Informationsnetzwerk Migration und Gesundheit

Vielfalt als Chance

236034-flexible-1900
Wissenstransfer und Networking sind die Ziele des europäischen Projekts „Mighealthnet“. Beim ersten nationalen Treffen des Informationsnetzwerkes in Bielefeld präsentierten und diskutierten Wissenschaftler und Praktiker aktuelle Erkenntnisse zum Thema Migration und Gesundheit.

Zahlreiche Fachleute für die Gesundheit von Menschen mit Migrationshintergrund trafen sich am 27. September in Bielefeld. Eingeladen hatte die Projektgruppe „Mighealtnet“ zum ihrem nationalen Meeting. Sie betreibt unter www. mighealth.net/de eine interaktive Informationsplattform zum Thema Migration und Gesundheit. Der Website basiert auf dem Prinzip der Online-Enzyklopädie Wikipedia, nutzt deren Strukturen für wissenschaftliches Wissensmanagement und Vernetzung (zm 15/08, Seiten 26 bis 30).

„Wir wollen unser Wiki in die alltägliche Arbeit der Experten etablieren“, sagte Projektmitarbeiterin Eva Berens. Die interdisziplinäre Austauschplattform finde bereits großen Anklang in der Fachöffentlichkeit. Zudem erläuterte Berens, dass derzeit ein Überblicksbericht über den Forschungs- und Entwicklungsstand in Deutschland für die EU-Kommission entstehe. An dem Projekt beteiligen sich insgesamt 16 weitere EU-Länder.

Mal besser, mal schlechter

Einen epidemiologischen Überblick lieferte Hajo Zeeb von der Universität Mainz. „Die gesundheitliche Lage von Migranten in Deutschland ist teilweise schlechter, teilweise aber auch gleich oder besser als die der Mehrheitsbevölkerung“, sagte der Mitautor des aktuellen RKI-Berichts „Migration und Gesundheit“. Allmählich verbessere sich die Datenlage, jedoch nicht für alle Migrantengruppen im gleichen Ausmaß.

Dass Migranten viele gesundheitliche Leistungen, wie etwa Früherkennungsuntersuchungen, weniger oder verspätet in Anspruch nehmen, belegte Dr. Birgit Babitsch, Charité Berlin, anhand von Studienergebnissen. „Wir brauchen nicht nur Daten, wir brauchen auch eine verbesserte Praxis“, betonte Tagungsteilnehmer Ramazan Salman, Geschäftsführer des Ethnomedizinischen Zentrums (EMZ) in Hannover.

Wer gesundheitliche Ungleichheiten bei Migranten verringern wolle, müsse auf mehren Ebenen ansetzen, unterstrich Gesundheitswissenschaftlerin Diana Sahrai, Universität Bielefeld. Denn sowohl sozioökonomische als auch ethnizitätsund migrationsspezifische Faktoren spielten eine Rolle.

Blick auf den Einzelnen

Chronische Krankheiten treten bei Migranten durchaus in widersprüchlichen Mustern auf. Diese ließen sich mit einem Blick auf den Lebenslauf des Einzelnen und die epidemiologische Situation des Herkunftslandes erklären, sagte Dr. med. Oliver Razum. Er leitet das deutsche Mighealthnet-Teilprojekt an der Universität Bielefeld.

Letztlich sei Zuwanderung nicht die einzige Ursache für zunehmende Heterogenität in der Bevölkerung. „Heterogenität wird angesichts immer individuellerer Lebensläufe, Wünsche, aber auch zunehmend unterschiedlicher sozialer Lagen zur Normalität“, betonte Razum.

Statt über gruppenspezifische Gesundheitsangebote nachzudenken, sollten Gesundheitsdienste ein Diversity Management betreiben, bekräftigte Razum. Dessen Ziele seien es, Benachteiligung im Gesundheitswesen auszuschließen und Vielfalt als Ressource und Chance zu nutzen, erklärte Sozialwissenschaftlerin Ingrid Katharina Geiger.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.