Konservierende Zahnmedizin

Bisshebung mit direkter Adhäsivtechnik

Heftarchiv Zahnmedizin
Das Ziel der vorliegenden Studie war die Nachuntersuchung von klinischen Fällen nach drei Jahren, bei denen mit direkter Adhäsivtechnik Bisshebungen durchgeführt wurden bei Patienten mit massiven okklusalen Erosions- und Abrasionsdefekten.

Der Wiederaufbau verloren gegangener Zahnhartsubstanz an erosions- und abrasionsgeschädigten Gebissen stellt eine besondere Herausforderung dar, weil mit dem Abtrag der Zahnhartsubstanz in der Regel auch eine Änderung der Vertikaldimension im stomatognathen System einhergeht. Eine Rekonstruktion der Okklusalflächen muss daher bezüglich Langzeitstabilität, Funktion und Ästhetik den Ansprüchen der Patienten entsprechen. Traditionsgemäß wurden daher für die Therapie solcher Fälle VMK-Kronen oder Keramikoverlays eingesetzt, die vergleichsweise teuer und vor allem sehr invasiv sind. Durch die Weiterentwicklung der Komposit-Füllungsmaterialien werden inzwischen Produkte angeboten, für die zuverlässige klinische Langzeiterfolge nachgewiesen wurden. Dadurch hat sich ein Paradigmenwechsel vollzogen, Kompositmaterialien auch im Seitenzahnbereich für okklusionstragende Restaurationen zuzulassen. Damit könnte sich auch für eine Bisshebung im erosionsund abrasionsgeschädigten Gebiss eine neue Indikationsstellung für diese Materialgruppe ergeben.

In der wissenschaftlichen Literatur wird vorgeschlagen, die durch Schienenvorbehandlung abgesicherte neue Bisslage im Artikulator aufzuwachsen, um eine neue, funktionell abgestimmte Okklusionsbeziehung zwischen Oberund Unterkiefer herzustellen. Über diese neuen Kauflächengestaltungen werden auf einem Duplikatmodell Tiefziehschienen hergestellt, um diese im Mund des Patienten zum direkten Aufbau der Okklusalflächen mit Kompositen in Kombination mit der Adhäsivtechnik zu nutzen.

In den Jahren 2004 und 2005 wurden von der Autorengruppe auf diese Weise sieben Patienten versorgt. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung war, das klinische Erscheinungsbild solcher Rekonstruktionen mit Bisshebung nach drei Jahren nachzuuntersuchen. Dazu wurden bei den Patienten (Durchschnittsalter: 36 ± 6 Jahre) insgesamt 87 Seitenzähne mit durch Erosion und/oder Abrasion bedingten, massiven okklusalen Zahnhartsubstanzverlusten mit Komposit okklusal wieder aufgebaut. Nach der Eingangsuntersuchung wurden die Ursachen für die erosionsbedingten Substanzverluste ermittelt und gegebenenfalls (bei Vorliegen einer Bulimie oder gastro-ösophagaler Reflux-Problematik) medizinisch behandelt. Mit einer Schienenvorbehandlung für vier bis sechs Monate wurde überprüft, dass die angestrebten neuen Bisslagen von den Patienten akzeptiert wurden, um dann mit einer Tiefziehschiene, die am endständigen Zahn der Zahnreihe und im Frontzahnbereich auf der vorhandenen Zahnoberfläche abgestützt war, mit Komposit aufzubauen. Dazu wurde die natürliche Zahnhartsubstanz im Sinne der Etch&Rinse-Technik (Syntac, Ivoclar Vivadent) vorbehandelt, vorhandene Kompositfüllungen wurden zuvor mit einem Pulverstrahlgerät angeraut. Die einzelnen Okklusalflächen wurden alternierend in die neue Bisslage mit Komposit (Tetric Ceram, Ivoclar Vivadent) aufgebaut. Die Nachbarzähne wurden dabei geschützt, so dass jeder Approximalbereich mit Zahnseide gängig war.

Die klinische Nachuntersuchung nach drei Jahren erfolgte unter Verwendung der modifizierten USPHS-Kriterien durch drei Zahnärzte, die sich bei Unstimmigkeiten im Urteil auf einen Konsens einigten. Die Gesamtqualität der Restaurationen war gut und wurde mit überwiegenden „Alpha“-Beurteilungen – der besten Note – eingeschätzt. Nur die Randqualität zeigte einige Abweichungen mit 37 Prozent „Bravo“ für Randverfärbungen (leichte Verfärbung, durch Nacharbeiten entfernbar) und 45 Prozent „Bravo“ für Randintegrität (positive oder negative Stufe, die durch Nacharbeiten entfernt werden konnte). Nur eine Restauration zeigte röntgenologische Zeichen einer Füllungsrandkaries. Das Oberflächenverhalten und die Farbstabilität der Kompositrestaurationen wurden mit „Alpha“ bewertet. Die anatomische Form der meisten rekonstruierten Okklusalflächen wurde auch nach drei Jahren mit „Alpha“ bewertet. Die 46 Prozent „Bravo“-Beurteilungen bezogen sich auf geringe Substanzverluste im Komposit durch Attrition, während nur zwei okklusale Rekonstruktionen Ausdehnungen des Kompositverlusts bis zur Zahnhartsubstanz aufwiesen und mit „Charlie“ eingestuft wurden. Zwei Zähne wurden von der Beurteilung ausgeschlossen, da sie kurz vor dem Nachuntersuchungstermin behandelt werden mussten.

Alle Zähne waren noch vital und zeigten keine Hinweise auf Hypersensibilitäten bei Überprüfung durch die Sonde oder im Luftstrom. Die parodontalen Gewebe waren entzündungsfrei bis auf zwei Patienten mit einer Gingivitis und einen Patienten mit Attachmentverlust durch einen benachbarten, irregulär durchbrechenden Weisheitszahn.

Die subjektive Beurteilung durch die Patienten mit einer visuellen Analogskala zeigte hohe Zufriedenheit mit der Behandlung. Muskel- und Kiefergelenksprobleme traten nur bei einer Patientin auf, die bereits vor der Rekonstruktion bestanden, die allerdings weder stärker empfunden noch durch die Behandlung gelindert wurden. Alle Patienten würden die Behandlung ohne Bedenken anderen Patienten empfehlen.

Bisher gibt es nur wenige klinische Untersuchungen zur okklusalen Rehabilitation mit Kompositen, da der umfangreiche Einsatz von Kompositen in okklusionstragenden Bereichen über viele Jahre kritisch gesehen wurde. Die Autoren der vorliegenden Studie kommen allerdings zu dem Schluss, dass direkte Kompositrestaurationen zur Wiederherstellung von stark abradierten Gebissen zumindest eine mittelfristig temporäre Versorgung mit einer non-invasiven und preiswerten Behandlungstechnik darstellen.

Quelle: Schmidlin PR, Fili T, Imfeld C, Tepper S, Attin T. Three-year evaluation of posterior vertical bite reconstruction using direct resin composirte - A case series. Oper Dent 2009;34:102-108.

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