Räumen. Der hellblaue Ton des Prophylaxe-Kubus‘ wiederholt sich konsequent auf der Trennwand zu den Behandlungsräumen im so genannten Wellness- Bereich. Die mattierten Schiebetüren aus Glas lassen durch ihre Halbtransparenz die Praxis offen und freundlich wirken.

Die modernen Materialien mit ihren kühl glänzenden Oberflächen zeigen je nach Tageszeit und Blickwinkel unterschiedliche Spiegelungen und Schattierungen. Mit einer ausgeklügelten Leuchtinstallation, die die einzelnen Bereiche in unterschiedliche dynamische Farb- und Lichtstimmungen taucht, verstärkten die Planer diesen Effekt wunschgemäß. „Die Grundlage dazu sind mehrere in die Decke integrierte Lichtvouten mit verborgenen Leuchtstofflampen in Rot, Blau und Grün, deren additive Mischung das gesamte Lichtfarbspektrum ergibt“, erklärt Radmacher: „Mit einem programmierten Chip können wir den Farbwechsel über eine Fernbedienung individuell steuern, wobei die Farbe in der Standardeinstellung alle 40 Sekunden wechselt.“ Beim Deckenlicht im Behandlungszimmer integrierten die Planer abweichend eine abgependelte Lichtdecke, die zusätzlich eine weiße Tageslicht-Leuchtstofflampe enthält. Das Weiß kann hier ohne Farbbeimischungen leuchten, etwa zur Erkennung von Zahnfarben, oder beliebig mit jedem Farbton gemischt werden.

Alles gut, Ende gut

Natürlich, die Praxis ganz neu zu gestalten kann ein Wagnis sein. Doch bei allen drei Praxen ging das Konzept auf: Inhaber und Mitarbeiter, Patienten und Kollegen waren begeistert.

Robert UhdeGrenadierweg 3926129 Oldenburg

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