Neue Fonds für die Vorsorge

Der Weg ist das Ziel

201084-flexible-1900
Die Kapitallebensversicherung hat ihre besten Zeiten hinter sich, seitdem das Steuerprivileg gestrichen ist. Jetzt wittern die Fondsgesellschafter Morgenluft und bieten mit Zielsparfonds neue Modelle für die Altersvorsorge. Dem Anleger versprechen sie mehr Bequemlichkeit.

Die Deutschen kümmern sich zu wenig um ihre Altersvorsorge. Diese Erkenntnis ist so neu nicht. Laut der Wochenzeitung „Die Zeit“ verwenden sie 37 Stunden auf den Kauf eines Autos, 25 Stunden für die Planung einer Küche. Ganze 20,5 Stunden ihrer kostbaren Freizeit opfern sie für die Planung ihrer Altersvorsorge. Immer noch verlassen sich die meisten darauf, dass Vater Staat es schon richten wird. Dabei ist jetzt schon klar, für viele von ihnen wird die Rentenlücke größer als gedacht. Andererseits dürfen besorgte Sparer die Werbesprüche der Versicherungs- und Fondsgesellschaften auch nur mit Vorsicht genießen. Deren Vorstellungen über Ausgaben für die Vorsorge sind oft heillos überzogen.

Fleißige Sparer mit wenig Zeit

Dabei genießen die Deutschen einen Ruf als besonders fleißige Sparer. Sie legen ihr Geld auf Sparkonten oder kaufen die Produkte, die ihnen der Kundenberater empfiehlt. Um was es sich dabei wirklich handelt und wie teuer die Empfehlungen letztlich sind, wissen die wenigsten. Statt sich blind auf Bankberater oder Versicherungsagenten zu verlassen, wäre es lukrativer, sich einen Durch- und Überblick über die jetzige und später gewünschte finanzielle Situation zu verschaffen:

Dabei sind zwei Dinge entscheidend für die Planung der Altersvorsorge:

• Wie hoch wird der Bedarf im Alter sein?

• Wie kann ich für ausreichende finanzielle Mittel sorgen?

Die erste Frage kann jeder nur für sich beantworten. Am einfachsten ist es, sich mit Papier und Bleistift hinzusetzen und seine Bedürfnisse zu ermitteln. Wahrscheinlich ist, dass die Ausgaben für die Kinder gegen Null tendieren, die Kosten für Freizeit und Gesundheit hingegen steigen werden. Allerdings wird es einem Dreißigjährigen schwer fallen, diese Fragen jetzt schon genau zu beantworten. Hier ist etwas Fantasie gefragt.

Anschließend kommt der Kassensturz, da heißt es ran an die Kernfragen:

• Wieviel wird mir das Versorgungswerk zahlen?

• Verfüge ich über ein abbezahltes Haus oder eine Wohnung oder werde ich auch im Alter Miete zahlen müssen?

• Wieviel liegt auf der hohen Kante?

• Kann ich mit dem Ersparten die Pension aufbessern?

• Was kann ich jetzt noch tun?

Dabei gilt eine einfache Faustregel: Je früher man mit dem Sparen anfängt desto besser. Denn umso stärker kann sich der Zinseszinseffekt auswirken. Demnach hängt die Höhe des gesparten Kapitals entscheidend von der Wiederanlage der erwirtschafteten Gewinne ab.

Jeder Berater und auch jeder Kunde geht davon aus, dass alle Gewinne wieder angelegt werden. Auf dieser Basis errechnen sie die oftmals stolzen Renditen. Weichen die tatsächlichen Ergebnisse auch nur um einen Prozentpunkt von den Prognosen ab, bedeutet das für die Altersvorsorge ein Minus von 20 Prozent. Um sich einen Überblick über die tatsächlich erreichbare Rendite zu verschaffen, braucht der Anleger Angaben über alle anfallenden Kosten einer Anlage. Investmentfonds klären ihre Kunden einigermaßen ausreichend über die von ihnen kassierten Gebühren auf. Schwerer tun sich nach wie vor die Lebensversicherer. Doch eine Gesetzesinitiative und der eigene Wille der Assekuranz zu mehr Transparenz sollen demnächst Abhilfe schaffen.

Mit in die Berechnungen für eine ausreichende Vorsorge gehört die wahrscheinliche Entwicklung der Inflationsrate. Beträgt sie pro Jahr nur zwei Prozent, bedeutet das die Halbierung des Vermögens in 35 Jahren. Würden sich die Menschen über diese Dinge Gedanken machen, ständen vielen von ihnen die Haare zu Berge. Doch auffallend wenige Deutsche kümmern sich um ihre Finanzen. Gegenüber der „Zeit“ äußerte sich Rüdiger von Nitzsch, Professor an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen: „Je weniger sie über etwas Bescheid wissen, desto weniger interessiert es sie. Etwa dann, wenn sie nicht einmal die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses kennen.“ Weil er den Menschen nicht zutraut, dass sie sich selbst verantwortlich um ihre Belange kümmern, fordert er zum Beispiel automatische Versicherungen, die man ausdrücklich ablehnen muss, will man sie nicht haben. Soweit gehen die Pläne der Rentenexperten in Berlin derzeit noch nicht – zumindest nicht offiziell. Doch die Strategen der Finanzdienstleister kalkulieren mit der Bequemlichkeit der Menschen.

Lange hat sich die Branche der Investmentfonds vergeblich um die Euros der Vorsorgekunden bemüht. Die Kapital bildende Lebensversicherung stellte jahrzehntelang den Favoriten bei der Vermögensbildung.

Die scheinbare Sicherheit der Anlage und vor allem die Bequemlichkeit der Durchführung zogen die meisten Sparer ins Netz der Assekuranz. Die Versprechen für eine höhere Rendite und niedrigere Kosten, mit denen die Fondsgesellschaften warben, lockten als Köder sehr viel seltener. Als jedoch Ende 2004 das Steuerprivileg der Lebensversicherer kippte, bekamen sie ihre Chance. Sie entwickelten neue Varianten des Fondssparens.

„Flexibles“ Renditeversprechen

Das neueste Angebot auf dem Gebiet heißt Zielsparfonds. Sie versprechen große Flexibilität und starke Renditeaussichten. Das Prinzip ist ganz einfach: Der Kunde zahlt wie bei einem Sparplan eine bestimmte Zeit lang eine gleichmäßige Rate oder eine Summe auf einmal in einen Fonds ein. Dafür verspricht ihm die Gesellschaft eine möglichst hohe Rendite bei möglichst geringem Risiko. Zu Beginn legt der Sparer in Aktien an, mit zunehmendem Alter wandert das Geld automatisch in sichere Anlageklassen. So will der Fondsmanager vermeiden, dass der Anleger kurz vor Antritt der wohl verdienten Rente bei einem Börsencrash sein Vermögen noch riskiert. Die Sparer sollen so mehr Sicherheit erhalten ohne gleich in das feste Korsett der Lebensversicherung gepresst zu werden. Denn im Unterschied dazu besteht bei einer Anlage in Fonds jederzeit die Möglichkeit auszusteigen. In den USA und Großbritannien laufen Fonds dieser Art gut. Die Menschen dort nutzen sie für ihre Vorsorge oder für die Ausbildungsfinanzierung ihrer Kinder.

Auf der Angebotspalette stehen die Zielsparfonds seit Beginn des Jahres bei verschiedenen Gesellschaften, darunter die Activest, Deka, dit, DWS, Union und die amerikanische Fidelity.

Viele Strategien, kleine Unterschiede

Die Strategien der verschiedenen Anbieter ähneln sich. Die Lebenszyklusfonds tragen alle eine Jahreszahl im Namen. Die meisten nennen das Jahr, in dem das Sparziel erreicht wird und die Auszahlung beginnt. Der dit, die Fondsgesellschaft der Dresdner Bank, kennzeichnet seine Fonds mit dem Geburtsjahr der Anleger. Der erste Fonds deckt die Jahrgänge 1947 bis 1951 ab. Es folgen 52 bis 56, 57 bis 66, 67 bis 77 und 77 bis 96. Der Fonds investiert zu Beginn der Laufzeit in Aktien und wechselt allmählich zu risikoärmeren Produkten. Das Besondere beim dit-Vorsorgefonds ist, dass er riesterfähig ist, also mit der staatlichen Förderung kombiniert werden kann.

Der Deka-Zielfonds der Sparkassen investiert das Sondervermögen – damit ist das Vermögen der Kunden gemeint – wiederum in verschiedene Aktienfonds. Dabei stehen die eigenen Fonds zur Verfügung aber auch die bekannteren ausländischer Gesellschaften wie Templeton oder Threadneedle. Der Deka-Fonds handelt also wie ein Dachfonds, der wiederum in andere Fonds investiert. Kunden haben die Wahl unter verschiedenen Laufzeiten : 2015, 2020, 2025 und 2030. Anfangs investiert die Deka hauptsächlich in chancenorientierte Aktien. Gegen Ende der Laufzeit schichtet sie in Renten- beziehungsweise Geldmarktanlagen um. Laut Fondsprospekt darf der Fonds in Immobilienfonds – wie die meisten anderen Zielsparfonds – investieren. Auf diese Weise hofft sie, die erwirtschafteten Gewinne sicher bis zum Ende anzulegen.

Der Fidelity Target Fonds (Target = Ziel) investiert zu Beginn der Laufzeit 85 Prozent des Anlagekapitals direkt in Aktien. Die Asset Allocation – so der Fachjargon für Vermögensanlage – wird umso konservativer, je näher das Ende der Laufzeit rückt. Am Ende steckt das gesamte Sparguthaben in Geldmarktfonds. Die Zielvorgaben lauten 2010, 2015 und 2020.

Die Fondstochter der Deutschen Bank DWS legt jedes Jahr einen neuen Flex-Pension-Fonds auf. Damit umwirbt sie vor allem konservative Anleger, die sich bislang auf Lebensversicherungen fixiert hatten. Als Vergleichsmaßstab für die Gewinnentwicklung nimmt sie einen Index, der sich aus hauseigenen Fonds zusammensetzt. Darüber hinaus garantiert die DWS eine Höchststandssicherung. Das heißt, dass der Wert des Fonds nicht unter den Kurs, der an einem bestimmten Stichtag erzielt wurde, fallen kann.

Ebenfalls mit einer Garantie lockt Activest, die Fondsgesellschaft der HypoVereinsbank, ihre Kunden in den Pension Protect Fonds. Bei Erstauflage des Fonds Anfang Juni 2005 wurde der Erstrücknahmepreis zum Laufzeitende garantiert. Seitdem wird jeweils zu Beginn eines Monats das Garantieniveau angepasst. Liegt der Rücknahmepreis über dem letzten Garantieniveau, wird das höhere Niveau bis zum Ende garantiert. Activest bietet sechs Fonds mit Laufzeiten zwischen 2015 und 2020 an. So angenehm sich das Versprechen einer Garantie anhört, umsonst ist es nicht. Der vorsichtige Umgang mit dem investierten Geld kostet den einen oder anderen Punkt bei der Rendite. Die würde bei einem aggressiveren Anlagestil wahrscheinlich höher ausfallen. Deshalb verzichtet die Union Investment, Fondsgesellschaft der Volksbanken, auf eine Garantie. Sie legt die Kundengelder, die in den Wertsparplan fließen, in drei verschiedene hauseigene Fonds an: den Aktienfonds UniGlobal, den Mischfonds UniRak und den Rentenfonds UniEuroRenta. Die Kunden können sich zwischen zwei verschiedenen Modellen entscheiden: Je nachdem, ob sie mindestens fünf Jahre oder mehr als zehn Jahre lang ihr Geld anlegen wollen. Die Laufzeit bestimmt der Kunde selbst. Jeder bekommt sein eigenes Konto.

Bequemer Zwang

Grundsätzlich bieten die Zielsparfonds dem Anleger viel Bequemlichkeit. Er muss sich nicht mehr selbst um seine Fondsanteile kümmern, ständig die Tabellen im Auge behalten, um nur ja keine Entwicklung zu übersehen. Das Konstrukt nimmt ihm die Angst, den richtigen Zeitpunkt zu verpassen, zu dem er von Aktien auf Renten beziehungsweise Geldmarktfonds umsteigen muss, um seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Dafür sorgt der Fondsmanager, in dem er Chancen und Risiken einer Anlage gegeneinander abwägt. Umsonst ist dieser Service – natürlich – nicht. Allerdings halten sich die Gebühren in einem angemessenen Rahmen. So betragen die Kosten für die Verwaltung zwischen einem und 1,5 Prozent jährlich. Die Ausgabeaufschläge liegen mit 3,5 bis fünf Prozent in etwa auf dem gleichen Niveau wie bei vergleichbaren Aktienfonds der Gesellschaften.

Da alle Fonds noch sehr jung sind, gibt es keine Performance- Daten, anhand derer sich eine längere Entwicklung verfolgen ließe. Weil aber die meisten Zielsparfonds in hauseigene Produkte investieren, wissen die Anleger, worauf sie sich einlassen. Die Mindestsparraten sind moderat. Sie liegen zwischen 25 und 100 Euro im Monat.

Selbst ist der Sparer

Das höchste Maß an Flexibilität und Unabhängigkeit in der Geldanlage verschaffen sich Sparer, die Freude am Management ihres Portfolios haben. Sie bestimmen selbst, wann sie ihr Kapital wohin umschichten. Auf diese Weise können sie ihre finanziellen Bedürfnisse ihrer jeweiligen persönlichen Situation am besten anpassen. So sieht es auch Peter Grieble, Finanzberater bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart: „Ein Zielsparfonds hat etwas Zwanghaftes. Jeder Mensch hat andere Bedürfnisse, die sich nicht in ein Raster pressen lassen. Das Riesenangebot an Möglichkeiten kann ich nutzen, um die Vorsorge genau auf mich abzustimmen.“ So kann ein Dreißigjähriger sehr risikoscheu sein. Er entscheidet sich vielleicht für einen Rentenfonds. Dagegen möchte es so mancher Fünfzigjährige noch einmal wissen und setzt voll auf Aktien. Denn dort gibt es die größten Chancen – und Risiken.

Die nahe Zukunft vor Augen

Wer so optimistisch in die Zukunft blickt, hat vielleicht ganz andere Pläne als sich mit 60 oder 65 Jahren zur Ruhe zu setzen. Viele Menschen, besonders wenn sie über eine gute Ausbildung verfügen, haben Spaß an ihrer Arbeit. So bleibt es gerade Selbständigen, zum Beispiel Zahnärzten, unbenommen, in bestimmtem Rahmen über die Pensionsgrenze hinaus zu arbeiten. Arbeitszeit und -volumen bestimmt dann jeder selbst. Fröhlich in die Zukunft blickt aber auch der Pensionär, der vielleicht schon mit 60 Jahren den Bohrer weglegt, sich mit dem Erreichten zufrieden gibt und die lange geplante Weltreise antritt, sich ein Segelboot kauft, um die Meere zu erobern oder sich endlich ganz den Rosen in seinem Garten widmet. Die Vorsorge lässt sich in jedem Fall entsprechend planen.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.