Unabhängige Patientenberatung Deutschland legt Beschwerdestatistik vor

Beanstandungen werden immer ernst genommen

Die vom Modell zur Regelinstitution überführte Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) hat jetzt ihre Beschwerdestatistik vorgestellt, darunter auch vergleichsweise hoch anmutende Beanstandungsquoten im zahnärztlichen Bereich. Die auf dem UPD-Kongress am 22. November in Berlin vorgelegten Zahlen erfordern aber eine differenzierte Betrachtung: Absolut sind die im ersten Halbjahr 2010 festgestellten 2013 Beanstandungen bei insgesamt rund 40 Millionen Behandlungsfällen äußerst gering – und damit kein Beleg für manifeste Mängel in der zahnärztlichen Behandlung.

Trotzdem wird Deutschlands Zahnärzteschaft, so BZÄK-Präsidiumsmitglied Dr. Dietmar Oesterreich in direkter Reaktion auf die veröffentlichten Zahlen, diese Ergebnisse der UPD-Statistik „sehr ernst nehmen“. Die Zahnärzteschaft werde auch künftig im Rahmen der eingerichteten Patientenberatungsstellen, die zum Teil in Kooperation mit der UPD geführt werden, sowie ihrer Gutachter- und Schlichtungsstellen in den Organisationen aktiv mit dem Thema umgehen: „Gerade im zahnmedizinischen Bereich ist der Patient durch die unterschiedlichen wissenschaftlich anerkannten Therapieoptionen und die gesetzlichen Entscheidungen zur Kostenbeteiligung stärker in die Behandlungsabläufe involviert. Insbesondere die finanzielle Beteiligung der Patienten führt häufig zu Nachfragen,“ ist der BZÄK-Vizepräsident überzeugt.

Vielleicht, so wurde auf der Pressekonferenz der UPD anhand nicht näher spezifizierbarer Zahlen gemutmaßt, sei das mit ein Grund für die im Vergleich zu anderen Bereichen der niedergelassenen Leistungserbringer höheren Beschwerdekontakte.

Niedrige Fallzahlen

Zur UPD-Statistik selbst: Insgesamt wurde die Patientenberatung im ersten Halbjahr 2010 von 39 299 Personen kontaktiert. Mehr als die Hälfte der Ratsuchenden waren Frauen. Etwa 20 Prozent der Kontakte beinhalteten Beschwerden. Diese bezogen sich auf Krankenkassen oder Kostenträger, Gutachten oder stationäre Einrichtungen und Pflege, darüber hinaus auf „einen großen Anteil an Beschwerden, die keinem dieser Bereiche zugeordnet wurden“ – und etwa ein Drittel der zwanzig Prozent auf das Feld der Leistungserbringer.

Von diesen im zahn-/medizinischen Spektrum festgestellten 2 013 Beschwerden entfielen auf die Zahnmedizin 29,7 Prozent, auf Hausärzte/Allgemeinmediziner 17,5, Orthopädie 10,7, Augenheilkunde 7,0, Innere Medizin 5,1, Neurologie 4,1, Gynäkologie 3,3, Chirurgie 3,1, Urologie 2,7, Dermatologie 2,4, Psychologische Psychotherapie 2,2, HNO 1,6, Ärztliche Psychotherapie 1,2 und auf Kinderheilkunde 0,8 Prozent der Beschwerden.

Patienten einbinden

Auf den ersten Blick deutet das Zahlenverhältnis auf hohe Beschwerdeaufkommen im Bereich der Zahnmedizin. Ein Vergleich mit Zahlen aus dem KZBV-Jahrbuch 2009 relativiert diesen Interpretationsansatz aber deutlich: Denn laut KZBV-Statistik stehen den insgesamt etwa 42 Millionen konservierenden und chirurgischen Behandlungen etwa 2 300 Beschwerden gegenüber. Das entspricht einem Anteil von nur 0,005 Prozent aller Behandlungsfälle.

Fakt ist auch: Insbesondere in der Zahnmedizin ist der Patient aufgrund der unterschiedlichen wissenschaftlich anerkannten Therapieoptionen und des dabei zwingend notwendigen Einbezugs der Erwartungshaltung besonders gefordert. Hinzu kommt, dass diese Möglichkeiten für den Patienten selbstverständlich auch differente finanzielle Belastungen nach sich ziehen. Oesterreich: „Ein an den Kosten beteiligter Patient schaut natürlich auch gründlicher auf die Leistung.“

Also alles eine Folge der Einbindung der Patienten in die Therapieentscheidung und der daraus erwachsenden finanziellen Beteiligungen? Die gegenüber den hohen KZBV-Fallzahlen niedrige Beanstandungsquote lässt wenig Raum für Interpretationen. Dennoch müsse man, so die Bundeszahnärztekammer, auch diese Meldungen ernst nehmen und in die weitere Ausgestaltung für Transparenz und Patienteneinbindung einbeziehen.

Die UPD weiß um die niedrigen Fallzahlen, signalisierte in Berlin aber auch, dass man in den einzelnen Regionalstellen auf einen Beratungsbedarf gestoßen ist, dem die UPD mit den vorhandenen Kapazitäten nicht nachkommen konnte. Hinzu kommt, so UPD-Geschäftsführerin Astrid Burkhardt, „dass die geäußerte Beschwerde nicht heißt, dass die Beratenen auch Recht haben.“

Modell wird Regelfall

Wichtig zur Einschätzung der insgesamt knapp 2 013 gelisteten Beschwerden ist auch deren Bandbreite: Insgesamt entfallen (bei möglichen Mehrfachnennungen) 48 Prozent auf Behandlungsfehler, fast 30 Prozent auf Behandlungsdiagnostik und -methodik, etwa 20 Prozent auf Behandlungsabbrüche oder „Verweigerungen“ sowie auf Arzneimittelverordnungen, die in etwa zehn Prozent der Fälle als Ursache genannt wurden.

Für Wolfgang Zöller, den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten, hat sich die seit vier Jahren arbeitende UPD inzwischen bewährt. Zöller will, dass die UPD ab Januar im Rahmen ihrer vom Gesetzgeber geforderten Berichtspflicht über die Anfragen und Beschwerden informiert. Die bisherige Beschwerdestatistik wurde dem Patientenbeauftragten anlässlich der Pressekonferenz offiziell übergeben.

Das Modellprojekt der Verbraucherzentrale Bundesverband, des Sozialverbandes VdK Deutschland und des Verbundes unabhängige Patientenberatung hat seinen auf vier Jahre ausgelegten Modellversuch damit abgeschlossen. Das zum 31. Dezember 2010 laut UPD erfolgreich erprobte Vorhaben geht laut Beschluss des Gesetzgebers ab 2011 in die Regelversorgung über.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen stellt jährlich rund 5,1 Millionen Euro für diese Institution mit ihren 71 Beratern in 22 Beratungsstellen innerhalb des Bundesgebietes zur Verfügung.

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