Patientenlogistik

Warten wird überflüssig

Heftarchiv Praxis
Im Krankenhaus fühlen sich viele Patienten hilflos – häufige Bettenwechsel, Wartezeiten beim Röntgen und kurzfristig abgesagte OP-Termine belasten und nerven. Doch auch das Personal leidet unter Schleifen und redundanten Tätigkeiten. Eine Ursache: die dezentrale Planung der Kliniken. Fachübergreifende Strukturen müssen her.

Prozesse im Krankenhaus sind in der Regel hierarchisch und professionsgebunden aufgebaut: Eine Stelle überblickt die Aufnahmen, die einzelnen Abteilungen planen ihre Funktionsdiagnostik und die Anästhesie ihre Einsätze. Eine insgesamt sehr starre Arbeitsteilung, in der wenig synchronisiert wird. Diese Ineffizienz verunsichert die Krankenhausmitarbeiter und macht Patienten unzufrieden. Messbar ist das etwa in steigenden Warte zeiten, zunehmenden Behandlungsfehlern und häufigen Doppeluntersuchungen. Patientenlogistik, also eine zentrale Ablaufplanung für jeden Patienten, halten Experten daher für längst überfällig.

Wirtschaftlich ...

Aufschlussreich ist eine Studie zur Patientenlogistik der Arbeitsgruppe für Supply Chain Services (SCS) des Fraunhofer-Instituts, für die die verantwortlichen Entscheider von 24 bayerischen Krankenhäusern Auskunft gaben. Neun von zehn Befragten maßen dem Bereich eine große Bedeutung zu, gleichzeitig bewertete aber nur ein Drittel die aktuelle Situation in ihrem Haus als gut.

Um die Patientenlogistik zu optimieren, müssen nach Ansicht der Befragten insbesondere verbessert werden:

• Terminierung (77 Prozent)

• Verantwortungsübergang (59 Prozent)

• Ablaufprognose (58 Prozent)

• Aufenthaltsort (50 Prozent)

Wichtigstes Kriterium dabei: die Wirtschaftlichkeit des Hauses. In einem Krankenhaus mit 50 000 stationären und 100 000 ambulanten Fällen können laut Schätzungen jährlich 2,7 Millionen Euro Zusatzerlös generiert werden – allein indem die Verweildauer aufgrund besserer Organisation und optimierter Nutzung von Personalressourcen verkürzt wird. Außerdem könnte man die zeitaufwendige Koordination durch ein intelligentes Terminplanungstool halbieren. Ist eine Klinik dementsprechend organisiert, arbeiten Ärzte und Pfleger laut dem Magazin „e-Health“ zu 40 Prozent effektiver.

... effektiv ...

Die Ursachen für eine mangelhafte Patientenlogistik sind vielfältig. Ganz einfache Veränderungen können schon große Verbesserungen bringen, etwa die Organisation des Patientenbegleitdienstes oder gut sichtbare Wegweiser. Das Hauptaugenmerk – gleichzeitig die größte Herausforderung der Patientenlogistik – ist aber die räumliche und zeitliche Koordination von Patient und Arzt oder Pflegepersonal mit dem benötigten Untersuchungsraum und den gegebenenfalls notwendigen technischen Apparaturen. Termine müssen abteilungsübergreifend geplant werden, denn auf dem Weg eines Patienten von der Aufnahme über die Vorbereitung zur OP sind unterschied liche Experten gefragt. Dafür bietet sich moderne Logistiksoftware an, die den Überblick über den Workflow behält.

Deutsche Krankenhäuser haben in den letzten Jahren viele Prozesse optimiert, doch die Koordination der abteilungsübergreifenden Patientenströme greift derzeit häufig nur auf eine unzureichende Datenbasis zurück. Das Krankenhausinformationssystem (KIS) liefert Routinedaten, weiterhin gibt es teilweise Terminkalender der Leistungsstellen und Stationen – insgesamt aber weisen die Planungs- und Koordinationsdaten noch Lücken auf. Sie gilt es, mit Hilfe geeigneter Verfahren, Verhaltensweisen und Technologien zu schließen. Immer mehr Computersysteme werden dafür entwickelt.

Ein integriertes IT-Ressourcenplanungstool ist ein komplexes Instrument, weil es Termine für viele unterschied liche Abteilungen und Krankenhausmitarbeiter festlegt. Es muss eine Vielzahl an Schnittstellen und Planungskreisen beachten.

... und erholsam für alle

Inzwischen gibt es immer mehr Programme zum „Enterprise Resource Planning“ (ERP), der „Planung der Unternehmensressourcen“. Diese Programme tun nichts anderes, als die hohe Komplexität der Terminplanung aufzufangen: Die Regeln dafür sind nämlich je nach Krankenhaus unterschiedlich, sehr komplex und veränderlich.

Die Termine verdichten sich außerdem, weil die Patienten immer schneller aus der Klinik wieder entlassen werden. Die Folge: Der zeitliche Abstand einzelner Termine wird enger.

Dass der Patient selbst in diesem computergesteuerten System kaum mehr eine Rolle spielt, ist weit gefehlt. Denn er ist im komplexen Prozess der wichtigste Faktor. Er beeinflusst durch sein Verhalten und seine Entscheidungen die Abläufe maßgeblich. Daher muss das Programm auch sicherstellen, dass er zielgerichtet informiert, gesteuert und koordiniert wird. Doch unabhängig von individualisierter Patientenlogistik sind in einem Krankenhaus Wartezeiten unvermeidlich – denn nicht planbare Ereignisse wie Notfälle und Verzögerungen werden immer Informationsasymmetrien im System erzeugen und Änderungen im Ablauf erzwingen.

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