Repetitorium

Krebsprävention

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Die Krebsmedizin hat inzwischen deutliche Erfolge zu verbuchen. So gibt es bei einigen Tumoren wie dem Brustkrebs verbesserte Heilungschancen und bei anderen Krebsarten wie etwa dem Darmkrebs längere Überlebenszeiten. Die beste Waffe im Kampf gegen den Krebs aber ist und bleibt die Prävention. Möglichkeiten hierzu gibt es auf unterschiedlichen Ebenen: von einer vernünftigen Lebensführung bis hin zur Impfung gegen Hepatitis B und Humane Papillomviren (HPV).

Schätzungen zufolge erkranken weltweit jährlich rund zwölf Millionen Menschen an Krebs. In Deutschland wird die Zahl der neuen Krebsdiagnosen mit jährlich 420 000 angegeben. Zwar ist bei einigen Tumoren mittlerweile ein Rückgang der Krebssterblichkeit zu verzeichnen, insgesamt bleibt der Krebs aber hierzulande nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache.

Krebstodesfälle zu 40 Prozent vermeidbar

Die Krebsentstehung wird neben der genetischen Disposition weitgehend durch den Lebensstil getriggert. Zu den bekanntesten Risikofaktoren gehören das Rauchen sowie eine ungesunde Ernährung. So ist das Rauchen ein zentraler Risikofaktor für das Bronchialkarzinom, leistet zugleich aber auch Krebserkrankungen der Mundhöhle, des Kehlkopfs sowie der Speiseröhre Vorschub. Rauchen ist zudem mit einem erhöhten Risiko für ein Karzinom der Harnblase sowie des Pankreas assoziiert. Auch bei der Ernährung sind Zusammenhänge beschrieben, wobei der reichliche Verzehr von Obst und Gemüse protektiv wirken soll, während der häufige Verzehr von rotem Fleisch die Krebsentstehung hingegen begünstigt.

Das verdeutlicht bereits, dass durch nur wenige Faktoren des Lebensstils das Krebs-risiko deutlich minimiert werden kann. Die Weltkrebsorganisation UICC (Union Internationale Contre le Cancer) hat deshalb den diesjährigen „Weltkrebstag“ unter das Motto „Krebsprävention“ gestellt, um das öffentliche Bewusstsein für die Zusammenhänge zwischen Lebensstil und Krebserkrankung zu schärfen.

Denn rund 40 Prozent der Krebstodesfälle wären vermeidbar, so hieß es bei einer Veranstaltung anlässlich des Weltkrebstages 2010 im Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Als wichtigste Maßnahmen nennen die Wissenschaftler dort

• den Verzicht auf das Rauchen,

• das Vermeiden von Übergewicht,

• regelmäßige Bewegung,

• den Verzehr von viel Obst und Gemüse,

• einen nur mäßigen Alkoholkonsum,

• die Vermeidung intensiver Sonnen- bestrahlung,

• die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen sowie

• die Impfung gegen das Hepatitis-B-Virus und gegen Humane Papillomviren.

Infektionen als Auslöser

Die Zusammenhänge zwischen Infektionen und Krebs sind in der Bevölkerung kaum bekannt. Weltweit betrachtet aber werden rund 20 Prozent der Krebsfälle durch Viren oder Bakterien hervorgerufen und könnten zum Teil durch Impfungen verhindert werden. Infektionen spielen im Hinblick auf potenzielle Krebserkrankungen allerdings in den Entwicklungsländern, wo sie für 26 Prozent der Krebsfälle verantwortlich zeichnen, eine weitaus größere Rolle als in den Industrienationen, in denen rund acht Prozent der Krebsfälle auf das Konto von Viren und Bakterien gehen.

Gegen zwei durch Viren ausgelöste Krebsarten kann man sich dabei durch eine Impfung schützen. Dies ist zum einen der durch eine Infektion mit Hepatitis-B-Viren verursachte Leberkrebs. So ist sehr gut do-kumentiert, das eine chronische Hepatitis-B-Infektion mit einem hohen Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose einhergeht, auf deren Boden sich bei rund zehn Prozent der betroffenen Patienten ein hepatozelluläres Karzinom ausbildet. Durch die Hepatitis-B-Impfung lässt sich die chronische Infektion und damit auch der sich potenziell daraus bildende Leberkrebs verhindern. Das belegen eindrucksvoll langjährige Impfprogramme in Taiwan, wo durch die Impfung inzwischen ein Rückgang der Häufigkeit des Leberkarzinoms um 70 Prozent registriert wurde. „Die Hepatitis-B-Impfung ist somit eindeutig eine Krebs-Schutzimpfung“, erläuterte Prof. Dr. Harald zur Hausen in Heidelberg, der für seine Verdienste um die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Humane Papillomviren (HPV) mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet wurde.

HPV ist eng assoziiert mit dem Gebärmutterhalskrebs, weshalb die ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut die Impfung aller jungen Mädchen gegen HPV empfiehlt. Zwar fehlt bislang der letzte Beweis, dass durch die Impfung die Rate an Gebärmutterhalskrebs zurückgeht, belegt aber ist in groß angelegten Studien, dass die Impfung die Ausbildung der Krebsvorstufen verhindert.

Auch bei anderen Tumoren wird intensiv geforscht, ob es einen Zusammenhang zu Infektionen gibt und ob entsprechende Impfmöglichkeiten entwickelt werden können. Hinweise auf die Beteiligung von Viren oder Bakterien bei der Krebsentstehung gibt es laut zur Hausen zum Beispiel auch bei den kindlichen Leukämien.

Rauchverzicht ist aktive Prävention

Rund ein Drittel aller Krebserkrankungen sollen Schätzungen zufolge in den Industrienationen auf den Konsum von Tabak zurückzuführen sein. Ganz eindeutig sind die Zusammenhänge beim Bronchialkarzinom: So handelt es sich bei rund 90 Prozent der Männer, die einen Lungenkrebs entwickeln, um Raucher. Bei Frauen liegt der Anteil etwas niedriger, wobei in der Literatur Zahlenangaben von 60 bis 80 Prozent zu finden sind. Der Lungenkrebs ist dabei keineswegs selten: Jährlich erkranken in Deutschland 32 500 Männer und 12 450 Frauen an diesem Tumor, der damit bei Mann und Frau die dritthäufigste Krebserkrankung darstellt.

Lebenserwartung um mehr als 20 Jahre verkürzt

Doch das Rauchen fördert nicht nur das Bronchialkarzinom, sondern auch andere Tumoren. So werden laut Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) 40 bis 60 Prozent der Krebserkrankungen von Kehlkopf, Mundhöhle und Speiseröhre mit dem Rauchen allein oder der Kombination von Tabak und Alkohol in Verbindung gebracht. Erhöht ist bei Rauchern gegenüber Nichtrauchern außerdem das Risiko für ein Karzinom der Harnblase, des Pankreas, der Nieren und des Magens.

Das DKFZ beziffert auch die Folgen des Rauchens. Demnach stirbt ungefähr die Hälfte der Menschen, die bereits in jungen Jahren mit dem Rauchen anfangen, an den Folgen des Nikotinkonsums, wobei die Sterblichkeit im mittleren Lebensalter bei Rauchern dreimal höher ist als bei Nichtrauchern. Der Verlust an Lebenserwartung beträgt bei Rauchern, die schon früh mit der Qualmerei beginnen, im Durchschnitt 20 bis 25 Jahre. Menschen, die erst in höherem Alter mit dem Rauchen beginnen, kostet das immerhin noch acht Jahre ihrer normalen Lebenserwartung.

Übergewicht steigert die Krebsgefahr

Die Krebsgefahr steigt außerdem mit jedem Kilo zu viel, das man auf die Waage bringt. Das gilt vor allem für das Kolonkarzinom, wobei die individuelle Gefährdung bei einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 statistisch bereits doppelt so hoch ist wie beim Normgewicht, also einem BMI von etwa 23.

Es gibt darüber hinaus viele Studien, die einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und Brustkrebs bei Frauen nach den Wechseljahren dokumentieren, während die Gefährdung bei jungen Frauen in dieser Hinsicht noch unklar ist. Eindeutiger sind die Daten beim Gebärmutterkrebs, der ebenfalls durch Über- gewicht begünstigt wird, ebenso wie eine Krebserkrankung der Niere oder der Speiseröhre.

Krebskrank durch Bewegungsmangel

Auch ein anhaltender Bewegungsmangel scheint das Auftreten von Krebs zu begünstigen oder positiv ausgedrückt: Wer sportlich aktiv ist und bleibt, hat bessere Chancen, der „Geißel Krebs“ zu entkommen. Senken lässt sich durch körperliche Aktivität vor allem das Darmkrebsrisiko und wahrscheinlich auch das Risiko, an einem Prostatakarzinom zu erkranken. Eine gewisse Schutzwirkung ist außerdem für sportliche Betätigung beim Brustkrebs beschrieben, wobei Studien zeigen, dass schon moderates, regelmäßiges Radfahren das Risiko, ein Mammakarzinom zu entwickeln, nachhaltig um rund ein Drittel senken kann.

Forschungsbedarf besteht allerdings noch hinsichtlich der Mechanismen, über die sportliche Aktivität dem Krebs vorbeugt. Derzeit empfehlen die Experten 30 bis 60 Minuten leichter bis herausfordernder körperlicher Aktivität an mindestens fünf Tagen in der Woche.

Ernährung – die Daten sind im Fluss

Im Fluss sind zurzeit die Empfehlungen zu einer gesunden, Krebserkrankungen vorbeugenden Ernährung. Viele Jahre lang wurde dabei die Regel „Fünfmal am Tag“ propagiert, was konkret bedeutet, dass jeden Tag fünfmal eine Portion Obst oder Gemüse verzehrt werden sollte. Das ist unstrittig gesund, doch ist es nicht gelungen, nachzuweisen, dass sich mit einer solchen Kost die Krebsgefahr mindern lässt.

Da offensichtlich vor allem Gemüse Inhaltsstoffe enthält, die Krebs vorbeugen, gehen die Empfehlungen derzeit dahin, möglichst viel Gemüse auf den Speiseplan zu heben. Generell sollte eine gute Versorgung mit den Vitaminen A, C und E gewährleistet sein, da diese wahrscheinlich eine gewisse Schutzwirkung besitzen. Vor allem Vitamin C scheint effektiv vor Krebs zu schützen. Trotz mehrerer Studien ist es aber bislang nicht gelungen, nachzuweisen, dass Menschen, die regelmäßig vitaminhaltige Tabletten einnehmen, seltener an Krebserkrankungen leiden als andere. Fast wichtiger noch als die Vitamine könnten demnach die sekundären Pflanzeninhaltsstoffe sein. Der pauschale Ratschlag „Fünfmal am Tag“ gilt deshalb modifiziert: Die Ernährungswissenschaftler empfehlen, Obst und Gemüse möglichst abwechslungsreich zu verzehren.

Es wird außerdem immer wieder angeführt, dass die Nahrung möglichst viel Ballaststoffe enthalten sollte, wobei geraten wird, täglich mindestens 30 Gramm Ballaststoffe zu verzehren. Eindeutige Nachweise, dass sich so die Krebsgefahr bannen lässt, fehlen jedoch bislang ebenfalls.

Sehr sparsam sollte man tierische Fette und in erster Linie Fleisch konsumieren, wobei vor allem der häufige Verzehr von „rotem Fleisch“ das Krebsrisiko zu steigern scheint. Allerdings fehlen auch in diesem Punkt Nachweise eines Zusammenhangs. Die Forscher bleiben aber bei der Empfehlung, mehr Fisch und weißes Fleisch, also zum Beispiel Geflügel, zu verzehren.

Apfel, Brokkoli – was hilft nun wirklich

Dabei gibt es andererseits ernst zu nehmende Hinweise, dass in bestimmten Nahrungsmitteln Inhaltsstoffe vorhanden sind, die eine krebshemmende Wirkung haben. Zum Beispiel lassen epidemiologische Studien vermuten, dass Inhaltsstoffe im Brokkoli und auch allgemein in Kohlgemüse mit dazu beitragen können, die Entstehung von Prostatakrebs zu verhindern. Verantwortlich hierfür scheinen bestimmte Inhaltsstoffe, die sogenannten Glucosinolate, zu sein. Leider sind die Daten noch inkonsistent, wie Dr. Clarissa Gerhäuser vom Heidelberger DKFZ darlegte. Denn Versuche bei Mäusen, denen die vermeintlich protektiven Wirkstoffe injiziert wurden, zeigten laut Gerhäuser enttäuschende Resultate. „Eine Tumorhemmung haben wir leider nicht belegen können“, sagte die Wissenschaftlerin in Heidelberg. Vielmehr wurden nebeneinander zellwachstumsfördernde wie auch zellwachstumshemmende Signale beobachtet, was darauf hindeutet, dass ein Inhaltstoff allein möglicherweise nicht ausreichend ist, um die Krebsentstehung zu hemmen, sondern dass es auf das Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren ankommt.

Auch für den Verzehr von Äpfeln sind krebsprotektive Effekte beschrieben worden, wobei durch die enthaltenen Polyphenole vor allem das Risiko für Lungenkrebs wie auch für Darmkrebs minimiert werden soll. Apfel ist dabei nicht gleich Apfel, wie Untersuchungen von Dr. Gerhäuser dokumentieren: Der höchste Gehalt der schützenden Inhaltsstoffe findet sich in frischen Äpfeln, wobei Mostäpfel offenbar besser sind als Tafeläpfel. Weniger Polyphenole sind in Apfelsaft enthalten, wobei frisch gepresster Apfelsaft gehaltvoller ist als Saft aus Konzentrat und trüber Apfelsaft besser als klarer Saft.

Hopfen wirkt protektiv

Furore machten kürzlich Untersuchungen der Heidelberger Forscherin, die zeigen, dass auch Hopfen wertvolle Inhaltsstoffe enthält, die der Krebsentstehung entgegenwirken. Es handelt sich vor allem um das Xanthohumol, das antioxidativ wirksam ist und eine Apoptose induzieren kann.

Im Bier ist Xanthohumol laut Gerhäuser allerdings nur in minimaler Konzentration vorhanden, auch bei regelmäßigem Bierkonsum lassen sich krebsprotektive Mengen nicht dem Organismus zuführen. Deshalb wird derzeit daran gearbeitet, den Wirkstoff so aufzubereiten, dass er als Chemoprävention von Krebs und möglicherweise sogar als Krebstherapeutikum nutzbar wird.

Apropos Alkohol

Ein übermäßiger Alkoholkonsum wird ebenfalls in Verbindung mit Krebserkrankungen gebracht und das nicht nur beim Leberkrebs. Es treten bei Menschen mit hohem Alkoholkonsum häufiger Dickdarm- und Brustkrebs auf und auch bösartige Tumore des Mund-Rachen-Raums sowie der Speiseröhre. Dabei scheint es unerheblich zu sein, in welcher Form der Alkohol aufgenommen wird, denn es gibt keine klaren Hinweise, dass Wein- oder Biertrinker häufiger erkranken. Ausschlaggebend ist offensichtlich allein die Menge des täglich konsumierten Alkohols.

Vorsicht in der Sonne

Risikofaktor Nummer 1 für den Hautkrebs ist eine intensive Sonnenbestrahlung, was den Umkehrschluss zulässt, dass durch einen vernünftigen Sonnenschutz dieser Gefahr begegnet werden kann. Die Haut sollte zum Beispiel im Urlaub in sonnenreichen Ländern langsam an eine längere Sonnenbestrahlung gewöhnt werden und die Mittagszeiten, also die Zeiten intensivster Bestrahlung sollte man unbedingt im Schatten verbringen. Die Anzahl der inten-siven Sonnenbäder sollte etwa 50 pro Jahr nicht überschreiten und es ist auf jeden Fall ein Sonnenbrand zu vermeiden. Übrigens gilt das auch für das Sonnenbaden im Solarium.

Besonders gut müssen Kinder und speziell Kleinkinder vor der Sonne geschützt werden. Denn die UV-Dosis, die in den ersten Lebensjahren auf den Körper einwirkt, ist ein entscheidender Risikofaktor für das spätere Auftreten von Hautkrebs.

Prävention durch Früherkennung

Zumindest die Zahl der Krebstodesfälle kann durch die konsequente Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen gesenkt werden. In einzelnen Bereichen ist durch die Untersuchung aber auch der Krebsentstehung zuvorzukommen. Das gilt für den Darmkrebs, der sich langsam über Krebsvorstufen, die sogenannten Darmpolypen, entwickelt. Werden diese Polypen frühzeitig im Rahmen einer Koloskopie entdeckt, so können sie direkt chirurgisch abgetragen werden, was die Krebsgefahr bannt.

Dass die Darmspiegelung, deren Kosten ab dem 55. Lebensjahr von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, tatsächlich dazu beiträgt, die Zahl der Fälle an Kolonkarzinomen zu senken, zeigt die bevölkerungsbezogene Fall-Kontroll-Studie DACHS (Darmkrebs: Chancen der Verhütung durch Screening). Ersten Ergebnissen der Untersuchung zufolge sinkt das Darmkrebsrisiko nach der Darmspiegelung um 64 Prozent und die Gefahr, dass sich im linken Teil des Darmes ein Karzinom entwickelt, sogar um 77 Prozent.

Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Köln

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