Thema im Dental Vademekum

Hilfestellung für die Umsetzung präventionsorientierter Zahnheilkunde

Heftarchiv Zahnmedizin
In der Kariologie und Füllungstherapie vollzieht sich seit einigen Jahren ein deutlicher Wechsel der Behandlungsansätze, der durch den Begriff „präventionsorientierte Zahnheilkunde“ charakterisiert ist. Neben der minimalinvasiven Versorgung bereits kavitierender kariöser Defekte steht dieser Terminus vor allem auch für Strategien, Karies zu verhindern oder noch nicht kavitierende Initialläsionen individuell angemessen zu behandeln.

Eine präventionsorientierte Zahnheilkunde erschöpft sich jedoch nicht im Einsatz kleinerer Schleifinstrumente oder in der Applikation von Fluoridierungsmitteln, sondern sie setzt zuallererst ein entsprechendes Umdenken der Zahnärzteschaft voraus. Zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen belegen, dass dieses – die Betreuungsstrategie betreffende – Umdenken stattfindet.

Als ein Kernpunkt der Präventionsorientierung kann formuliert werden, dass die jeweils optimale Vorgehensweise für jeden Patienten individuell zu ermitteln ist. Zentrale Parameter sind dabei die Kariesdetektion und die Einschätzung der Kariesaktivität, aus der dann Schlussfolgerungen über die Behandlungsstrategie zu ziehen sind. Alles in allem wird ein Verständnis für die Geschehnisse an der initialkariösen Zahnoberfläche, aber auch die Kenntnis von Verfahren der Kariesrisikoeinschätzung gefordert. Letztlich wird eine auf derartigen Grundlagen abgestützte Patientenbetreuung aber auch nur dann erfolgreich sein, wenn die Eigenschaften der angewendeten Hilfsmittel und Materalien bekannt sind.

Zur Einschätzung des Kariesrisikos werden neben klinischen Befunden verschiedene Tests zur Beurteilung von Speichelparametern angeboten. Angesichts der multifaktoriellen Kariesätiologie konnte bislang allerdings kein einzelner Test eine zuverlässige Prognose der zukünftigen Kariesentwicklung erzielen. Jedoch scheint die Einbindung derartiger Diagnostika in umfassende Präventionsprogramme zur Unterstützung der Patientenmotivation vorteilhaft zu sein, und eine besondere Indikation zur Kariesrisikobestimmung scheint bei der Betreuung Schwangerer gegeben zu sein.

Ohne Fluorid keine Prävention

Zur Kariesprävention wie auch zur Behandlung von initialkariösen Läsionen ist Fluorid von zentraler Bedeutung. Der in den vergangenen Jahren vielfach festgestellte Kariesrückgang wird auf die verbreitete Anwendung von Fluoriden in Mundhygieneprodukten zurückgeführt. Die größte Wichtigkeit kommt dabei sicherlich fluoridhaltigen Zahnpasten zu. Es besteht eine umfangreiche wissenschaftliche Literatur, aus der mit hohem Evidenzgrad der besondere Stellenwert von fluoridhaltigen Zahnpasten in der Kariesprävention abzulesen ist. Der beobachtete Kariesrückgang wird dabei auf die Fluorideffekte an den Zahnhartsubstanzen wie der Bildung eines Fluorid-Reaktionsproduktes auf der Zahnoberfläche (Kalziumfluorid, dient als Fluoridspeicher) sowie der beschleunigten Remineralisation bei subklinischen und initialen Kariesstadien zurückgeführt.

Oft muss der Patient motiviert werden, Mundhygiene regelmäßig durchzuführen. Hierzu können die Sichtbarmachung der für den Patienten ansonsten häufig schwer zu erkennenden Plaque mithilfe von Plaquerevelatoren oder die schon erwähnten bakteriellen Tests beitragen. Letztlich bedarf es dann aber immer der regelmäßigen und erfolgreichen Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen durch den Patienten. Als förderlich können sich hierbei individuelle Hinweise auf geeignete Hilfsmittel wie manuelle oder elektrische Zahnbürsten erweisen.

Besser mit Motor

Elektrisch angetriebene Zahnbürsten können gute Alternativen zu Handzahnbürsten sein. Insbesondere bei untrainierten Patienten oder bei speziellen Indikationen, zum Beispiel bei älteren Patienten, weisen elektrische Bürsten Vorteile gegenüber der Handzahnbürste auf, und in neueren Arbeiten werden sie gegenüber der Handzahnbürste durchweg positiver bewertet. Dennoch kann prinzipiell auch mit Handzahnbürsten eine gute Reinigung erzielt werden, sodass beiden Produktgruppen auch künftig die gleiche Bedeutung zukommen dürfte. Auch elektrische Zahnbürsten dürfen wie Handzahnbürsten nicht mit übermäßigem Anpressdruck angewendet werden, da hieraus Schäden an Gingiva und Zahnhartsubstanzen resultieren können.

In diesem Zusammenhang sind wiederum Zahnpasten von Bedeutung, denn durch Pasten mit höherer Abrasivität kann der Entstehung von Zahnschäden unter erhöhter Bürstkraft Vorschub geleistet werden. Die individuelle Zahnpastenempfehlung berücksichtigt daher deren Abrasivität. Insbesondere bei empfindlichen Zahnhälsen ist es wichtig, dass die Zahnpasten eine niedrige Abrasivität aufweisen. Andere Pasten können hier durch Unterbrechung der Reizleitung oder durch Verschließen offener Dentintubuli desensibilisierend wirken.

Zahnzwischenräume bleiben das Problem

Auch für motivierte Patienten bleiben die Zahnzwischenräume oft schwierige Bereiche. Hier ist eine individuell abgestimmte Empfehlung für Zahnseide und/oder Interdentalbürsten zu treffen, und die Anwendung dieser Hilfsmittel sollte mit dem Patienten eingeübt werden.

Im Rahmen der professionellen Betreuung, insbesondere bei erkennbaren beginnenden Defekten (white spots), sind höher konzentrierte Fluoridlacke von Bedeutung. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass eine deutliche Beziehung zwischen erhöhter Fluoridkonzentration und besserer Karieshemmung besteht.

Aus dieser Schilderung von Elementen einer präventionsorientierten Zahnheilkunde wird deutlich, dass zu ihrer erfolgreichen Umsetzung neben dem zahnärztlichen Umdenken die aktuelle Kenntnis von Verfahren, Hilfsmitteln und Materialien unabdinglich ist. Hierbei ist die kürzlich erschienene 10. Ausgabe des Dental Vademekums (Das Dental Vademekum, Deutscher Zahnärzte Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-7691-3402-5) eine große Hilfe. Das von der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) herausgegebene Dental Vademekum enthält zu den angerissenen Fragestellungen detaillierte Produktauflistungen. Diesen tabellarischen Übersichten sind – unter Beachtung der zahnmedizinischen Evidenz – Zusammenfassungen des Literaturstandes mitsamt ihren Literaturhinweisen vorangestellt. Das DDV fördert damit nicht nur die Verwendung individuell optimaler Hilfsmittel, sondern auch das in der präventionsorientierten Zahnheilkunde offenkundig werdende neue zahnmedizinische Denken.

Prof. Dr. Ulrich SchiffnerUniversitätsklinikum Hamburg-EppendorfZentrum ZMKPoliklinik für Zahnerhaltung und PräventiveZahnheilkundeMartinistr. 5220246 Hamburgschiffner@uke.universität-hamburg.de

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