IT-Kosten reduzieren

Schnäppchen aus zweiter Hand

Software veraltet – aber sie rostet nicht. Deshalb blüht der Handel mit gebrauchten Lizenzen. Zahnärzte, die ihre Praxiscomputer aufrüsten wollen und nicht unbedingt das Neueste vom Neuen brauchen, können mit Secondhand-Software Geld sparen. Ein gutes Geschäft wird aus dem Gebrauchtkauf aber erst, wenn die rechtliche Absicherung stimmt.

Secondhand auf dem Softwaremarkt ist Trumpf – für Verkäufer und Kunden. 2006 lag der Branchenumsatz laut Berechnungen der Experton Group bei 30 Millionen Euro. In den kommenden Jahren könnte er auf 100 Millionen steigen, prognostiziert das auf Marktforschung im IT-Bereich spezialisierte Unternehmen. Rosige Aussichten für Käufer, findet Experton-Analyst Axel Oppermann: „Für Ärzte ist dieser Markt sehr interessant. Beim Kauf gebrauchter Lizenzen können sie bis zu 40 Prozent sparen.“ Spezielle Zahnarzt-Software gehört zwar bisher nicht zum Angebot, bei Produkten von Microsoft, Adobe und Co. werden Kunden jedoch allemal fündig.

Der Markt

Noch ist die Zahl der Unternehmen, die mit Gebrauchtsoftware handeln, überschaubar. Marktführer ist die Münchener Firma Usedsoft. Für Zahnärzte und andere Kleinkunden ist sie mit einem Mindestauftragsvolumen von 2 000 Euro in der Regel allerdings kein geeigneter Partner. Minipakete haben hingegen Firmen wie 2ndsoft in Aachen, USC in München, Biestig in Singen oder die Hamburger Preo AG geschnürt. Eine weitere Anlaufstelle ist die Internetplattform Pragmatrade. Sie handelt nicht selbst mit Software, sondern wickelt Transaktionen von Dritten gegen Provision ab. Im Service enthalten ist die Prüfung der Warenqualität und der Lizenzunterlagen.

Firmen, die sich auf den Secondhand-Verkauf spezialisiert haben, beziehen ihr Sortiment aus verschiedenen Quellen. Lizenzen werden beispielsweise frei, wenn Unternehmen auf ein neues ITSystem umstellen und ihre alte Software nicht als totes Kapital im Schrank verstauben lassen wollen. Gleiches gilt im Fall von Insolvenzen und Personalabbau.

Für die Käufer gebrauchter Software ergibt sich so nicht nur eine prima Gelegenheit zu sparen. Auf diese Weise kommen sie auch an Produkte, die – weil veraltet – im regulären Handel nicht mehr angeboten werden. Doch Schnäppchenjäger aufgepasst: Geiz ist nicht immer geil. Im Gegenteil: Wenn die IT hinterher nicht funktioniert, nützt das beste Schnäppchen nichts. Also immer darauf achten, dass Hard- und Software auch kompatibel sind. Außerdem wichtig: Vor dem Kauf sollten Interessenten sich nach den Serviceleistungen des Anbieters erkundigen. Meistens ist die Wartung nicht im Vertrag enthalten, viele Händler räumen aber ein Rückgaberecht ein.

Treten danach technische Probleme auf, sind die Kunden jedoch oft auf sich gestellt. Anfragen beim Hersteller können schwierig werden, da er den Gebrauchthandel mit seinen Produkten in der Regel nicht gerne sieht.

Mit Fug und Recht

Ist der Verkauf gebrauchter Softwarelizenzen legal? Eine Frage, die von Herstellern und Gebrauchthändlern seit Entstehen des Marktes Ende der 90er heftig diskutiert wird – auch vor Gericht. Einige Urteile haben Licht in die juristische Grauzone gebracht: Im Juli 2000 entschied der Bundesgerichtshof, dass der Weiterverkauf gebrauchter Lizenzen grundsätzlich erlaubt ist. Damit wies er eine Klage von Riese Microsoft zurück, der den Vertrieb seiner Produkte durch Händler, die vertraglich nicht an ihn gebunden sind, verbieten wollte. Die Richter sahen dafür keine Grundlage und beriefen sich auf den Erschöpfungsgrundsatz im deutschen Urheberrecht. Er besagt, dass Unternehmen ihr Verfügungsrecht über ein Produkt verlieren, sobald sie es verkauft haben. Kunden, die eine Software legal erstanden haben, dürfen diese laut richterlicher Entscheidung also ohne Absprache mit dem Hersteller zu Geld machen. Voraussetzung ist freilich, dass sie alle Versionen und Sicherungskopien des Programms von ihrem Computer löschen. Die neuen Besitzer sollten sich das in einer eidesstattlichen Erklärung versichern lassen. Auf Nummer sicher gehen diejenigen, die sich die Software auf dem Originaldatenträger inklusive Lizenzschlüssel liefern lassen.

Nach wie vor heikel kann der Gebrauchtkauf für Kunden werden, die die Software nicht auf CD-ROM oder DVD erhalten, sondern als Download via Internet beziehen. Ob dieser Vertriebsweg mit dem Urheberrecht vereinbar ist, haben die Gerichte noch nicht abschließend geklärt. Wer sich auf Urteile verlässt, die den Onlineverkauf erlauben, kann bei einer negativen Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes in Bedrängnis geraten. Auch der Softwarekauf bei eBay ist gewagt, denn Raubkopien – gefälschte Lizenzbriefe inklusive – sind im Online-Auktionshaus keine Seltenheit.

Heimliche Kooperation

Auch wenn die Konkurrenten vor Gericht mit den Säbeln rasseln – hinter den Kulissen arbeiten sie vielerorts zusammen. Denn – das haben auch die Hersteller in der Zwischenzeit eingesehen – indem man auf die Urheberrechte pocht, lässt sich der Markt für gebrauchte Software nicht mehr zerschlagen. Um zu vermeiden, dass Kunden auf andere Produkte umsatteln, müssen die Konzerne kooperieren. Auch auf gegnerischer Seite besteht Interesse an einer gütlichen Einigung, denn nur, wenn die Zusammenarbeit mit den Urhebern stimmt, können die Lizenzhändler Kunden mit dem Verkaufsargument Rechtssicherheit locken. Offiziell besteht ein solcher Deal bisher nur zwischen der Münchner Firma USC und Microsoft. Wer sich für das Angebot eines anderen Anbieters interessiert, sollte daher noch einmal gezielt nachfragen.

Susanne TheisenFreie Journalistin in Kölnsusannetheisen@gmx.net

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