Wenn Franchising aus dem Rahmen fällt

Geiz kennt Grenzen

Das gut genährte Sparschwein schlachten und unter die Topseller durchstarten – so leicht stellt sich mancher Laie noch immer den Erfolg per Fanchising vor. Doch was ist wahr an dem Traum vom großen Geld als angebundener Selbstständiger? Denn auch hier gibt’s Pleiten.

Franchising kann in der Tat mit seinen vorgestanzten Rahmen Unternehmern Arbeit ersparen – etwa Eigeninitiative bei Marketing, Innenausstattung, Logistik und gegebenenfalls Vertriebsstrukturen. Dafür müssen sie aber a) bezahlen und b) kräftig arbeiten. Nach Informationen des Magazins „Focus“ erwarten die Dachfirmen, Franchise-Geber genannt, von ihren Lizenznehmern vor allem eins: unternehmerisches Engagement, gerne bis zu 80 Wochenstunden zumindest in der Startphase. Um ihre Marke zu schützen, prüfen sie die Kandidaten oft auf Herz und Nieren. Aber nicht immer. Unerfahrene Neuzugänge gefährden leicht den guten Ruf. Ein „schlechtes“ Beispiel – im wahrsten Sinne des Wortes – ist hierfür der Anwältediscounter Juraxx: Der Durchstart zum Billigtarif geriet zur Bruchlandung, angeblich weil Berufsanfängern Schnitzer passierten. Das kappt schnell den Umsatz – für alle im Clan. Eine typische Kettenreaktion, die immer wieder Krisen herauf beschwört. Für Juraxx beginnt das Insolvenzverfahren diesen Monat. Nach vier Jahren Big Business.

Mehr als billig

Wie gut tut also die Zugehörigkeit zur prägenden Marke dem eigenen Renomee? Das sollte sich jeder Einsteiger fragen. Als Mc-Kunde für Fast-Food jedenfalls mag sich kaum jemand outen. Kurz: So golden der geschwungene Letter des Fast-food-Mc’s auch leuchtet, die Assoziation zum Big-Mäc werten Experten bei Zahnersatz als eklatanten Marketing-Fehler. Wer wollte schon nach einer Zahnbehandlung genau das Gleiche im Mund haben wie derjenige auf dem Nachbarstuhl?

„Eigentlich mögen die Deutschen Billigofferten“, schreibt die „Welt am Sonntag“, vorzugsweise bei Lebensmitteln und Reisen. Doch sobald Unternehmen versuchten, das Aldi-Prinzip auf Dienstleistungen zu übertragen, werde es schwierig, auch weil sie vergäßen, dass der Lebensmittelmitteldiscounter 20 Jahre lang Millionen in sein Image gesteckt hat. Komplexe Dienstleistungen zum Niedrigpreis – das funktioniert nicht. Wo der Kunde viel Beratung braucht, lassen ihn Schnäppchen kalt. Gerade im Gesundheitswesen wird von Dienstleistern „mehr als billig“ gefordert: Hier hat Geiz seine Grenzen, Vertrauen ist gefragt.

Einen Fehlstart legte denn auch jüngst die Kette McPflege hin, die nach zehn Tagen aufgab (mit dem Hinweis auf ihrer Homepage, mit dem angepeilten Zwei-Euro-Stundenlohn wenigstens die Pflegediskussion in Deutschland angestoßen zu haben). Ruth Greiner von der Verbraucherzentrale Hamburg hält es zwar für grundsätzlich sinnvoll, wenn Patienten ein besseres Gefühl für die Kosten ärztlicher Behandlungen entwickelten. Jedoch dürfe man das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht auf den Preis reduzieren. Bei Preisvergleichs-Portalen im Internet etwa bezweifelt die Verbraucherschützerin laut „Die Welt“, dass die Patientenbewertungen die Qualität und Patientenfreundlichkeit der Ärzte ausreichend und unverfälscht wiedergäben: „Empfehlen können wir solche Internetangebote nicht“.

Mit Discount-Leistungen für zahnärztliche Patienten gehen die Medien insgesamt durchaus kritisch um. „Auch dort werden Sie vermutlich eine solide Behandlung bekommen“, schreibt etwa die Funkuhr: Solche Dental-Discounter seien allerdings nicht sehr verbreitet, man müsse also unter Umständen weite Wege in Kauf nehmen. Und: „die Angebote völlig ohne Zuzahlung gelten nur für Standardlösungen.“

Seit der Gründung vor einem Jahr hat Billiganbieter McZahn von seinem Ziel für Ende 2009 über ein Prozent erreicht: Sechs Praxen von angekündigten 400. Die Kette, die immer wieder in die Schlagzeilen geriet, eröffnete jetzt in Bremen einen weiteren Standort. „Wir raten unseren Mitgliedern massiv davon ab, mit McZahn zusammenzuarbeiten“, sagt der dortige KZV-Vize Oliver Woitke. In den Verträgen, die der KZV vorlägen, sei von hohen Umsatzvorgaben die Rede. Er fürchte, dass daher verstärkt auf Zahnersatz statt auf -sanierung gesetzt werde; ihm kommt auch die solide Vertrauensbasis von Patient und Behandler zu kurz. Zudem müssten Kollegen, die das Franchise-Konzept übernähmen, hohe Abgaben an das Unternehmen zahlen. Woitke: „Mit freiberuflicher Arbeit hat das nichts mehr zu tun.“ Was Kritiker als Knebelverträge ansehen, ist laut Franchisegeber Werner Brandenbusch eine „gute Chance“ auf einen angeblichen Umsatz von zwei Millionen im ersten Jahr. „Bescheidenheit ist offenbar nicht die größte Tugend des ehemaligen Textilgroßhändlers“, kommtierten die „Bremer Nachrichten“. Den Wachstumsvisionen von McZahn stehen auch die zahnärztlichen Standesvertreter skeptisch gegenüber: BZÄK-Vize Dr. Dietmar Oesterreich betonte, gerade bei ihrer Gesundheit legten die Menschen vorrangig auf Vertrauen zum Behandler viel Wert.

Vor- und Nachteile typischer Konditionen

Auf Vertrautheit zumindest, also auf den Wert der Wiedererkennung hatte bereits Zahnarzt Dr. Armin Jäkel gesetzt, der vor Jahren Mac-Dent als eine Art Güte-Siegel für Gleichgesinnte zu kreieren suchte. Doch blieb es beim regional begrenzten Franchise-Auftritt im Norden.

Der Franchise-Geber kann das Ortsmonopol nur für seine Kette garantieren, nicht aber für andere Praxen.

Günstige Franchise-Einkaufskonditionen könnten vielleicht locken: Im großen Stil das Material importieren lassen, eröffnet Optionen auf Preisnachlässe. Doch die haben selbstständige Freiberufler bereits ohne Kette erreicht. Die Apotheker etwa haben längst entsprechende Einkaufgemeinschaften gegründet. Über die Hälfte haben sich in Marketingkooperationen integriert, bei denen jedoch oft die Großhändler den Ton angeben. Inwieweit ihnen der Zusammenschluss Bestandsschutz verschafft, scheint fraglich: Kenner sagen einen Apothekenschwund von einem Drittel voraus. Der Handel mit hochwertigen Medikamenten gilt einfach als zu lukrativ, Mitstreiter drängen auf den Markt. Ihnen geht es um den einträglichen Vertrieb von Produkten, weniger um die Dienstleistung. Eine Drogeriemarkt-Gruppe etwa liebäugelt mit eigenem Apothekengeschäft, hat ihre Kooperation mit einem Arzneimittel-Versandhändler in Europa erweitert und will künftig in 80 Filialen in Nordrhein-Westfalen Ausgabestellen für verschreibungspflichtige Medikamente einrichten. Das „Handelsblatt“ zitiert dm-Geschäftsführerin Petra Schäfer: „Wir sondieren sehr sorgfältig den Markt und wollen schnell die adäquaten Maßnahmen ergreifen, wenn sich die Bedingungen verändern.“ Will heißen: Kippt der Europäische Gerichtshof das auf deutschem Recht begründete Fremdbesitzverbot für Apotheken, startet die Kette auf neuem Terrain durch. Das ist nicht zwingend etwas Neues: Vor kurzem hat der Stuttgarter Pharmagroßhändler Celesio den Versandhändler Doc Morris erworben, der offensiv in Deutschland eine Apotheken-Franchiseorganisation aufbaut. Ähnlich wie der saarländische Pharmagroßhändler Kohl mit seiner Art Franchisesystem, das unter dem Namen Avie rund 50 Apotheken umfasst.

Wenn allerdings Zahnärzte, die ja eben weniger Produkte sondern Dienstleistungen anbieten, sich in ihrer räumlichen Vernetzung ausdehnen wollen, stehen ihnen mittlerweile auch andere Möglichkeiten offen. Die Zahnärztliche Tagesklinik München (ZTM) etwa hat nach eigenen Angaben als erste überörtliche Betriebsausübungsgemeinschaft (BAG) Spezialisten für alle zahnärztlichen Bereiche von der Implantologie über Parodontologie bis zur Kieferchirurgie vereint und will im kommenden Jahr sowohl über KZV-als auch über Landesgrenzen expandieren. Die Ärzte arbeiten dort jeweils als Teilhaber oder Angestellte, sind aber nicht Franchise-Nehmer betont der Gründer. Von dem Billig-Prinzip bei McZahn grenzte er sich explizit ab: Er setze auf „ganzheitliche Zahnmedizin zu bezahlbaren Preisen“. Den Segen des BMG scheint er zu haben, den der AOk ebenfalls. Die Kollegen sahen es anders und strengten eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs an.

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